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"Ein Denkmal von europäischer Bedeutung" - Dömitzer Brücke wird saniert

Jahrzehntelang lag die Dömitzer Eisenbahnbrücke in tiefem Schlaf - während Feuchtigkeit und Frost dem Mauerwerk arg zusetzten. Doch seit kurzem wird intensiv am Erhalt des kulturhistorischen Baudenkmals gearbeitet. Sechsstellige Fördergelder machen es möglich.

Am Dienstag herrschte an den beiden Kopftürmen der ehemaligen Dömitzer Eisenbahnbrücke reger Verkehr. Brücken-Eigentümer Dr. Toni Bienemann war eigens erschienen, um einen Fördervertrag mit der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz in Empfang zu nehmen. Mit stolzen 100 000 Euro wird die Stiftung die Sanierung des westlichen Kopfbauwerkes an der historischen Eisenbahnbrücke finanzieren.

Wie zu erfahren war, kann sich Brücken-Eigentümer Dr. Toni Bienemann, über weitere 329 000 Euro Förderung aus Bundestöpfen freuen. Er selbst wird weitere über 300 000 Euro investieren, um den Erhalt des Brückenbauwerks zu sichern.

Neben der SPD-Bundestagsabgeordneten Hiltrud Lotze, die sich maßgeblich für die Bundesförderung eingesetzt hatte, betonten Elbtalaues Samtgemeindebürgermeister Jürgen Meyer sowie Lüchow-Dannenberg Denkmalpflegerin Kerstin Duncker, die deutsche, ja sogar europäische Bedeutung des kulturhistorischen Baudenkmals.

Ein wichtiges Symbol für Viele

"Für die Einen ist die Brücke ein Symbol der Wiedervereinigung, für die Anderen ist ein kulturhistorisches Baudenkmal und für wieder Andere ist es wichtig, weil es in einer sehr schönen Landschaft steht, die uns allen am Herzen liegt," so Eigentümer Dr. Toni Bienemann bei der kleinen Feierstunde. "Und auch mein Anliegen ist es, diese zu erhalten und sie in der Form wie sie ist weiter zu fördern. 

Bienemann ist nur zu bewusst, welche enorme Aufgabe er mit der Sanierung des Brückenkopfes übernommen hat, doch er nimmt die Angelegenheit mit Humor: "Wie isst man einen Elefanten? Bisschen bei Bisschen ... und das ist auch hier im Laufe der Zeit geschehen," so mit Bienemann mit Verweis auf die jahrzehntelangen Einwirkungen von Regen und Frost, die das massive Ziegelgebäude erheblich geschädigt haben.

Wie aufwändig die beiden Gebäude saniert werden müssen, das erläuterte der leitende Architekt Ralf Pohlmann bei dem Treffen am Dienstag Morgen. "Nach der Schadensanalyse sind wir auf die Suche nach den Hauptursachen gegangen und haben dabei festgestellt, dass es sich dabei hauptsächlich um Frostschäden handelt, die infolge von Durchfeuchtung der Mauern entstanden sind." Grund für die Durchfeuchtung ist vor allem, dass die oberen Mauerabdeckungen nicht abgedichtet wurden. Danach seien mehrere Sanierungsfehler dafür gesorgt, dass die Durchfeuchtung noch schlimmer wurde. "Zunächst hat man die Fugen mit einem außerordentlich harten Material zugeschmiert und dann wurden bereits zerstörte Ziegel mit Beton aufgefüllt. Beides führte dazu, dass das Mauerwerk kaum noch austrocknen konnte," so Pohlmann.

"Eine Arbeit für Restauratoren"

Mühselig müssen nun die Maurer Fuge für Fuge zunächst mit der Fräse öffnen, um dann die Reste der harten Verfüllung mit Hammer und Meißel zu entfernen.

Hinzu kam, dass sich im Laufe der Zeit am Mauerwerk Pflanzen angesiedelt haben, unter anderem auch Birken, die mit ihrem Wurzelwerk in die sowieso schon geschädigte Steinstruktur eingedrungen sind.

Wie Pohlmann weiter erläuterte, werden derzeit die Zinnen auf den beiden Türmen erneuert. Dabei wird soviel altes, bereits vorhandenes Material genutzt wie irgend möglich. "Natürlich geht auch einiges zu Bruch oder ist schon zertört und dafür haben wir relativ lange nach einem möglichst originalgetreuen Ersatz gesucht," so Pohlmann. Fündig wurden die Baufachleute in Werder an der Havel. Dort gibt es noch eine Ziegelei mit einem historischen Ringofen, in dem handgeformte Ziegel nach althergebrachten Verfahren hergestellt werden. 

