Am Dienstag hat im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz ein Fachgespräch zum Thema „Umgebungsüberwachung in Gorleben“ stattgefunden. Demnach hat das Umweltministerium von der GNS als Betreiberin des Gorlebener Zwischenlagers gefordert, Maßnahmen vorzuschlagen, die die Einhaltung des zulässigen Grenzwertes gewährleisten. Konkrete Ergebnisse hat das Expertentreffen nicht erbracht. Neu:Video.
Nach einer Mitteilung des Umweltministeriums hatte der Betreiber mitgeteilt, dass hierzu grundsätzlich "eine Optimierung der Lagerbelegung" in Frage komme – dies auch unter Berücksichtigung der für dieses Jahr geplanten Einlagerung von weiteren 11 Behältern. "Bis Ende September hat der Betreiber nun Zeit, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, die zum Erfolg führen," so Jutta Kremer-Heye, Pressesprecherin des Niedersächsischen Umweltministeriums. "Im Gespräch ist ein Umstellen der Behälter." Gleichzeitig hat das Umweltministerium die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt in Braunschweig beauftragt, durch eigenständige Messungen zu überprüfen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen den gewünschten Effekt bringen. Danach wird das Umweltministerium prüfen und entscheiden, ob die Genehmigung des nächsten Castortransports aufrecht erhalten werden kann.
Video: Dirk Drazewski
Ergänzend habe der Betreiber darauf hingewiesen, dass er im Juli 2011 bereits eine Umlagerung von Behältern vorgenommen hat, so das Umweltministerium. Dies werde nach Einschätzung des Betreibers tendenziell zu einer Reduktion der extrapolierten Jahresdosis führen. Rebecca Harms, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament bezweifelt genau dies: "Diese Umstellung hat nicht den gewünschten Effekt gehabt", so die Abgeordnete.
Harms: Strahlung geht auch ohne Castortransport über die Grenzwerte hinaus
Nach Informationen von Rebecca Harms gehen die gemessenen Strahlungswerte auch ohne einen zusätzlichen Castortransport über die zulässigen Grenzwerte hinaus. Die GNS dagegen hatte im Expertengespräch erklärt, dass ihre eigenen Messungen keine erhöhten Strahlungswerte ergeben hätten. Unbestritten blieb, dass die Messdaten des vom Umweltministerium beauftragten NLWKN korrekt sind. Die Diskrepanzen ließen sich am Dienstag nicht aufklären.
Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace, fragt sich, warum das Ministerium nicht schon früher auf ein mögliches Problem aufmerksam geworden ist. "Beim Transport im Jahre 2005 hatten wir eine 230fach erhöhte Neutronenstrahlung am Castorzug gemessen, 2008 war diese Strahlung um ca. das 500fache erhöht", so Edler. "Wenn seitdem Castorbehälter mit einer höheren Radioaktivitätslast eingelagert wurden, so hätte das im Umweltministerium schon früher für Aufmerksamkeit sorgen können."
Für Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, ist es unzulässig, das Problem durch einfaches Umstellen lösen zu wollen. "Nach dem Atomgesetz sind die Plätze für die Castorbehälter vorgeschrieben", so Wenzel am Dienstag.
Beide, Harms und Wenzel, sowie der LINKE-Abgeordnete und umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Kurt Herzog fordern unisono das Aussetzen der nächsten Castortransporte. Es müsse genau geprüft werden, woher die erhöhte Strahlung komme. Für Herzog ist auch die gesamte Logistik der Castortransporte gescheitert.
OVG lehnt Klagerecht für Anwohner ab
Mitten in den Diskussionen über die erhöhte Strahlung wurde am Dienstag bekannt, dass das Oberverwaltungsgericht Lüneburg Anwohnern an der Castorstrecke kein Klagerecht gegen die Transporte einräumt.
"Während im Niedersächsischen Umweltministerium hinter verschlossenen Türen die drohende Überschreitung der Strahlenwerte am Zwischenlager Gorleben diskutiert wurde, hat das OVG Lüneburg Anwohnern der Castor-Transportstrecke die Klagebefugnis abgesprochen. Das vermittelt den Bürgern nicht gerade Transparenz und Sicherheit," so die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte.
"Es mag unterschiedliche Einschätzungen der Strahlengefahr bei Castor-Transporten geben, aber von vornherein den betroffenen Anwohnern die Klagebefugnis abzusprechen, entspricht nicht meinem Rechtsstaatsverständnis," so die Abgeordnete.
Foto: GNS / Das Gelände des Gorlebener Zwischenlagers