Nicht jede Revolution ist mit einem so einprägsamen Gesicht wie das von Che Guevara gesegnet. Doch jede Volkserhebung hat ihre Geschichte. Die Ereignisse, die dieser Film beschreibt, gehören unbedingt auch in den Ordner deutscher Historie, da sie den Boden der „Friedlichen Revolution“ von 1989 bereiteten. Der Damm bricht schließlich nicht nach einer einzigen Welle – schon gar nicht eine Mauer.
Der von Volker Schlöndorff inszenierte Film erzählt vom Aufstand der Arbeiter der Danziger Lenin-Werft, der 1980 in die Gründung der ersten freien Gewerkschaft des Ostblocks, der „Solidarnosc“, mündet. Es ist die Geschichte der Anna Walentynowicz, die nicht anders konnte, als sich mit den Verantwortlichen zu überwerfen, um für menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Die von Katharina Thalbach verkörperte Hauptdarstellerin heißt im Film Agnieszka Koslowska. Die ist weder Anführerin noch sonstwie politisch motiviert, hat erst mal nur ihren Sohn und sich im Blick. Sie arbeitet sich von der Hilfskraft bis zur Schweißerin und Kranführerin hoch und erwirbt so die Anerkennung der Kollegen. Bald legt sie die Finger auf die wunden Stellen, mahnt bessere Arbeitsbedingungen an und läßt sich von Vorgesetzten nicht einschüchtern. Als es zu einem tödlichen Unfall kommt, überschlagen sich die Ereignisse, und Agnieszka verliert ihre Arbeit. Doch die Arbeiter rücken zusammen, die Dinge nehmen ihren Lauf...
Schlöndorff hält das pure Politdrama auf angenehme Distanz, indem er auch andere Kapitel aus Agnieszkas Leben aufblättert. Da spielt sich zwischen ihr und ihrem Sohn Bedeutsames ab, und ihr läuft – etwas unverhofft – die Liebe (Dominique Horwitz) über den Weg. Auch die Begegnung mit Krankheit und Tod bleibt ihr nicht erspart. Die Entscheidung, an Originalschauplätzen zu drehen, schafft eine Atmosphäre, in der man den Schweiß der Arbeiter zu riechen glaubt. Einzig die Musik des Jean-Michel Jarre ist für meinen Geschmack ein guter Beleg dafür, daß tatsächlich nichts vollkommen ist.
Schlöndorff selbst nennt „Strajk“ „eine Ballade nach historischen Ereignissen“. Ich nenne es einen gelungenen Film, der einer bemerkenswerten, aber im Schatten des großen Lech Walesa fast gänzlich aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwundenen Frau ein Denkmal setzt.
Zu sehen am Mittwoch, dem 6. Oktober, um 20 Uhr im Clubkino des Clenzer „Culturladens“.