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Es kracht in der Kulturellen Landpartie

Basisdemokratische Entscheidungen und Transparenz sind für die Aktiven der Kulturellen Landpartie (KLP) von Anfang an ein Muss. Eigentlich. Denn gerade in der aktuellen Krisensituation geht das Geschehen die Öffentlichkeit nichts an. Sagt das Plenum der KLP.

Es rumort in der Kulturellen Landpartie (KLP). Seit Monaten sind von verschiedenen AusstellerInnen die merkwürdigsten Geschichten zu hören. Da sollte ein Aussteller ausgeschlossen werden, bloss weil er mit drei Kunsthandwerkerinnen aus dem Dorf gemeinsam ausstellen wollte (was dann nach Intervention doch wieder zurückgenommen wurde). Hier ist zu hören, dass die Finanzsituation für die meisten Aussteller völlig undurchsichtig ist. Dann soll es massive Konflikte innerhalb der Führungsriege geben. Von Überforderung ist die Rede und immer öfter auch von Auflösung.

Alles Gerüchte? wnet wollte sich selbst einen Eindruck davon verschaffen, wie ernst die Lage wirklich ist und das sogenannte "Plenum" besuchen, welches vergangene Woche stattgefunden hat. Noch vor Beginn der Versammlung beschlossen die Anwesenden mit deutlicher Mehrheit, dass sie keine öffentliche Berichterstattung wünschen. Redakteurin Angelika Blank musste gehen.

Verwirrung und Zerrüttung

Natürlich bleibt in DAN nichts wirklich geheim. Nach Informationen aus wohlunterrichteten Kreisen ergibt sich folgendes Bild des Plenums:

Nach der Abhandlung von verschiedenen Punkten, die relativ konfliktfrei diskutiert worden sind, kam es zum Eklat. Die gesamte Führungsriege (Vorstand und "Rat") kündigte an, bei der nächsten Wahl nicht wieder antreten zu wollen. Ob es bis zum Beginn der Vorbereitungen für die nächste KLP in 2021 gelingt, ein neues Führungsteam zu wählen, ist unklar. Kandidaten sind nach den Informationen nicht sichtbar.

Ihren Rückzug begründeten die "Aussteiger" damit, dass sie mit ihren erarbeiteten Konzepten und/oder Vorschlägen regelmäßig im Plenum gescheitert sind. Zu den abgeschmetterten Konzepten gehörten demnach auch Vorschläge für so dringende Maßnahmen wie Wachstumsbegrenzung oder mehr Ökologie im Ablauf (z. B.Autoverkehr, Müll etc.. ...). Angesichts dieser immer wieder frustrierenden Erfahrungen, kapituliert jetzt nicht nur ein Mitglied der bisherigen Führungsriege.

Und - für den Fortbestand der KLP weitaus dramatischer: Über zehn Vertreter von Ausstellungsorten erklärten, im nächsten Jahr bei der KLP nicht mehr mitmachen zu wollen. Darunter auch KLP-Gründungsmitglieder wie der Korbflechter in Gedelitz.

Nach unseren Informationen, fiel das Wort "Auflösung" und "Neubeginn" nicht nur einmal in dieser Sitzung. Wie es weitergeht, blieb unklar. Im Oktober würden traditionell die Vorbereitungen für die nächste KLP beginnen. Doch vorher liegt die Urlaubszeit - und ein schwieriger Diskussionsprozess, dessen Ausgang nicht verhersagbar ist.

Kommentar: Basisdemokratie und Offenheit - ein Widerspruch?

Es ist schon putzig: viele derer, die am Mittwoch am "Plenum" teilnahmen, fordern in Sachen Atommüll-Endlagerung vehement Öffentlichkeitsbeteiligung und Mitspracherecht bei allen Diskussions- und Entwicklungsprozessen - wie schwierig die geologischen oder gesellschaftlichen Themen auch sein mögen.

Doch in eigener Angelegenheit kann von "Öffentlichkeitsbeteiligung" keine Rede sein. Ja nicht einmal von "Öffentlichkeitsinformation". Seit Jahrzehnten gab es keine öffentlichen Mitteilungen über das, was gerade in der KLP Thema ist. Nachfragen zum Stand der Dinge werden mit "das ist intern" beantwortet. Auch gab es kaum Informationsveranstaltungen in den betroffenen Dörfern, die besonders stark von KLP-Besuchern heimgesucht werden. Sie müssen es erdulden, dass zwölf Tage lang das Leben im Dorf zum Rummelplatz wird.

