Laufzeitverlängerung: Reaktionen

Am späten Sonntag Abend einigte sich die schwarz-gelbe Bundesregierung auf neue Laufzeiten für Atomkraftwerke. Während die Energiekonzerne sich zufrieden zeigen, wird der Kompromiss von Oppositionsparteien und Atomkraftgegnern scharf kritisiert.

 

Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, sind die vereinbarten Laufzeitverlängerungen nicht Teil eines "umfassenden" Energiekonzepts, dass die Kanzlerin tausendfach angekündigt hatte. Rebecca Harms: "Die Energiestrategie für Deutschland wird also um die Entscheidung, der Atomkraft eine längere Zukunft zu geben, herum gestrickt werden."

Die Fraktionsvorsitzende weiter: "Dieser Entscheidung liegen keine nachvollziehbaren Überlegungen zu Grunde, wie man Deutschland schnellstmöglich mit sauberer und sicherer Energie versorgen kann. Die Jahreszahlen zur Verlängerung der Laufzeiten sind willkürlich gegriffen. Eine notwendige Analyse der Sicherheit der Anlagen als Basis für eine solche Entscheidung fehlt. Ignoriert wird auch, dass die Endlagerfrage ungelöst ist und der Entsorgungsvorsorgenachweis, der Grundlage für den Betrieb deutscher AKWs ist, nicht erbracht werden kann. Mit der Entscheidung, an Gorleben und der Endlagerung in Salz trotz des Desasters in der Asse festzuhalten, verweigert die Bundesregierung endlich verantwortlich mit der Vorsorge umzugehen.

Nach Ansicht von Harms haben heute nur die vier deutschen Energieriesen Grund zum Feiern. "Sie haben ein Milliardengeschenk von der Bundesregierung erhalten, ihre Marktmacht für die nächsten Dekaden gesichert und sie haben demonstriert, welche Mächte die Energiepolitik beeinflussen. Primat der Politik war gestern."

Miriam Staudte: Bundesregierung beschließt AKW-Risikoverlängerung

Als größten Fehler in der bisherigen Amtszeit bezeichnet die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte die Entscheidung der Bundesregierung die Laufzeiten der 17 deutschen Reaktoren durchschnittlich um weitere 12 Jahre zu verlängern. "Bei 12 Jahren längeren Laufzeiten werden zusätzlich 4.400 Tonnen hochradioaktiver Atommüll produziert, und das, ohne dass jemand weiß, wo der Atommüll gelagert werden kann," ärgert sich Staudte. Die Abgeordnete verweist auch auf das wachsende Sicherheitsrisiko. "Bei einer Laufzeitverlängerung steigt das Risiko überproportional, je älter ein Reaktor ist, desto anfälliger ist er aufgrund der Materialermüdung."

Hoffnungsvoll stimmt die Abgeordnete, dass der Bundesrat noch eine Hürde darstellt, denn bislang ist die Frage der Zustimmungspflicht gerichtlich nicht entschieden. "Doch spätestens eine neue Bundesregierung unter grüner Beteiligung wird diese Entscheidung rückgängig machen. Diese Bundesregierung hat gestern ihre eigene Restlaufzeit extrem verkürzt." Die Grünen-Politikerin ist sich sicher, dass sowohl bei der Castordemostration im November als auch bei der Anti-Atomdemostration am 18.09.2010 in Berlin Zehntausende auf die Straße gehen werden.

Die LINKE im Landtag: Laufzeitverlängerungen sind großer Fehler

Auch die LINKE im Landtag hat die Beschlüsse der Bundesregierung für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke als großen Fehler bezeichnet. "Die Energie-Konzerne haben der Merkel-Regierung diese Entscheidung in die Feder diktiert. Bundesumweltminister Norbert Röttgen hielt ein leicht ökologisch angehauchtes Feigenblatt in den Händen, das ihm über Nacht weggerissen wurde", sagte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Kurt Herzog. Seiner Ansicht nach werfen die geplanten Laufzeitverlängerungen Deutschland bei der Einführung der Erneuerbaren Energien um Jahrzehnte zurück. "Deutschland bräuchte die schwerfälligen Atommeiler als Grundlastkraftwerke ab 2020 nicht mehr", so Herzog.

Der LINKE-Abgeordnete kritisierte außerdem die zeitliche Begrenzung der Brennelementesteuer. "Auch hier hat sich die Atomlobby wieder einmal durchgesetzt. Auch mit ihrer Ankündigung, anschließend einen nicht bezifferten Fonds aufzulegen, hat sie ihre Profit-Interessen durchgebracht." Die Bundesregierung wolle im Wesentlichen ihren maroden Haushalt entlasten. Auch einige Alibi-Millionen der Atom-Industrie für die Erneuerbaren Energien reduziere lediglich das finanzielle Engagement der Bundregierung.

"Die niedersächsischen AKWs Grohnde und Emsland werden auch nach 2030 noch nicht vom Netz genommen", prophezeite Herzog. Er ist sich sicher, dass die Entscheidungen der Bundesregierung die Proteste gegen die Atomenergie im Herbst befeuern werden. "Insbesondere weil kurz vor dem Castor-Transport im November die Weitererkundung und der Ausbau eines Endlagers in Gorleben fortgesetzt werden soll. Damit schafft die Bundesregierung weitere nicht akzeptable Fakten", sagte Herzog.

Foto: Ballon-Aktion vor dem abgeschalteten Atomkraftwerk Krümmel im Juni 2010 /Andreas Conradt

 

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2010-09-06 ; von asb (autor),

 

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