Wie jetzt bekannt wurde, hat die Bundesregierung in den frühen Morgenstunden des 6. September 2010 mit den Atomkonzernen E.ON, RWE, Vattenfall, EnBW unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Vertrag unterzeichnet, der die Konditionen zur Laufzeitverlängerung festlegt. Nicht nur Greenpeace empört das intransparente Vorgehen der Merkel-Regierung.
"Nun wird klar, warum die Regierung die vertragliche Vereinbarung geheimhalten wollte: Der Vertrag als Kernstück des energiepolitischen Konzepts der Bundesregierung entlässt die Atomkonzerne aus der Verantwortung für den Ausbau der Erneuerbaren. In großem Stil wird in dem Vertrag die Sicherheit von Atomkraftwerken gegen die Erneuerbaren Energien ausgespielt - und mehr als das: Das Gerede von der Atomkraft als Brückentechnologie ins Zeitalter der Erneuerbaren erweist sich mit dem Vertrag als leeres Versprechen", so Greenpeace-Experte Tobias Münchmeyer zum Bekanntwerden der Zusatz-Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den Energiekonzernen.
Wie die Financial Times berichtete, kam es in der Nacht von Sonntag auf Montag zur Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen der Regierung und den Konzernchefs. Dass die Öffentlichkeit so schnell davon erfahren hat, ist ausgerechnet dem RWE-Vorstandsmitglied Rolf Martin Schmitz zu verdanken. Schmitz referierte im Rahmen des 5. Deutschen Energiekongresses in München über das Energiekonzept der Bundesregierung. Auf die Frage von Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer , wer denn garantieren könne, dass die Konzerne ihre Zusatzgewinne aus den längeren Atomlaufzeiten wirklich abführen würden, gab Schmitz bekannt, dass die Vereinbarungen bereits in der Nacht schriftlich fixiert worden seien.
Tobias Münchmeyer: "Im Geheimvertrag steht schwarz auf weiß, dass es in den nächsten Jahrzehnten durch die Atomkonzerne keine Förderung von Erneuerbaren Energien geben wird. Dieses Papier entlarvt das sogenannte Energiepolitische Konzept der Bundesregierung als einen großangelegten Betrug an der Bevölkerung."
Der Vertrag legt fest, dass die dringend notwendigen Nachrüstkosten für Atomkraftwerke von den Fondsbeiträgen zur Förderung der Erneuerbaren abgezogen werden können, sobald sie 500 Millionen Euro übersteigen. Darüber hinaus kann auch jede Erhöhung der Brennelementesteuer von den Beiträgen für den Erneuerbaren-Fonds abgezogen werden.
Dass die Nachrüstkosten über die 500 Millionen-Marke steigen werden, ist alles andere als unwahrscheinlich: Umweltminister Röttgen hat in der Vergangenheit von Nachrüstkosten in Höhe von 600 Millionen Euro pro Atomkraftwerk gesprochen, die Atomaufseher rechnen für einen Zeitraum von zehn Jahren mit einer Milliarde Euro pro Meiler. Und im Atomgutachten der Bundesregierung werden sogar insgesamt 20,3 Milliarden Euro für Nachrüstkosten veranschlagt.
Doch damit nicht genug: Auch die Brennelementesteuer kann nicht erhöht werden, ohne dass der Beitrag zum Erneuerbaren-Fonds sinken würde: ein vertragliches Bollwerk gegen künftige Änderungen durch eine neu gewählte Regierung.
.ausgestrahlt: Verlängerung ohne relevante Sicherheitsnachrüstungen
Die Anti-AKW-Initiative .ausgestrahlt beschäftigt hauptsächlich der Sicherheitsaspekt der Vereinbarung. Ihr Sprecher Jochen Stay: "„Noch Anfang der Woche, bei der Präsentation ihres sogenannten Energiekonzepts, hat Bundeskanzlerin Merkel behauptet, die Sicherheit der AKW habe ‚oberste Priorität‘, Umweltminister Röttgen stellte umfangreiche Nachrüstungen der Meiler in Aussicht.
Gleichzeitig handelt das Umweltministerium mit den Ländern einen Katalog an Nachrüstungsforderungen aus, der den Namen nicht verdient. Selbst die ältesten und marodesten Reaktoren wie Biblis, Neckarwestheim und Brunsbüttel sollen demnach ohne relevante Sicherheitsnachrüstungen jahrelang weiterlaufen dürfen. In einem des Nachts ausgehandelten Geheimvertrag begrenzt die Bundesregierung zudem die Aufwendungen der
AKW-Betreiber für Nachrüstungsmaßnahmen auf 500 Millionen Euro pro Reaktor. Die Sicherheit wird zu einer ökonomischen Rechengröße degradiert."
BI: Privilegierter Zugang vom Feinsten
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI bezeichnet das Vorgehen der Bundesregierung als "verkommene Politik". Da helfe auch nicht, dass das Abkommen jetzt im Nachhinein öffentlich gemacht wurde. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: "Die Menschen schauen voller Empörung und Verachtung auf das schamlose Treiben der Bonner Regierung . Statt der Revolution in der Energiepolitik entfacht die Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Revolution der Entrüstung."
Dank Greenpeace ist die Vereinbarung im Internet auf www.scribd.com nachzulesen.
Foto: Andreas Conradt / Publixviewing.de / Bereits im Sommer hatten auch wendländische Atomkraftgegner angekündigt, die Annahme des Mülls aus süddeutschen Atomkraftwerken zu verweigern.
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