Kommentar: Die SPD und das Wohlverhalten

Während die Bundes-SPD sich gegen Atomkraft und ein Endlager in Gorleben ausspricht, stimmten die SPD-Ratsmitglieder in Gartow auch in diesen Tagen erneut gegen Neuverhandlungen über den sogenannten "Ansiedlungsvertrag". Dazu ein Kommentar von Hagen Jung.

Zweifler an der Anti-Atomkraft-Haltung der SPD können sich beruhigen, stöbern sie im Internet. Schnell zeigt sich zum Beispiel eine Partei-Seite mit der Überschrift „Deutschland will keine Atomkraft“. Es folgt ein Bericht von der Anti-Atomkraft-Menschenkette 2010. Man liest, dass „tausende Genossinnen und Genossen“ zu dieser Demonstration angereist waren. Profis waren dabei: Parteichef Sigmar Gabriel etwa. Er frohlockte angesichts des Sonnenscheins:"Der liebe Gott scheint Atomkraftgegner zu sein". Klar, die richtige Partei für alle, die nein zur Atomkraft sagen. Sollte man glauben.

Doch zum Glauben gesellt sich oft Zweifel. Er befällt mich, lese ich heute, dass sich die SPD im Rat der Samtgemeinde Gartow zusammen mit der CDU gegen den Antrag der Grünen ausgesprochen hat, in neuen Verhandlungen die so genannte Wohlverhaltensklausel im Ansiedlungsvertrag mit der Zwischenlagerbetreiberin BLG zu streichen. Geschlossen hatte die Samtgemeinde den Vertrag 1997. Festgelegt ist darin, dass sich die Kommune verpflichtet, sich "für die Erfüllung der Entsorgungsaufgaben der BLG am Standort Gorleben" einzusetzen. Bezahlt wird dieses Wohlverhalten mit ansehnlichen Beträgen: 838 500 Euro sind es im aktuellen Haushalt der Samtgemeinde.

Statt ein Zeichen contra Atomkraft zu setzen und mit Grünen und UWG für Neuverhandlungen mit dem Ziel der Klausel-Streichung zu stimmen, zeigt die SPD Wohlverhalten. Es gibt ja Geld - mag der Beweggrund gewesen sein. Bislang ist kaum etwas Gutes herausgekommen, wenn sich die SPD „wohl“ verhielt. Stichwort: Kriegsanleihen 1914. Folge: Spaltung der linken Bewegung.

Zumindest die SPDler, die jetzt in Gartow den bestehenden Vertrag bejahten, erinnern mich daran, wie Kurt Tucholsky einst gewisse Sozialdemokraten charakterisierte: „Außen rot – und innen weiß!“

Foto: Karin Behr/publixviewing.de ... Während SPD-Vorsitzender Walter Steinmeier auf der Berlin-Demo gegen Fukushima mitdemonstrierte, halten seine SPD-Kollegen in Gartow an ihrer Haltung pro Gorleben fest ..




2012-04-26 ; von Hagen Jung (autor),

endlager_gorleben  

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