Hinter vorgehaltener Hand gilt es bereits als sicher, dass in der ehemaligen Kaserne in Neu Tramm bald die sechste Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet wird. Offiziell mag es noch niemand bestätigen - doch schon zum Winter könnten dort die ersten Migranten ankommen.
Auch die Geschichte des Dorfes begann erst in den 30er Jahren: Es wurde als Scheindorf für geheimste militärische Zwecke während der Nazi-Zeit erbaut, gut versteckt im Wald, getarnt als alter wendländischer Rundling. Hier wurde an Hitlers „Wunderwaffe“ V1 geschraubt, und auch heute birgt das große Waldgelände mit seinen vielen Bauwerken noch manches Geheimnis.
Nach dem Krieg nutzten Amerikaner, Engländer, Bundeswehr,
Bundesgrenzschutz und Castor-Polizei die Kaserne. Die Öffentlichkeit
wurde stets durch Absperrung und Geheimhaltung ausgeschlossen.
Eine Tradition, die bis heute fortgesetzt wird: Auch aktuell gibt sich
das hermetisch abgeschirmte, weitläufige Kasernen-Areal abweisend.
Schilder warnen vor bissigen Hunden, das Fotografieren ist verboten, und
wer das streng bewachte Gelände - inzwischen in Privatbesitz - betreten
möchte, muss sich ausweisen.
Zumindest das könnte sich demnächst ändern. Hier, 30 Kilometer von
Salzwedel und ca. 5 Kilometer von Dannenberg entfernt, soll ein Erstaufnahmelager für Flüchtlinge des
Landes Niedersachens entstehen.
Die seit rund sechs Wochen laufenden Verhandlungen sind offenbar bereits
in eine konkrete Phase getreten: Demnach könnten hier bis zu 650
Flüchtlinge eine vorläufige und zeitlich befristete Bleibe finden.
Vor allem die zeitliche Befristung löste schon bei den Planungen für eine Erstaufnahmeeinrichtung im sogenannten "Containerdorf" am Breeser Verladekran Diskussionen unter Flüchtlingshelfern aus. Dass die Zuweisungsquote für die Aufnahme von Flüchtlingen nach dem
Start der Erstaufnahmeeinrichtung gesenkt, wenn nicht gar ganz
aufgehoben wird, mochte auch viele nicht überzeugen. "Eine beständige Hilfe ist nicht möglich, wenn die Menschen nur ca. drei Wochen im Landkreis bleiben," kritisierten Abgeordnete im Kreistag. Einige würden lieber eine höhere Zuweisungsquote sehen, um den Flüchtlingen beständig helfen zu können. Eine Initiative redet gar von 10000+X, die im Wendland aufgenommen werden sollten.
Anders als beim Containerdorf in Breese sind baurechtliche Vorprüfungen anscheinend bereits positiv ausgefallen, wie aus der Kreisverwaltung zu hören ist. Trotzdem sind noch einige Fragen zu klären, unter anderem, wie ein geeigneter Brandschutz zu gewährleisten ist. Auch die Frage, wie die im abgelegenen Neu Tramm untergebrachten Flüchtlinge nach Lüchow und Dannenberg kommen, bleibt noch zu klären. Im Gespräch ist anscheinend der Ausbau des Busverkehrs zwischen den beiden Orten. Das Innenministerium mochte sich Mitte der Woche gegenüber wnet noch nicht einmal auf einen Zeitplan festlegen, in dem es die Entscheidung über eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung treffen will. Da der Druck auf die bestehenden Erstaufnahmelager aber immens hoch ist, dürfte wohl noch vor dem Winter klar sein, ob in der Kaserne Neu Tramm Flüchtlinge ankommen werden. Das Lager könnte dann wohl fünf bis zehn Jahre lang in
dieser Form bestehen bleiben. Nach aktuellen Zahlen dürften dann pro Tag rund 50
Menschen dort ankommen.
Neben 50 bis 70 Arbeitsplätzen in der Erstaufnahmeeinrichtung würden noch einige Arbeitsplätze in der Kreisverwaltung neu einzurichten sein. Des weiteren kann die Capio Elbe-Jeetzel-Klinik mit einer höheren Auslastung rechnen, da sie die
medizinische Versorgung der Flüchtlinge sicherstelle.
Sowohl die Kreisverwaltung als auch Verwaltung und Samtgemeinderat Elbtalaue hatten sich den Planungen gegenüber schon bei den Überlegungen für eine Einrichtung im Containerdorf Breese positiv ausgesprochen.
Foto / Björn Vogt: Abweisend gibt sich das ehemalige Kasernengelände im wendländischen Neu Tramm. Hier wird voraussichtlich demnächst ein Erstaufnahmelager für bis zu 650 Flüchtlinge eingerichtet.