Thema: gorlebentreck

Erinnerungsstücke. Zwei Ausstellungen zum Treck 1979

Rückblicke auf den Gorleben-Treck im März 1979: Gibt es nach so langer Zeit eine Verständigung oder eine gemeinsame Erzählung über Motive, Ziele und Ergebnisse dieser eindrucksvollen politischen Massenaktion? Kann es sie überhaupt geben? Oder zerfasert die Erinnerung in Dutzende von persönlich profilierten Zeitzeugen-Berichten?
Wir werden es erfahren.

In der kommenden Woche werden in Lüchow und in Hannover zwei unterschiedlich gestaltete Ausstellungen zum 40. Jahrestag des Gorleben-Trecks eröffnet. Sie konkurrieren nicht um Sichtweisen und Bewertungen im Sinne einer „Erinnerungspolitik“, sondern wollen verschiedenen Aspekten dieses historischen Ereignisses mit besonderen Themenschwerpunkten Raum geben. Beide Ausstellungen wurden durch eine Kooperation des Lüchower Gorleben-Archivs mit WissenschaftlerInnen des Instituts für Didaktik der Demokratie der Leibniz-Universität Hannover und Studierenden am Historischen Seminar realisiert.

„Zur Ausstellungseröffnung am 31. März 2019 im Lüchower Kreishaus werden LandwirtInnen der Bäuerlichen Notgemeinschaft mit Treckern kommen“, kündigt das Gorleben-Archiv in einer Presseinformation für die Eröffnung am nächsten Sonntag um 11 Uhr an.  Die Ausstellung zeige die Entwicklung der Region aus der persönlichen Perspektive von Menschen, „die entweder schon damals dabei waren oder heute das fortsetzen, was die Alten begonnen haben“. Neben historischen Fotos und Filmdokumenten stellt das Gorleben-Archiv mehr als zwanzig ausgewählte Zeitzeugen-Interviews in den  Mittelpunkt, die „das gesamte Spektrum der wendländischen Protestbewegung widerspiegeln“.

Landrat Jürgen Schulz und Gabi Haas, die Vereinsvorsitzende des Gorleben Archivs, werden die Begrüßungsreden halten; angekündigt sind ferner ein Vortrag („Politische Bildung in sozialen Bewegungen“) von Professor Dirk Lange, Direktor des Instituts für Didaktik der Demokratie (IDD) an der Leibniz Universität Hannover, und ein Zeitzeugen-Gespräch, das Wolf-Rüdiger Marunde moderiert.

Die Ausstellung im Historischen Museum Hannover


Bereits am kommenden Dienstag, dem 26. März, wird die Sonderausstellung „Trecker nach Hannover – Gorleben und die Bewegung zum Atomausstieg“ im Historischen Museum Hannover eröffnet. „Fotos, Dokumente, Zeitzeugenberichte und ‚Erinnerungsstücke‘ berichten über die Ereignisse und ihre Auswirkungen“, kündigt das Museum an, „Protagonisten kommen zu Wort, AkteurInnn und Initiativen werden vorgestellt.“
Die Ausstellung läuft bis zum 28. Juli; sie wird durch einer Reihe zusätzlicher Veranstaltungen zu politisch-historischen, soziokulturellen und literarischen Themen begleitet, die der Gorleben-Treck damals und in der Folgezeit angestoßen hat. Hier einige Angebote und Termine:

Terminvorschau der Veranstaltungen in Hannover
(alle im Historischen Museum, Pferdestr. 6; Öffnungszeiten und Preise hier)

Eröffnung der Ausstellung am Dienstag, 26.3.19, 18 Uhr
Podiumsgespräch „1979 – Zeitenwende?“ Mit Rebecca Harms (MdEP), Hans Mönninghoff   (Erster Stadtrat a.D.), Jenny Hagemann und Dr. Christian Hellwig (beide vom Institut für Didaktik der Demokratie, Leibniz Uni Hannover)

Öffentliche Führungen, jeweils um 15 Uhr, am
31.3./ 14.4./ 19.5./ 16.6./ 14.7.19
Führungen für private Gruppen: Infos und Terminabsprachen unter
Mail: buchungen.hmh@hannover-stadt.de, oder Tel.: 0511/ 16843945
Schule und Museum – Workshops für weiterführende Schulen
Dauer: 90 Minuten; Kosten: 2 € p.P.; Infos und Terminabsprachen unter
Mail: buchungen.hmh@hannover-stadt.de, oder Tel.: 0511/ 16843945

Podiumsdiskussion am 16.5. 18 Uhr
Wie die Kultur ins Wendland kam – Die Kulturszene im Wendland und die Kulturelle Landpartie
Mit Rebecca Harms, Wolf-Rüdiger Marunde, Andreas Scheffer, Michael Seelig; Moderation: Dr. Sabine Wilp, Handwerkskammer Hannover

Lesung und Vortrag am 20.6., 18 Uhr
Pegasus in Gorleben – Von Wolf Biermann über Nicolas Born bis zu Andreas Maier
Mit Axel Kahrs, Künstlerhof Schreyahn

Tagung am 21.-22.6.
Der Gorleben-Treck 1979 und die niedersächsische Landesgeschichte. Der Anti-Atom-Protest als soziale Bewegung im regionalen und internationalen Vergleich
Mail: info@demokratiedidaktik.de, Tel.: 0511/ 7624698

Zur Geschichte und Aktualität des Gorleben-Trecks gibt es viel zu erzählen, einiges auch neu zu entdecken.
Die Initiative der wendländischen AktivistInnen war für die meisten AKW-GegnerInnen und politisch Oppositionellen im Land der Türöffner zu einer großen, solidarischen Gemeinschaftsaktion – eine gelingende „Aktionseinheit“ verschiedener politischer Gruppen und Lager war damals keine Selbstverständlichkeit. Sie zeigte vielen Zweifelnden und Desorientierten – auch aus den Bruchstücken der 68er-Bewegung in den Städten – zudem einen Ausweg auf: aus der drohenden Sackgasse von scheinradikaler Militanz sowie aus der Gefahr einer fortschreitenden Kriminalisierung durch hochgerüstete, aggressive Ordnungsmächte. Der Publizist Robert Jungk fasste diese zusammen im Begriff des „Atomstaats“; sein Buch war im Frühjahr 1978 wochenlang ganz oben auf der Spiegel-Bestsellerliste.
In einem anderen Beitrag für das Wendland-net wird die Ausgangssituation und politische Bedeutung des Gorleben-Trecks ausführlicher untersucht: „HEIMATkunde ´79: mit BLUMEN zum Treck“.
----
Fotos:

Gerhard Ziegler: Die Ausstellung in Hannover
DemonstrantInnen mit Plakaten: Historisches Museum Hannover, Archiv Viola Hausschild;




Fotos

2019-03-24 ; von michabertram (autor),
in Pferdestraße 6, 30159 Hannover, Deutschland

gorlebentreck   widerstand   ausstellung  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können