Nach beinahe zwei Jahren war es am Freitag endlich soweit: der Wolfslehrpfad am Gartower Wildgatter wurde eröffnet. Nun können sich Besucher direkt am Wildgatter über Leben und Lebensbedingungen von Wölfen informieren.
Die Ansiedlung von Wolfsrudeln im Gartower Forst löste in der Bevölkerung die unterschiedlichsten Emotionen aus. Die Menschen schwanken bis heute zwischen Faszination und Angst - obwohl die "Grauen" schon über 10 Jahre in den Wäldern rings um Gartow leben. Ein Wolfslehrpfad soll nun am Gartower Wildgatter für mehr Wissen über Wölfe sorgen.
"Wie man mit Wölfen in der Nachbarschaft lebt, war und ist vergessen," so Gartows Bürgermeisterin Magda Geldmacher bei der Eröffnung des Wolfslehrpfads am Freitag Vormittag. "Wissen, Halbwissen, Mutmaßungen und Angst vermischen sich in den Diskussionen."
Um den von Vermutungen getragenen Befürchtungen etwas entgegenzusetzen, wurde bereits vor zwei Jahren in Gartow geplant, einen Wolfslehrpfad einzurichten. Neben der Einrichtung eines modellhaften Wolfsabweisenden Zauns, behindertengerechten Wegen sowie zwei Blockhütten für die Rast informieren insgesamt 15 Tafeln über Lebensbedingungen und Verhalten von Wölfen. Auch Informationen über den Umgang mit Wölfen oder den optimalen Schutz vor Wolfseinbrüchen gibt es auf dem rund zwei km langen Wolfslehrpfad, der sich rund um das Wildgatter zieht. So lässt sich zum Beispiel nachvollziehen, wie tief ein Schutzzaun eingegraben werden muss, um buddelnde Wölfe fernzuhalten.
Ergänzend gibt es vertiefende Informationen auf diversen Internetseiten sowie Broschüren.
Ein breites Bündnis machte Finanzierung möglich
Die rund 200 000 Euro, die die gesamte Anlage gekostet hat, wurde zum größten Teil (107 341,50 Euro) aus EU-Mitteln finanziert. Mit zu den Finanziers gehörten daneben die Gemeinde Gartow (34 835,24 Euro), Grundbesitzer Graf von Bernstorff (20 000 Euro), das Land Niedersachsen (18 942, 62 Euro), die Bingo-Umweltstiftung (6 163,90 Euro) sowie der Jagdpächter Carsten Behring (7 000 Euro).
Vertreter des Niedersächsischen Umweltministeriums hatten sich die Eröffnung ebenso wenig entgehen lassen wie Mitarbeiterinnen des Wolfsbüros beim NLWKN, Landtagsabgeordnete von Grünen (Miriam Staudte) und CDU (Uwe Dorendorf) sowie diverse Kommunalpolitiker.
Wie friedliche Nachbarschaft funktionieren kann
Die Ansiedlung des Wolfslehrpfads direkt am historischen Wildgatter ist nicht zufällig. "Gerade hier, wo Dam- und Schwarzwild in direkter Nachbarschaft zu den Wölfen leben, wollen wir zeigen, dass und wie ein friedliches Nebeneinander funktionieren kann," so Wolfsberater Peter Burkhardt, der das Projekt nicht nur initiiert sondern auch maßgeblich mitbegleitet hat.
Deswegen wurde der Wolfsabweisende Zaun nicht nur zum Schutz der Tiere im Gatter angebracht. Gleichzeitig werden auch Muster gezeigt, welche anderen Möglichkeiten zum Wolfsschutz es gibt.
Eine lange Geschichte: Gartow, Wölfe und das Wildgatter
Für die heute im Gartower Raum Lebenden ist die Anwesenheit von Wölfen in den umliegenden Wäldern etwas Neues. Doch wie Fried von Bernstorff, Forstbesitzer und Grundstückseigentümer, bei der Eröffnung erzählte, wurde bereits 1836 ein Wolf im Gartower Forst gesichtet.
"Damals beschäftigte die Landwirte aber mehr das Problem, dass das Rotwild sich auf ihren Äckern gütlich tat," so von Bernstorff. "Deshalb forderten sie vom damaligen Grundbesitzer Bechtold Graf von Bernstorff, dass er mehr Wild abschießen solle." Doch dieser entschied sich dafür, das Wild lieber einzusperren als es zu erschießen. 1848 entstand ein rund 1900 ha großes Wildgatter.
Der Wolf spielte in der langen Geschichte immer wieder eine Rolle. 1870 zum Beispiel tauchte ein Wolf mitten im Gehege auf. Für das Verschwinden des Muffelwilds aus den Gartower Forsten ist er allerdings nicht verantwortlich, wie vor allem Jäger gerne erzählen. Nicht nur Graf von Bernstorff weiß, dass das Muffelwild in den feuchten Wäldern stark unter Moderhenke litt und deswegen nach und nach starb.
1968 wieder aufgebaut, ist das Wildgatter seitdem eine beständige Touristenattraktion. "Mit dem jetzt eröffneten Wolfslehrpfad haben wir eine weitere Attraktion, mit der wir für mehr Akzeptanz für die Rückkehr des Wolfes werben können," so Magda Geldmacher.
Wie kann ein Zusammenleben funktionieren?
Auch Lüchow-Dannenberg Amtstierärztin Dr. Birgit Mennerich-Bunge hat von Amts wegen immer wieder mit dem Wolf zu tun - nicht nur, wenn es darum geht, nach einem Wolfsriss zu prüfen, ob der Weidetierhalter seinen Schutzpflichten nachgekommen ist. Sie ist außerdem Vertreterin des Niedersächsischen Landkreistages im AK Wolf des Umweltministeriums.
Und das nicht ohne Grund: "Seit Kindertagen bin ich von Wölfen fasziniert," so Dr. Mennerich-Bunge. Aber sie weiß natürlich, dass Wölfe keine Kuscheltiere sind. Jedoch: "Wölfe sind eine Bereicherung unserer Natur, sie helfen Wild- und Waldbestände gesund zu erhalten. Auch darüber zu informieren, ist wesentlich für die Akzeptanz des Wolfes.
Letztendlich gehe es auch darum, dass Mensch Respekt vor Wölfen lernen müsse. Viel Lob hatte die Amtstierärztin für die Gemeinde Gartow und die Gräflichen Bernstorffschen Forstbetriebe, die nach ihrer Ansicht vorbildliche Arbeit geleistet hätten. "Die Gelassenheit und Selbstverständlichkeit mit der hier die Anwesenheit von Wölfen hingenommen wird ist beeindruckend," so Mennerich-Bunge. "Die Gemeinde Gartow und der Hegering sind hier frühzeitig tätig geworden und haben umfassend informiert. Das ist der Schlüssel zur Akzeptanz von Wölfen. Dies mag auch ein Grund sein, warum es im Landkreis Lüchow-Dannenberg außerordentlich wenig Probleme mit Nutztierübergriffen gibt."
Der Wolfslehrpfad wird dabei helfen, das Wissen über Wölfe in den Wäldern und Forsten zu mehren.
(Titel)Foto | Angelika Blank: Rund zwanzig VertreterInnen aus Politik, Verwaltung und Forst/Jagd versammelten sich am Freitag Vormittag, um den neuen Wolfslehrpfad zu eröffnen.