Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Waldwirtschaft hauptsächlich nach dem Prinzip "Gleiches Alter - gleiche Fällung" durchgeführt. Erst später setzte sich die Erkenntnis durch, dass diese "Kahlschlag"wirtschaft langfristig negative Folgen hat - nicht nur für den Waldschutz.
Blättert man die Tagebucheintragen von Oberförster Schmidt durch, so wird deutlich, dass damals das Wort "Nachhaltigkeit" in der Waldwirtschaft keine Rolle spielte. 1834 schrieb Schmidt zum Beispiel, dass "nach forstmännischen Gutachten" auf 270 Morgen eine Fällung von 180 bis 250 Jahren alte Eichen durchgeführt worden war.
Die Abholzung zog sich über
drei Jahre hin. Parallel dazu wurde ab 1836 durch Pflänzlinge ein neuer Eichenbestand aufgebaut - was bis 1846 dauerte. Erst 180 Jahre später (also 2016) stehen dort wieder Eichen, die nach forstwirtschaftlichen Begriffen "schlagreif"sind.
Diese Art der Waldbewirtschaftung nennt sich "Altersklassenwirtschaft". Bäume einer Altersklasse werden gleichzeitig gefällt - was große Kahlflächen zur Folge hat.
Vom Kahlschlag zur Naturverjüngung
Er förderte die Naturverjüngung, indem nur noch Einzelbäume geschlagen wurden. Nach der reinen Kiefernkultur ließ Junack auch Douglasien pflanzen, die heute den Forst dominieren.
Junack war der erste, der im Gartower Forst das forstliche Nachhaltigkeitsprinzip einbrachte. Durch die Berücksichtigung natürlicher Wachstumsabläufe entstanden durch dieses Bewirtschaftungskonzept ökologisch stabile und gleichzeitig ökonomisch
ertragreiche Wälder.
Junacks Vorbild wirkt noch heute
In neuerer Zeit ist es Ulrich von
Mirbach, der seit Jahrzehnten den Bernstorffschen Forst als
Hauptförster verwaltet. Auch er trägt den Nachhaltigkeitsgedanken weiter. Auch heutzutage muss von Mirbach sich mit Problemen auseinandersetzen, wie sie Oberförster Schmidt schon kannte: Trockenheit, Schädlingsbefall und Wetterextreme.
Von Mirbachs Konzept ist es, langfristig eine möglichst breite
Mischung aus Laub- und tief wurzelnden Nadelbaum-Sorten wie z. B. der
Weißtanne aufzubauen. So sollen die Wälder Trockenheit und
Wassermangel besser widerstehen können – und gleichzeitig
wertvolles Holz für den Verkauf liefern.
Ob das Holz der heute angepflanzten Bäume zur Erntezeit - bei den Nadelbaum-Arten in rund 100 Jahren - allerdings noch einen wirtschaftlichen Wert hat, bleibt Spekulation. Ulrich von Mirbach ist sehr wohl bewusst, dass heute die Bäume geschlagen werden, die die Großvätergeneration gepflanzt hatte.
Wie schon seine Vorgänger lebt von
Mirbach im und mit dem Wald, dort wo schon Generationen von Förstern gelebt haben - im historischen Forsthaus "Falkenmoor". Kaum anders als Oberförster Schmidt vor
180 Jahren, ist er „seinem“ Forst eng verbunden. Der Zustand der
Bäume, ihre Verteilung und Verbindung untereinander, Art und Anzahl des
Wildes in den Wäldern – kaum jemand weiß darüber so gut Bescheid
wie Ulrich von Mirbach. Und kaum jemand liegt das Wohlergehen des
Waldes sowie seiner Fauna und Flora wohl so sehr am Herzen wie ihm.
Sein größtes Anliegen ist es, die Gartower Wälder so zu erhalten,
dass sie neben dem wirtschaftlichen Nutzen auch in Zukunft ein lebendiges Biotop für Pflanzen und
Tiere bilden. Und nicht zuletzt sollen sich Menschen am Wald
erfreuen – mit allem Respekt. Denn der Wald kann nur durch das
harmonische Zusammenspiel von Tieren, Pflanzen, Bäumen und den
Menschen auch in Zukunft leben. Davon ist Ulrich von Mirbach zutiefst überzeugt.
Foto | Angelika Blank: Wie seine Vorgänger lebt Ulrich von Mirbach im und mit dem Wald.