Was kann also an einer Veranstaltungsreihe "intern" sein, die eine so außerordentlich zentrale Rolle im Tourismus und in der Außenwerbung des Landkreises spielt? Jährlich kommen 50 bis 80000 Besucher zur KLP, die gastronomischen Betrieben, Hotels und Pensionen sowie u.a. dem Einzelhandel ein nicht unerhebliches zusätzliches Einkommen verschaffen.

Und ob die Macher der KLP es wollen oder nicht: für die Tourismuswerbung des Landkreises ist die KLP längst zu einer unverzichtbaren Attraktion geworden, mit der sich überall gut werben lässt.

Beides - Tourismus und Förderung der regionalen Wirtschaft - sind aber für diejenigen, die das Plenum dominieren völlig uninteressant, ja geradezu verpönt. Diese Einstellung hat ihren Ursprung in Zeiten, als die Fronten in Sachen Endlager noch unversöhnlich gegeneinander standen. Weder durften die Mitarbeiter des Kreishauses mit der damaligen "Wunde.r.punkte" (dem Vorgänger der KLP) Organisation zusammenarbeiten noch durfte diese Kontakt zum Kreishaus aufnehmen.

Dem Landkreis wurde ohne weitere Überprüfung unterstellt, die "Wunde.r.punkte" vereinnahmen zu wollen. Diese Annahme spukt noch heute vielen KLP-Teilnehmern im Kopf herum - obwohl sich die politischen Verhältnisse längst grundlegend verändert haben. 

Konsequenterweise übernimmt die Organisation der KLP auch keine Verantwortung für das Wohl und Wehe der Betriebe in der Region. Selbst organisatorische Maßnahmen wie Verkehrsentzerrung und Parkmöglichkeiten benötigten bei vielen Austellern Druck von außen (sprich: Feuerwehr und Ordnungsamt), um realisiert zu werden.

Ja, es ist schon ein seltsam Ding mit der Basisdemokratie. Innen soll jede, jeder, jedes und jedivers mitreden dürfen. Selbst die kleinsten Banalitäten können Anlass für stundenlange Debatten sein. Denn jede, jeder ... (siehe oben) soll seine Meinung einbringen dürfen.

Aber der breiten Öffentlichkeit wird dieses Recht nicht zugestanden. Jeder Kaninchenzüchterverein informiert die Öffentlichkeit - mehr oder weniger- über die Geschehnisse im Verein. Doch das Plenum der KLP meint, das nicht tun zu müssen.

In der Struktur der KLP ist ein klassisches Phänomen der Massensoziologie zu beobachten: eine geschlossene Gruppe, die gemeinsam eine Idee verfolgt, schottet sich nach außen ab. Und wenn die Konflikte kaum noch lösbar erscheinen, gibt es zwei Varianten: Dogma und verstärkte Abwehr von Außeneinflüssen bestimmen die internen Verhältnisse - oder die Gruppe löst sich auf. Es sei denn, ihr gelingt es, das Ruder noch einmal herumzureißen - durch veränderte Strukturen, einen Verzicht auf längst nicht mehr relevante (politische) Ansprüche und nicht zuletzt auf persönliche Profilierung.

Die KLP wurde schon öfters totgesagt. Aber dieses Mal scheint es ernst zu sein, schlichtweg deswegen, weil derzeit anscheinend niemand in Sicht ist, der den auf Sand gelaufenen Dampfer wieder flottmachen möchte.

HINTERGRUND/BEGRIFFSKLÄRUNG

Das "Plenum" ist die Vollversammlung aller Aktiven, die einen eigenen Ausstellungsort betreiben. Nach dem internen Anspruch müssen hier alle Entscheidungen mit Mehrheit getroffen werden.

Der "Rat" setzt sich aus mehreren gewählten Mitgliedern zusammen, die aus der Runde der Ausstellungsmacher gewählt werden. Er soll während des Jahres sozusagen die Geschäftsführung leisten, also Finanzbuchhaltung, konkrete Organisation und Klärung von auftretenden Themen (Parkplatzsituation, Bustouren etc.). Alle Maßnahmen, die der Rat sich überlegt, müssen vom Plenum abgesegnet werden.

Der "Vorstand" ist das Gremium des Trägervereins und spielt in der alltäglichen Organisation der KLP keine entscheidende Rolle.




2020-07-19 ; von Angelika Blank (text),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

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