In die Diskussion um das gerade verhandelte Endlager-Suchgesetz, in dem angeblich ein Aus für Gorleben formuliert sein soll, mischten sich nun auch die Evangelische Kirchengemeinde Gartow sowie die Familie von Bernstorff mit einem offenen Brief ein.
In dem Schreiben an Umweltminister Röttgen, Ministerin Lemke, Minister Untersteller, Wolfram König (BfS), Jürgen Trittin (MdB) sowie Sigmar Gabriel (MdB) begrüßen die Unterzeichner zunächst die Bemühungen, in der Endlagerpolitik neue Wege zu gehen.
Doch im Weiteren äußern sie ihre Sorge und Kritik. Hier das Anschreiben im Wortlaut:
"Im Vorfeld haben wir mit Entscheidungsträgern des Gesetzgebungsverfahrens Gespräche zur dringend notwendigen Neugestaltung des Suchverfahrens geführt. Doch der kürzlich bekannt gewordene Entwurf zum Endlagersuchgesetz lässt befürchten, dass die Fehler des bisherigen Verfahrens in Gorleben nicht erkannt und abgestellt wurden. Wir sehen es als unsere Verantwortung gegenüber dem Allgemeinwohl an, auf die drohenden Fehlentwicklungen hinzuweisen. Daher wenden wir uns mit einem offenen Brief an die Teilnehmer der Gespräche.
Die Positionen der gesellschaftlich relevanten Gruppen wie Kirchen, Gewerkschaften, Umweltverbände, betroffenen Grundeigentümer müssen bereits jetzt in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Die Lösung der Endlagerfrage kann nicht im parteipolitischen Kompromiss gelingen sondern erfordert einen gesellschaftlichen und parteiübergreifenden Konsens!
Wenn Gorleben trotz der festgestellten schwerwiegenden Mängel im Auswahlverfahren bleibt, muss ein Vergleich mit anderen Standorten und Wirtsgesteinen auf Augenhöhe gewährleistet sein. Gorleben muss, ebenso wie die anderen ausgewählten Orte, auf jeder Stufe des Auswahlverfahrens ausscheiden können. Alle Arbeiten im Salzstock müssen umgehend und vollständig eingestellt werden!
Das geplante Gesetz beschneidet die Grundrechte der betroffenen Anwohner. Es eröffnet keine Klagemöglichkeiten. Das Suchverfahren darf der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht entzogen werden!
Vertiefende Begründungen für unsere Kritik am Entwurf des Endlagersuchgesetzes finden Sie in dem als Anlage beigefügten offenen Brief. Für weiterführende Gespräche und Informationen stehen Ihnen die Kläger und ihre Anwälte zur Verfügung.
Harms: Enttäuschung über das Endlager-Suchgesetz
Enttäuscht bewertet Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, die bisherigen Ergebnisse der Bund-Länder-Verhandlungen über ein Endlagersuchgesetz:
Versprochen ist gerade den Lüchow-Dannenbergern ein echter Neuanfang der Endlagersuche. Aus politischen Gründen wurde - entgegen den Erfahrungen in anderen Ländern - entschieden, auch beim Neuanfang der Suche Gorleben in das neue Verfahren zu integrieren. Dabei muss allen bewusst sein, dass der Standort das Verfahren von vornherein kontaminiert. Diejenigen, die wie Bundesumweltminister Röttgen vertreten, dass Gorleben trotz aller bekannter Mängel Teil des neuen Suchverfahrens sein soll, müssten nun alles daran setzen, ein faires und ergebnisoffenes Verfahren gesetzlich zu verankern.
Der jetzt bekannt gewordene Einigungsvorschlag des Bundesumweltministeriums zeigt aber wieder, dass Gorleben Dreh- und Angelpunkt der Endlagersuche bleiben soll. Die Einstellung der Erkundungsarbeiten ist eine böse politische Täuschung. In Gorleben wird längst nicht mehr erkundet, sondern nur bewertet und genau das soll fortgesetzt werden.
Alle bisher bekannten Entwürfe des Endlagersuchgesetzes kranken daran, dass sie im Hinblick auf Verfahren, Verfahrensablauf und Öffentlichkeitsbeteiligung unvereinbar mit der Idee einer ergebnisoffenen, transparenten Suche mit echter Bürgerbeteiligung sind. Nicht einmal der Stand des AK End von vor 12 Jahren wird bisher berücksichtigt. Dass aus politischen Gründen auch die Verankerung von Sicherheitskriterien nach dem Stand von Wissenschaft und Technik verweigert wird, verschärft das Misstrauen gegenüber dem angeblichen Neuanfang.
Die geplante Zerschlagung des Bundesamtes für Strahlenschutz konterkariert jeden von Norbert Röttgen formulierten Anspruch auf Vertrauensbildung. Denn genau das hat diese Behörde in den letzten Jahren geleistet. Es wäre bedauerlich, wenn das alte Denken im Bundesumweltministerium einen überfälligen verantwortungsbewussten Neuanfang verhindern würde.