In den 1920er Jahren boomten Magazine mit satirisch-humoristischen Karikaturen. Einer ihrer Hauptziele: Reichskanzler Friedrich Ebert und seine Regierung. 70 zeitgenössische Karikaturen werden ab Freitag im Kreishaus ausgestellt.
"Simplicissismus", "Kladderadatsch", "Der wahre Jakob" - kurz nach der Kaiserzeit gab es es in Deutschland rund 80 Magazine, die sich mit Karikaturen und satirischen Texten über Politik und Zeitgeschehen lustig machten - mit teils außerordentlich scharfen Aussagen. Neben wilhelminischer Politik + Moral, Justiz und Beamte war einer der beliebtesten Haupt"opfer" Reichskanzler Friedrich Ebert, der in den wirren Zeiten nach dem ersten Weltkrieg die erste demokratische Regierung führte - ohne vom Volk gewählt worden zu sein.
Die Friedrich-Ebert Gedenkstätte in Heidelberg sammelt seit 1989 Materialien zu Friedrich Ebert. Dazu gehört auch eine Sammlung von Karikaturen, die sich auf den ehemaligen Reichspräsidenten bezogen. Daraus wurde eine umfangreiche Wanderaussstellung, die ab Freitag im Kreishaus Lüchow zu sehen ist.
Bei der Arbeit an der Ausstellung entwickelte der Historiker Dr. Michael Braun von der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte nach eigenem Bekunden "einen völlig neuen Blick auf Karikaturen". "Schon diese alten Karikaturen zeigen, wie sehr Satire Systeme stabilisieren aber auch zerstören kann."
Friedrich Ebert zum Beispiel, berichtete Braun, litt sehr unter den Vorwürfen, die ihm immer wieder über die Karikaturen gemacht wurden. Vor allem der Vorwurf des Landesverrats habe dem Reichskanzler sehr zu schaffen gemacht. Ebert hatte während des ersten Weltkriegs an einem Streik von Arbeitern einer Munitionsfabrik teilgenommen, um ein Blutbad zu verhindern. Der Streik verzögerte aber die Munitionsproduktion - was in diesen Zeiten als Behinderung des Krieges, also Landesverrat, gewertet wurde.
Mit zahlreichen Klagen verursachte er, bestimmte Karikaturen aus der Öffentlichkeit zu verbannen - doch oft erfolglos. In der sich zunehmend liberalisierenden Republik räumten Richter den Zeichnern häufig Gestaltungsfreiheit ein.
Aber auch private Szenen wurden zum Gegenstand satirischer Verhöhnung. So hatte sich Ebert unbedacht in einer für die Zeit freizügigen Badehose beim Planschbad an der Ostsee fotografieren lassen. Prompt wurde der "nackte" Reichskanzler als des Amtes Unwürdiger durch den Kakao gezogen.
In den über 70 Zeichnungen und Installationen, die im Kreishaus ausgestellt werden, lässt sich der Zeitgeist und die politischen Themen der Zeit hervorragend nachvollziehen. Ein begleitender Katalog führt tiefer in die Weimarer Zeit und ihre satirischen Magazine ein.
Zur Eröffnung am Freitag Abend, 18.00 Uhr, sind von Dr. Michael Braun weitere Details zu Friedrich Ebert und seiner Zeit zu erfahren. Danach ist die Ausstellung bis zum 8. Juni täglich zu den Öffnungszeiten des Kreishauses zu besichtigen.
Foto / Angelika Blank: Was ein Kürbis mit der Deutschlandfahne und dem ehemaligen Reichskanzler Friedrich Ebert zu tun kann der Historiker Dr. Michael Braun erklären. Hier beim Aufbau der Ausstellung im Kreishaus.