Nachdem vergangene Woche bekannt wurde, dass an Fässern mit schwach radioaktivem Müll Roststellen gefunden wurden, ordnete Umweltminister Stefan Wenzel nun an, dass vor dem weiteren Abtransport alle Fässer untersucht werden müssen.
Beim Abtransport von Fässern mit schwach- und mittelaktivem Müll waren nicht nur ein, sondern zwei Fässer mit Farbabplatzungen und Korrosionsstellen entdeckt worden. Radioaktivität ist dabei zwar nicht ausgetreten und die Genehmigung zum Abtransport ist erteilt worden, aber der Vorfall war dennoch Grund genug für Umweltminister Stefan Wenzel, eine Untersuchung aller noch im Abfalllager verbliebenen Fässer anzuordnen. Erst nach Freigabe durch das Umweltministerium dürfen die Fässer in die Container geladen werden.
Wie das Umweltministerium mitteilte, waren die beiden auffälligen Fässer Ende der 70er Jahre mit radioaktiven Mischabfällen befüllt worden und zunächst für das Endlager Morsleben bestimmt gewesen (sogenannte ERAM-Fässer).
Nach einer Konditionierung am Zwischenlagerstandort Hanau wurden die
Fässer Anfang der 90er Jahre dann aber im ALG eingelagert. Ihre Aufbewahrungsgenehmigung läuft im Jahre 2019 aus.
Der Abtransport von Fässern aus dem sogenanten "Fasslager" ist nicht der erste seiner Art. Wie die GNS mitteilte, hatte der Abtransport der ersten Fässer mit schwach radioaktivem Müll bereits im Juli vergangenen Jahres begonnen. Die "rollreifen" Fässer enthalten schwach- bis mittelaktiven Atommüll, der für die Endlagerung in Schacht Konrad vorgesehen ist. Laut GNS-Pressesprecher Jürgen Auer hatten die Planungen für den Abtransport und die Nachkonditionierung bereits im Jahre 2010 begonnen, um die Arbeiten rechtzeitig vor dem Ablauf der Aufbewahrungsgenehmigung abgeschlossen zu haben.
Der erste Transport mit 86 Stück 280-l-Fässern ging vergangenes Jahr nach Duisburg. Die derzeitigen Planungen sehen den letzten der voraussichtlich 15 Transporte Mitte 2017 vor. Insgesamt müssen über 1000 Fässer transportiert werden. Im Anschluss an die Nachkonditionierung werden die Konrad-gerechten Abfallgebinde in Zwischenlager der GNS oder der Abfallverursacher gebracht. Dort warten sie dann, bis sie zur Endlagerung nach Schacht Konrad gebracht werden können. Das Endlager für schwach und mittelaktiven Müll soll frühestens 2019 zur Verfügung stehen, wahrscheinlich ist jedoch 2023. Welche Zwischenlager der GNS bzw der Energieunternehmen nach der Konditionierung genutzt werden, konnte GNS-Sprecher Jürgen Auer am Montag noch nicht sagen. Nach Gorleben kommen sie jedoch nicht zurück.
Auch wenn nicht bekannt ist, wo der noch anfallende schwach- und mittelaktive Abfall zwischengelagert werden soll, sind laut Auer für Gorleben keine weiteren Einlagerungen dieser Abfallart geplant. So sah es der Pressesprecher jedenfalls noch im November 2014 (siehe Weiteres dazu hier! ).
Warum wird der Atommüll nicht in Gorleben konditioniert?
Noch im Jahre 2013 war die Rede von einem Erweiterungsbau, in dem die Nachkonditionierung des Atommülls, der für Schacht Konrad vorgesehen ist, vorgenommen werden sollte. Die Gemeinde Gorleben und der Landkreis Lüchow-Dannenberg haben zwischenzeitlich auch die Baugenehmigungen hierfür erteilt. Nun steht noch die atomrechtliche Genehmigung aus.
Eigentlich hätte der Bau schon 2014 stehen sollen, doch zur Zeit hat es niemand eilig, das Genehmigungsverfahren voranzutreiben, da die Inbetriebnahme von Schacht Konrad sich verzögert. "Nachdem die Inbetriebnahme von Schacht Konrad nach hinten gestellt wurde, haben wir das Projekt Erweiterungsbau jetzt auch erst
einmal hintan gestellt," so Auer gegenüber wnet. "Dieser Bau wäre für die jetzt zur Konditionierung anstehenden Fässer auch gar nicht geeignet gewesen. Er ist nur für die Überprüfung der sogenannten "Mosaikbehälter" vorgesehen."
"Das
Umweltministerium ist der Auffassung, dass jetzt an das
Lagerungskonzept sowie an das Alterungsmanagement erhöhte Anforderungen
gemäß ESK-Leitlinien (ESK-Entsorgungskommission) zu stellen sind," heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums von Montag. "Hierzu
gehören unter anderem eine Verbesserung der optischen Kontrollen und
der klimatischen Bedingungen."
Dies gilt sowohl für die
verbleibenden zirka 1.300 ERAM-Fässer, für die derzeit im ALG
befindlichen sonstigen Gebinde, zum Beispiel Mosaikbehälter, als auch
für die gegebenenfalls noch neu einzulagernden Gebinde.
Der Kreistag Lüchow-Dannenbergs hatte in den vergangenen Jahren mehrfach angemahnt, dass im Fasslager wegen der engen Lagerung keinerlei Sichtkontrollen möglich seien. Nun wird die GNS sich mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen müssen.
BI fordert Transportstopp für das gesamte Atommülllager in Gorleben
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) kann den Aussagen, dass in Gorleben keine weiteren Fässer mit schwach- und mittelaktivem Müll eingelagert werden, nicht recht trauen. "Auch wenn heute nicht geplant ist, weitere Fässer nach Gorleben zu bringen, so kann das morgen schon wieder ganz anders aussehen," so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Deswegen fordert die BI den grundsätzlichen Stopp auch der Einlagerungen in das Fasslager.
"Wir freuen uns, dass Umweltminister Stefan Wenzel sich unsere
Forderungen zu eigen gemacht hat und das Umräumen der Gebinde angeordnet
hat, damit man überhaupt mehr als die ersten Reihen einsehen kann",
sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Das hat die BI schon lange gefordert.
"Wir sind uns sicher, dass es nicht bei zwei rostigen Fässern bleibt",
so die BI. Außerdem sei es nötig, die Ursachen zu klären.
Erst im vergangenen Jahr waren feuchte Stellen im Lager entdeckt worden
und die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) stellte von sich aus die
Einlagerung weiterer Abfälle ein. "Da gehört jetzt ein Deckel drauf", so
Ehmke.
Foto / GNS: Neben den Fässern mit schwach- und mittelaktivem Müll, die immer wieder wegen ihrer Roststellen für Aufmerkamkeit gesorgt hatten, lagern im Zwischenlager Gorleben auch über 100 Castorbehälter mit hoch radioaktivem Müll. Quelle Foto: GNS Magazin "Standortnachrichten" , Ausgabe 8, November 2015