Aufstieg in die 1. Bundesliga, 100-jähriges Bestehen – und dann auch noch der plötzliche Rücktritt von Präsident Corny Littmann: All das hat den FC St. Pauli dieser Tage besonders in den Focus der Medien gerückt, und das wiederum bedeutet für den Pressechef des Hamburger Vereins, den gebürtigen Lüchower Christian Bönig, nicht nur besonders viel Arbeit, sondern auch besondere Empfindungen.
Im wnet-Gespräch berichtet der in Lüchow-Dannenberg auch durch seine sportlichen Aktivitäten, unter anderem beim TuS Lüchow und beim TuS Woltersdorf, bekannte Journalist davon.
Karriere in der Medienstadt Hamburg
Aufgewachsen ist Christian Bönig, mittlerweile 32 Jahre jung, im Elternhaus in Plate. Schon als Gymnasiast zog es ihn zum Journalismus: Mit 17 Jahren absolvierte er sein erstes Praktikum in der Redaktion der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Lüchow. Nach Abitur und abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung bei der Sparkasse bewahrheitete sich bei Christian Bönig die alte Journalisten-Weisheit: Wer einmal Druckerschwärze geschnuppert hat, kommt nicht wieder davon los! Der junge Mann wandte sich von Konten und Zinssätzen ab – und dem Journalismus nun voll und ganz zu.
In der Medienstadt Hamburg startete er beim Rundfunksender N-JOY, weitere Stationen waren Radio Hamburg, Hit-Radio Antenne, die „Welt“, waren Aufgaben als Moderator, Nachrichtensprecher, Redakteur. In dieser Position arbeitete er 2005 bei der Bild-Zeitung, als ihn der Ruf zum FC St. Pauli ereilte. Für diesen Verein hatte sich Bönig schon seit früher Jugend begeistert.
w-net: Seit wann sind sie Fan des FC St. Pauli, und wie kam es zu der Zuneigung zu diesem Verein?
Christian Bönig: Seit dem 25. September 1992. Das war mein 15. Geburtstag, und meine Schwester hatte mir eine Karte geschenkt, um mit mir zum Spiel St. Pauli gegen FC Remscheid zu gehen. Das hat St. Pauli damals mit 4:1 gewonnen. Die Stimmung war überwältigend!
w-net: Was ist für sie das Besondere am FC?
Bönig: Das Besondere am FC St. Pauli muss man selbst spüren und erleben. Wer einmal hier am Millerntor ein Spiel verfolgt mit dem gesamten Feeling, der kann das begreifen und ist meistens danach wie von einem St.-Pauli-Virus infiziert. Mit Worten lässt sich das nicht beschreiben. Es ist die Vielfältigkeit, die diesen Club ausmacht. Darauf hat wohl jeder eine eigene Sichtweise. Aber jeder kann St. Pauli-Fan sein, es sei denn, er hat einen rechtsradikalen Hintergrund.
w-net: Pressechef beim FC St. Pauli - so eine Position steht ja nicht in der Jobbörse der Arbeitsagentur. Wie sind Sie in diese Funktion gekommen?
Bönig: Als ich Redakteur war bei BILD, bin ich 2005 im Trainingslager des FC St. Pauli auf Kuba von den Präsidialen des Vereins gefragt worden, ob ich mir die Arbeit als Pressesprecher beim FC vorstellen kann. Ich musste doch recht lange überlegen, denn ich hatte Aussicht auf einen unbefristeten Vertrag bei BILD, und ich sollte einen befristeten bekommen bei St. Pauli – also bei einem damals chronisch klammen und kurz vor der Insolvenz stehenden Drittligisten. Ich habe mich dann gegen den Kopf und für das Herz - also für St. Pauli entschieden.
w-net: Der FC St. Pauli ist nach acht Jahren Oberhaus-Abstinenz wieder in der 1. Liga angekommen. Das ist gebührend gefeiert worden. Was war für sie dabei der Höhepunkt?
Bönig: Es gab zwei schönste Momente: Einmal nach dem Abpfiff des Spiels gegen Fürth, das wir mit 4 : 1 gewonnen haben. Da bin ich allein in die Kabine gegangen und habe geweint. Der ganze Druck, die ganze Anspannung, das ist abgefallen. Der zweite sehr bewegende Moment war der Empfang auf dem Flughafen zuhause. Die vielen Menschen – und mit dabei meine Freundin, die ich in den Arm nehmen konnte
w-net: Sind sie in diesen Tagen ganz besonders gefordert?
Bönig: Mein Arbeitsplan heißt: Sieben Tage im Einsatz. Es gibt keine freien Tage, kein freies Wochenende. Wir haben Presseanfragen nahezu aus der ganzen Welt. Es sind überaus viele Termine zu koordinieren.
w-net: Sie haben nicht nur jetzt mit Vertretern der verschiedenen Medien zu tun. Wann ärgern sie sich über Journalisten?