Vor allem geht es bei der rund 600 000 Euro teuren Sanierungsmaßnahme um die Abdichtung des Gebäudes. Auch der Boden über dem Kuppelgewölbe soll erneuert und so abgedichtet werden, dass möglichst wenig Feuchtigkeit in das untere Gewölbe eindringt. Wenn das Wetter mitspielt, sollen die Arbeiten bis zum Winter abgeschlossen sein.

Danach soll in einem zweiten Schritt die Brückentrasse wieder begehbar gemacht werden. Doch dafür gibt es noch keine Finanzierung - und auch noch keinen Plan, wie dieses so gebaut werden kann, dass es dem historischen Bauwerk gerecht wird.

An eine weitere Nutzung ist derzeitig nicht zu denken, so Bienemann. Alle ursprünglichen Pläne, dort ein Ausflugscafé oder -lokal einzurichten, haben sich zerschlagen. Alle Berechnungen hätten ergeben, dass ein derartiges Lokal dort nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. (Anmerkung: das Brückengebäude verfügt weder über eine Strom- noch eine Wasserleitung. Auch sanitäre Anlagen sind nicht vorhanden. Da das Gebäude kilometerweit von Ansiedlungen entfernt steht, würde allein die Verlegung der Versorgungsleitungen Unsummen verschlingen.)

So wird es vermutlich dabei bleiben, dass die Brücke begehbar wird und dass ein behindertengerechter Zugang geschaffen wird. Und im Kellergewölbe soll ein Winterquartier für Fledermäuse eingerichtet werden.

Ablesbare Zeitgeschichte - Fakten zur Brücke

Die Dömitzer Eisenbahnbrücke ist eine der wenigen in großen Teilen erhaltenen historischen Eisenbahnbrücken Deutschlands. Ihre Länge betrug ursprünglich einen Kilometer, davon erhalten ist heute noch etwas mehr als die Hälfte. Zeitweilig galt sie als die längste Eisenbahnbcke Deutschlands.

Das technische Denkmal wurde zwischen 1871 und 1873 als zweigleisige Brücke erbaut. Sie wurde von der Berlin-Hamburger-Eisenbahngesellschaft als Verbindung zwischen Berlin und Bremerhaven von dem Brückenbauunternehmen Harkort’sche Fabrik aus Duisburg nach Plänen des Berliner Ingenieurs Häseler errichtet. Da sich die Streckenverbindung jedoch als nicht rentabel erwies, wurde die Verbindung nicht über Lüneburg hinaus fortgeführt.

Die Brücke bestand am westlichen Elbufer aus 16 Vorlandbrücken mit Stützweiten von je 33,9 Metern. Das Flussbett wurde mit vier Brückenfeldern bei Stützweiten von je 67,8 Meter und mit einer Drehbrücke mit 2 mal 18,2 Metern überspannt. Das östliche Vorland überbrückten weitere vier Brücken bei Stützweiten von je 33,9 Meter. Die Überbauten waren Balkenbrücken mit schmiedeeisernen Fachwerkträgern und untenliegender Fahrbahn. Eine zeittypische Besonderheit ist die Brückenbefestigung. Beidseits befinden sich zwei Backsteintürme mit Zinnen und Schießscharten, dazwischen ein Graben, denn die Brücke lag direkt an der Grenze zwischen Preußen und der Provinz Hannover.

Ehemals gehörte auch ein drehbares Brückenelement über die Elbe zu den Sperrmöglichkeiten des Übergangs. Nach einem Luftangriff 1945 stürzte der östliche Überbau vor der Drehbrücke in die Elbe, ein Wiederaufbau unterblieb aufgrund der innerdeutschen Teilung. 1978 wurden wegen Einsturzgefahr die verbliebenen drei Strombrücken und deren Pfeiler abgerissen, 1988 der östliche Abschnitt mit der Drehbrücke mit den zugehörigen Vorlandbrücken.

Seitdem ruhen die Brückenreste und waren bisher für die Öffentlichkeit kaum zugänglich. Das soll sich nach der Sanierungsmaßnahme ändern.

Foto / Angelika Blank: Brückeneigentümer Dr. Toni Bienemann (li.) und sein Architekt Ralf Pohlmann sanieren derzeit in einem aufwändigen Prozess die Kopfbauwerke der ehemaligen Dömitzer Eisenbahnbrücke.




2017-08-22 ; von Angelika Blank (text),
in 29484 Langendorf, Deutschland

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