Bei Markus Czenia weiß die Linke genau, was die Rechte tut - aber es ist ihr vollkommen egal. Die vollkommene „Independence“ – das ist der Fachausdruck für die schlagzeugerische Unabhängigkeit von Händen und Füßen – führte der Spitzenschlagzeuger am Donnerstag vor vollem Haus in Gledeberg bei maydrums vor.
Die Anfahrt nach Gledeberg (ja, das ist noch EU-Territorium) auf die Forellenfarm, wo May seine Schlagzeugschule betreibt, ist schon ein wenig surreal: Man muss einfach immer tiefer in die Feldmark hinter Schnega eintauchen, bis nichts mehr kommt, und dann noch zwei Kilometer - schon ist man in der Schlagzeugschule von Martin May angelangt... Aber dank seines eigenen guten Rufes und bester Verbindungen zu großen Schlagzeug-Herstellern gelingt es Martin "Locke" May immer wieder, absolute Spitzentrommler in den vielleicht verwunschensten Winkel des Wendlandes zu locken.
Und nicht nur das: Der Übungsraum war bis auf den letzten Platz mit Zuhörern jeder Altersstufe besetzt, die anderen mussten stehen. Markus Czenia eröffnete den spannenden Abend mit einer Schlagzeug-Symphonie, in der er eine fulminante 45-minütige Kostprobe seines durch absolute Präzision und Brillanz bestechendes Spiel gab. Im Anschluss gab der 1972 geborene Czenia eine fiktive Schlagzeugstunde, wo er amüsant durch ein ganzes Schlagzeuglehrerleben im Schnelldurchlauf führte.
Und die Unabhängigkeiten der Extremitäten demonstrierte, wie es beeindruckender kaum geht: Spielt die linke Hand Viertelnoten, spielt die rechte dagegen einen 7/8-Takt. Die Füße machen wiederum, was sie für richtig halten: der linke spielt einen Shuffle, der rechte akzentuiert offbeat auf dem Hi-Hat. Und das ganze dann auch wieder andersrum. Was die Hände können, können die Füße auch, und natürlich heißt Unabhängikeit in diesem Fall, dass auch linker und rechter Oberkörper jeweils frei spielen, bei den Beinen analog. Und alles zusammen klingt schlicht atemberaubend.
„Journey To Vinland“ nennt sich die Solokomposition, mit der Markus Czenia weltweit für Aufsehen gesorgt hat, wie die Fachzeitschrift „drumhero“ berichtet: Ganz allein mit dem Schlagzeug erzählt er ein Abenteuer der Wikinger nach, die ein neues Land erkunden. Mit reichlich Virtuosität und komplexem Solospiel schafft er eine Atmosphäre, als wäre man bei der Geschichte live dabei, fast wie im Film, nur ohne Bilder: "Etwas gleichartiges mit ähnlich hohem künstlerischen Anspruch hat es im Solodrumming selten gegeben".
Das bescherte Markus 2007 den deutschen Rock- und Pop-Preis, der jährlich für herausragende Nachwuchskünstler vergeben wird. Auch im Wendland hat Markus Czenia seine „Journey to vinland“ schon vorgestellt: bei der letzten Gewerbeschau in Bergen/Dumme - ein absoluter Höhepunkt.
Foto: Björn Vogt