Bönig: Wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Wenn sie über meinen Kopf irgendwas machen für die Berichterstattung und direkt an Spieler oder andere Protagonisten des Vereins herankommen. Es ärgert mich aber auch, wenn Leute von uns direkt an die Presse herantreten und ich nichts davon weiß; wenn das so läuft, dann braucht man keinen Pressesprecher. Man darf nicht vergessen: Es geht ja bei Aussagen nach außen nie um Einzelpersonen, sondern immer um den ganzen Verein.
w-net: Was ändert sich für Sie durch den Aufstieg?
Bönig: Es wird alles größer und mehr. Es werden die Anfragen von noch mehr Medien auf den Verein zukommen. Und wir möchten gern jedes Medium bedienen, das einen Wunsch an uns hat. Aber dafür braucht man auch mehr Manpower.
w-net: Wird in den Medien oft als Kiez-Club genannt. Ärgert Sie das?
Bönig: Nein! Aber schlimm finde ich "'Kult-Club'. Viele glauben ja, das Kiez ein Synonym für St. Pauli ist, aber das ja nicht so. Kiez ist doch ein anderer Ausdruck für Stadtviertel. Schlimm finde ich auch, wenn da steht 'Rotlicht-Club' oder "Der Verein an der Reeperbahn‘; denn wir sind nicht die Reeperbahn, wir sind weitaus mehr.
w-net: Sie sind Leiter des Medienbereichs, aber auch Teammanager. Was macht ein Teammanager?
Bönig: Er betreut die Mannschaft, kümmert sich um viele Sorgen und Nöte der Spieler. Ein Beispiel: Unser Dennis Naki hatte beim Spiel gegen Rostock so eine Halsabschneide-Geste gemacht gegenüber den Rostock-Fans, und er ist deswegen gesperrt worden. Er brauchte dann jemanden, mit dem er darüber reden konnte; ich habe lange mit ihm über das Gewesene gesprochen und ihm auch erklärt, was an seinem Verhalten falsch war. Aber ich kümmere mich auch darum, dass die Ausstattung der Spieler perfekt ist – bis hin zum Bestellen neuer Schuhe.
w-net: Spielen Sie immer noch aktiv Fußball?
Bönig: Das schaff ich leider nicht mehr
w-net: Und was tun Sie für ihre Fitness?
Bönig: Ich gehe viel laufen, habe dazu gerade einen Plan von unserem Fitnesstrainer bekommen.
w-net: Leben Sie gern in Hamburg?
Bönig: Hamburg ist meine absolute Traumstadt. Ich wohne über den Dächern von Hamburg in einer schönen Wohnung, ich habe meine Freundin hier kennengelernt, Freunde aus Lüchow sind inzwischen auch in Hamburg. Ab und zu bin ich bei meinen Eltern in Plate zu Besuch, und ich telefoniere auch gelegentlich mit Freunden in Lüchow-Dannenberg.
w-net: St-Pauli-Präsident Corny Littmann hat seinen Rücktritt erklärt. Was sagen Sie dazu?
Bönig: Ich habe vehement versucht, ihn davon abzubringen, dass er das tut. Aber ich glaube für ihn persönlich ist es genau die richtige Entscheidung gewesen. Es zeugt von ganz viel Charakterstärke, am Höhepunkt abzutreten. Davon reden die meisten - er aber hat es getan.
Die Lücke, die er hinterlässt, wird gut geschlossen werden. Corny Littmann musste oft als Sündenbock herhalten - aber damit hat er kein Problem gehabt Er hat sich immer gern seinen Kritikern gestellt. Er hat den Verein hervorragend geführt. Man konnte Corny Littmann mögen oder nicht mögen, aber: Er steht er dafür, dass er der Verein in seiner Amtszeit zwei Mal aufgestiegen ist und dass der Verein - nach 30 Jahren reden - ein neues Stadion bekommt.
w-net: Was wünschen sie sich vom künftigen Präsidenten?
Bönig: Das er genauso uneitel wie Corny Littmann den Verein in den Vordergrund stellt und genauso die bisherige Vereinsphilosophie weiterführt. Bodenständig, unaufgeregt und nach Dem Motto: Wenig reden - viel machen.
w-net: Sehen Sie, was den FC angeht, mit Optimismus in die kommende Saison?
Bönig: Absolut. Ich fest davon überzeugt, dass wir die Klasse halten werden.
Mit Christian Bönig sprach Hagen Jung
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Foto: Bönig vor der im Bau befindlichen neuen Tribüne im Millerntor-Stadion / ... zusammen mit dem gerade zurückgetretenen Präsidenten Corny Littmann