Kreistag: ein Haushalt im Plus und "Anti-Gorleben"-Beschlüsse

Am Montag war wieder Kreistag - und der Haushalt für das Jahr 2014 musste verabschiedet. Es fiel den Abgeordneten wohl noch nie so leicht wie dieses Mal dem fast 3 cm dicken Zahlwerk zuzustimmen: plant der Landkreis doch erstmals seit Jahrzehnten einen Haushalt, der satte 1,9 Millionen Euro Plus ausweist. 

Wie ist das möglich? Wie Landrat Jürgen Schulz erläuterte, besteht gute Hoffnung, dass das Land dem hoch verschuldeten Landkreis mit Sonderzahlungen unter die Arme greift. Darüber hinaus sorgt auch eine Veränderung im Länder-Finanzausgleich für positive Zahlen: im Sozialbereich gibt es ab dem nächsten Jahr höhere Rückerstattungen, so dass auch diese bisher arg belastete Position entlastet wird. Und nicht zuletzt spülen 600 000 Euro geplante Einnahmen aus Bußgeldern wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen weiteres Geld in den Haushalt.

Somit konnte Sylvia Erlebach, die den Haushalt in der Kämmerei mit entwickelt hat, optimistisch verkünden, dass der Landkreis im nächsten Jahr mit Erträgen von 103,2 Millionen Euro rechnet. Demgegenüber sind Ausgaben in Höhe von 101,3 Millionen Euro eingeplant - ergibt unter dem Strich ein Haushaltsplus von 1,9 Millionen Euro. 

Laut Jürgen Schulz sind die Signale vom Land durchaus positiv, dass einem Entschuldungsverfahren zugestimmt wird – allerdings soll noch externer Wirtschaftsprüfer die Haushaltsberechnungen des Landkreises auf Stimmigkeit überprüfen. Auch die Kosten hierfür werden vom Land übernommen.

Stimmt das Land dem sogenannten "Zukunftsvertrag" mit dem Landkreis zu, so würden 80 Millionen der aufgelaufenen Altschulden vom Land übernommen - im Gegenzug muss der Landkreis sich allerdings an eine strenge Sparpolitik halten und die Einnahmen deutlich verbessern.

Größere Investitionen in Schulen oder Straßen bleiben also weiterhin schwierig umzusetzen.

WEITERE BESCHLÜSSE
(Auswahl)

  • Veränderungen des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) zugunsten von Windkraftanlagen: der Antrag wurde ohne weitere Begründung in den nächsten Kreistag vertagt.

  • Mit seinem Antrag, in Lüchow-Dannenberg keine weiteren Vorranggebiete für Windkraftanlagen auszuweisen, blieb der Kreistagsabgeordneten Hermann Klepper (GLW), allein auf weiter Flur. Niemand der Kreistagsabgeordneten mochte für seinen Antrag stimmen. Somit bleibt es dem weiteren Planungsverfahren zur Veränderung des RROP vorbehalten, neue Vorranggebiete für Windkraftanlagen zu definieren bzw. deren Grenzen aufzuzeigen. Für Klepper ist die Energiewende hin zu mehr Nutzung Erneuerbarer Energien lediglich "eine Beförderung von verschwenderischem Verhalten". Wie er sich eine sinnvolle Energiewende vorstellt, ließ der Kreistagsabgeordnete allerdings offen.
  • "Mögliches" Fehlverhalten in der Haushaltsführung der Samtgemeinde Elbtalaue:ein längerer Disput entspann sich zwischen Vertretern der Gruppe X und CDU-Vertretern über den Begriff "möglich". Die CDU wollte mit ihrem Antrag Aufklärung darüber erlangen, wer für die jahrelange Nichterstellung von Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüssen in der Samtgemeinde Elbtalaue verantwortlich ist. Für die Gruppe X ist das Wort "möglich" ein Herunterspielen des Skandals. Letztendlich steht auch Landrat Jürgen Schulz in der Kritik der CDU, dessen Haus als Kommunalaufsicht für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Haushaltsführung der Gemeinden zuständig ist.
Wie Landrat Jürgen Schulz in seinen Erläuterungen betonte, handelt es sich dabei jedoch ausschließlich um eine rechtliche Kontrolle, die nicht zu inhaltlicher Überprüfung berechtige. Wie sich im Verlauf der Sitzung herausstellte, sind im Bereich der Samtgemeinde Elbtalaue noch insgesamt 90 Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse zu erstellen.

