Leserinbrief: Zur Diskussion um die Landpartie

Die Leserin Birgit Klewe aus Bardowick schrieb uns diesen Leserbrief.

Mit großem Interesse las ich die drei Beiträge (hier, hier und hier) über die Landpartie im Zero. Es ist für eine Außenstehende ausgesprochen aufschlussreich, einen Einblick in die Diskussion um die Kulturelle Landpartie zu erhalten. Ich wusste ja gar nicht, mit wie vielen Problemen der Erhalt der KLP verbunden ist. (“ernstguck” und “zwinker“)

Hier ist meine Zusammenstellung der wichtigsten Argumentationspunkte der drei Diskussionsteilnehmer Seelig, Farni und schließlich Marunde.

Dem ersten Diskussionsbeitrag entnehme ich das Folgende: Es geht um ein anderes Bewusstsein, eine andere inhaltliche Gewichtung der KLP. Zukunftsangst bestimme die Diskussion. Im Ursprung hätten sich Widerstand, Lebensart und Künstlertum verbunden. Und noch heute sei es ein Fest, das aus Widerstand und Verkaufsständen bestehe. (J ) Nun komme es darauf an, keine neuen Orte bzw. Punkte aufzunehmen, sondern für die bestehenden Orte Gesamtkonzepte zu entwickeln, die insbesondere die Kauflust der Wendland-Besucher fördern sollen, da diese Dörfer als exemplarisch für richtige Lebensart wahrgenommen würden (von Herrn Seelig) und seiner Ansicht nach auch von anderen. Aus der Darstellung und daraus resultierenden Bewunderung des “privaten Raums” entstünden Kaufentscheidungen. Und diese Kaufprozesse seien zu optimieren.

Im zweiten Beitrag finde ich die Meinung des Herrn Farni, der diesen Punkt aufgreifend schreibt, es grusele ihn, solches zu lesen, er wohne lieber in einem normalen Dorf statt in einem wendländischen Vorzeigedorf. Er kritisiert die Funktionalisierung und Instrumentalisierung des Bestehenden zu bloßer Geschäftemacherei. Er möge die Mischung und Heterogenität, so wie sie bestünden, gerade das nicht Perfekte, das Spontane. Und wendet sich gegen die Ökodiktatur und die “Gesinnungsnacktscanner” (tolles Wort, danke, es gibt sie bereits seit Bestehen der Ökobewegung …) Auch er befürwortet aber ebenfalls eine Weiterentwicklung, neue Ideen und Visionen der KLP.

Schließlich wendet sich Herr Marunde gegen eine Seniorenlandpartie. Er sieht bei Farni “Gefühlsduselei” (die ich hingegen eher bei Herrn Seelig sehe mit seiner reichlich idealisierenden Darstelllung wendländischer Lebensart - gelassener und freundlicher als anderswo kommen mir die Menschen im Wendland nicht vor - wohl aber einzelne zum Teil sehr überzeugt von der Einzigartigkeit und Besonderheit ihres Tuns). Sein hauptsächliches Anliegen scheint darin zu liegen, das aktuelle kulturelle Geschehen besser abzubilden. Gleichzeitig die erfolgreichen Geschäftsmodelle fortzuführen, wobei er das Problem der Konkurrenz von einheimischen und auswärtigen Ausstellern sieht.

So weit meine sicherlich unvollständige Zusammenstellung.

So erschreckend wie auch verständlich finde ich den Beitrag von Herrn Seelig. An den Punkten, die ich in den letzten Jahren besucht habe, hatte ich nicht den Eindruck, es gehe in erster Linie um den Verkauf. Und eine so krasse Instrumentalisierung von Gefühlswelten der Besucher wollen sicherlich nicht wenige Wendlandaussteller nicht. Oder vielleicht doch? Wenn es vorrangig um Verkauf geht, dann sollte man sicherlich bemüht sein, diesen zu optimieren und dafür gibt es bestimmte Instrumentarien. Und auch die Anwendung solcher wirkt sicherlich wiederum auf die Befindlichkeit der Besucher ein und darauf, wie sie die Lebensart im Wendland beurteilen.

Ebenso erschreckend finde ich, dass es tatsächlich Menschen und Orte gibt, die von der Teilnahme ausgeschlossen werden bzw. an andere Orte verwiesen werden. Mit welcher Begründung? Das wusste ich nicht und ich finde es auch nicht richtig. Ich habe die Idee, dass jeder, der mitmachen möchte, mitmachen können sollte. Wobei mich das natürlich gar nichts angeht und ich auch die Argumentationslinien nicht kenne und nicht kennen kann. Mir gefällt gerade auch, dass es viele Punkte gibt, die sich selbst zeigen, nicht vorrangig oder gar nicht verkaufen wollen, wo man Gespräche führen kann und andere Menschen kennenlernt und das, was sie produzieren oder sonst von sich zeigen. Ich mag auch die “Märkte”, aber sie eigentlich am wenigsten. Mit Herrn Farnis Argumenten konnte ich daher auch das meiste anfangen.

Ich mag die KLP und empfinde die Verbindung des politischen Widerstands mit dem, was man von sich zeigen möchte, als sehr interessant. Ob nun Verkauf, Kunst, Blech … (Wer entscheidet schon darüber, was was ist?) Ein echtes Anliegen wäre mir wirklich, das man dort, wo man wohnt, einen Wunde.r-Punkt errichten kann. Die Idee, die Ablehnung der Atomkraft mit der Darstellung von sich selbst im weitesten Sinne (sei es nun Kunst, Verkauf, Verkaufskunst oder anderes) zu verbinden, finde ich sehr gut.

Am schönsten wäre es doch, wenn bei Besuchern wie bei einheimischen Wunde.r.Punkt- Gestalterinnen und -Gestaltern Erkenntnisprozesse entstünden, die alle bereichern, um zwar vor allem ideell und real.

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2010-05-06 ; von gz (autor),

kulturelle landpartie  

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