In Gartow wurde am Freitag in der "Kunstkammer" eine zwar kleine aber umso spannendere Foto-Ausstellung eröffnet, die zum Besten gehört, was hierzulande im Bereich "Fotografie" in den letzten Jahren gezeigt wurde: der in London lebende Fotograf Horst A. Friedrichs zeigt dort Fotografien aus Venezuela, durch die der "Wind der Träume" zieht.
Mit ihrer dritten Foto-Ausstellung, die die Kunstkammer Gartow am Freitag eröffnete, setzt die kleine Galerie im Ostkreis wieder einmal Maßstäbe. Vermittelt durch den Kurator Lars Lindemann, Bildredakteur bei GEO und Freund der beiden Kunstkammer-Organisatoren Nico Neumann und Jochen Herbst, zeigt der Fotograf Horst A. Friedrichs siebzig – hochwertig auf Silberpapier gedruckte - Aufnahmen aus einer der ärmsten Region Venezuelas – Bilder von kargen Landschaften, ärmlichen Häusern und ihren Bewohnern.
Auf den ersten Blick Momentaufnahmen aus einem äußerst schlichten Alltagsleben, enthüllt doch jedes einzelne von der Fotos den magischen Bezug der Porträtierten zu ihrer Umwelt. Ist es hier die fast 100-jährige „Dona Maria“, der nachgesagt wird, sie „könne mit den Füchsen reden und die Wolken lesen“, ist es auf einer anderen Fotografie die Wand eines Töpfers, der darauf jeden Morgen seine Träume zeichnet. Auf einem weiteren Foto faszinieren zwei schnäbelnde Papageien, die sich, schaukelnd auf einem alten Stuhl, die Geheimnisse des Tages zuzuraunen scheinen.
Anfang der 90er Jahre war Horst A. Friedrichs nach Venezuela gezogen, arbeitete dort in einer Galerie. Mit zwei Einheimischen begann er, Fahrten in die Anden zu unternehmen, wo 1994 das erste Foto entstand - von da an ließ Friedrichs die arme Region im Norden Venezuelas nicht mehr los. Über 16 Jahre hinweg fuhr er immer wieder mit Gabriel Garcia Marquez' Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ im Gepäck in die Region. Über 10 000 Fotos sind in diesen Jahren entstanden, tief geprägt vom magischen Realismus, den Friedrichs bei Garcia Marquez entdeckt hatte.
Henri Cartier-Bresson, Gründer der Magnum-Fotoagentur und einer der größten Fotografen des 20. Jahrhunderts, wurde berühmt dafür, durch seine Fotografien den Reichtum, die Empfindlichkeiten und Unterschiede der menschlichen Existenz sichtbar zu machen. Auch Horst A. Friedrichs, der als freier Fotograf in London lebt und 2008 den „Gold Lead Award“ für seine GEO-Reportage „100 Jahre Einsamkeit“ erhalten hat, schafft es, auf äußerst sensible und kunstvolle Art, die Magie des Moments einzufangen und so die Lebens- und Traumwelten der Porträtierten sichtbar zu machen.
Jenseits von folkloristischer Ethno-Reportage erinnern die Fotos von Horst A. Friedrichs auch in anderer Hinsicht an Cartier-Bresson: in seinen Fotografien findet sich ebenfalls eine Ästhetik, die das zufällig Vorgefundene durch perfekte Komposition zeitlos macht und trotzdem den Sinn für das Skurrile im Gewöhnlichen behält.
Die Ausstellung in der Kunstkammer Gartow ist noch bis zum 28.09.2010 jeweils freitags von 16 – 19 Uhr, samstags von 10 – 14 Uhr und sonntags von 11 – 13 Uhr zu erleben.