  • Geht es nach dem Willen des Kreistags, wird die Biotonne im Landkreis NICHT eingeführt. Ein dementsprechender Antrag soll so bald wie möglich an das Land gestellt werden. Allerdings wies die Verwaltung darauf hin, dass es nicht gesichert ist, ob das Land dem Antrag des Landkreises folgt.

  • Mit 21 Ja-Stimmen gegen 9 Nein-Stimmen beschloss der Kreistag, die Bundesregierung und das Bundesumweltministerium aufzufordern, unverzüglich die Klage gegen die Aufhebung des Rahmenbetriebsplans durch die Niedersächsische Landesregierung zurückzunehmen und der Aufhebung des Rahmenbetriebsplans zuzustimmen. Außerdem fordert der Kreistag, dass der Planfeststellungsantrag aus dem Jahre 1977 zur Errichtung eines nuklearen Endlagers in Gorleben ersatzlos zurückgezogen wird. Außerdem soll die Pilotkonditionierungsanlage (PKA) stillgelegt, ihre Betriebserlaubnis durch externe Gutachter überprüft und der "sittenwidrige Vertrag zwischen der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) und dem Niedersächsischen Umweltministerium" gekündigt werden.

  • Mehrheitlich beschloss der Kreistag, dass im Haushalt 50 000 Euro zur Verfügung gestellt werden, mit denen, "der Prozess der Umsetzung des Endlagersuchgesetzes mit Gremien des Kreistages" begleitet werden soll. Dazu gehört nach den Vorstellungen des Kreistags neben der "persönlichen Begleitung der Arbeit der Enquete-Kommission unter anderem auch die Hinzuziehung von externem Sachverstand."

  • Angesichts der Aufhebung des Vorrangs für die Endlagerung von radioaktivem Abfall im Salzstock Gorleben beschloss der Kreistag mehrheitlich, das Land aufzufordern, einen Uralt-Vertrag des Landes Niedersachsen mit der niedersächsischen Erdöl-/Erdgaswirtschaft zu kündigen. In diesem Vertrag wurde festgelegt, dass im Raum Gorleben auf die Förderung von Erdöl-/Erdgas verzichtet wird. Die Gruppe X hat sich im Zusammenhang mit der kürzlich erteilten Aufsuchungserlaubnis  für eine "vorübergehende konventionelle Gasförderung" ausgesprochen. Das sei ihnen lieber als die Endlagerung von radiaktivem Abfall. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, teilt diesen Optimismus nicht. Sie warnt vor überhöhten Erwartungen an die Aufsuchungserlaubnis: "Wenn sich durch Untersuchungen der Erdöl-/Erdgas-Vorkommen bestätigt, dass in erheblichem Ausmaße Kohlenwasserstoffe in der Nähe oder gar unter dem Salzstock Gorleben vorhanden sind, dann wäre das eine weitere Bestätigung der Nichteignung Gorlebens. Derzeit kann ich an die Untersuchungserlaubnis für die Mainzer Geo Exploration Technologies noch nicht die Erwartung knüpfen, dass sich aus der Erkundung der Vorkommen ein automatisches Ende der Endlagerpläne für Gorleben ergibt," so Harms in einer Mitteilung. 
Sowohl für die Gruppe X als auch für Rebecca Harms ist jedoch vollkommen klar, dass sie einer womöglichen Förderung durch Fracking nicht zustimmen werden. Harms: "Risiken der konventionellen und unkonventionellen Rohstoffgewinnung dürfen, auch in diesem Zusammenhang, nicht unbeachtet bleiben."


2013-12-18 ; von Angelika Blank (autor),
in 29468 Bergen an der Dumme, Deutschland

kommunalpolitik  

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