Rund ein halbes Jahr nach der eigentlich geplanten Eröffnung wurde am Sonntag der grundsaniserte Amtsturm in Lüchow der Öffentlichkeit vorgestellt. Vom im Winter skandalisierten Baufehler blieb nur noch Stoff für sarkastische Anmerkungen.
"Jetzt gilt es, die Räume mit Geschichte zu füllen und für Interessierte zugänglich zu machen," freute sich Dr. Christoph Bergdolt als Vorsitzender des wendländischen Geschichts -und Altertumsvereins über die (Wieder)eröffnung des Amtsturms in Lüchow. Ein halbes Jahr später als geplant konnte der grundsanierte Restturm des ehemaligen Lüchower Schlosses der Öffentlichkeit übergeben werden. Das Schloss selbst war 1811 dem großen Stadtbrand zum Opfer gefallen.
Der im Winter skandalisierte Baufehler spielte bei der Eröffnung kaum noch eine Rolle. Lüchows Bürgermeister Manfred Liebhaber war der "Skandal" auch nur eine kurze Randbemerkung wert. Er sah hauptsächlich kommunalpolitische Streitigkeiten im Stadtrat als Grund dafür, warum eine beim Bau falsch aufgesetzte Zinne zum Grund für seitenlange Medienberichte wurde. "Ich würde mir wünschen, dass diese Auseinandersetzungen im Stadtrat ausgetragen werden und nicht in der Öffentlichkeit," so Liebhaber an die Adresse der damaligen Betreiber der öffentlichen Debatte.
Insgesamt eine Million Euro hatte die gesamte Umgestaltung gekostet, informierte Manfred Liebhaber. Davon seien 400 000 Euro als Fördergelder eingenommen worden. Das Geld scheint gut investiert - der neu gestaltete Amtsturm mit seinem Vorplatz kann sich sehen lassen. Wie sowohl Liebhaber als auch Dr. Bergdolt betonten, bietet das Ensemble nun vielfältige Möglichkeiten: Ausstellungen sind jetzt ebenso möglich wie Freiluftveranstaltungen an der offenen Bühne. Nicht nur Lüchows Bürgermeister, Manfred Liebhaber, wünscht sich nun viele Interessenten, ob Privat, Gewerblich oder aus dem Kulturbereich, die den Amtsturm und sein Umfeld für Veranstaltungen nutzen.
Architektonisch gelang dem Architekturbüro Pohlmann in Zusammenarbeit mit einem Berliner Gartenarchitektbüro (Levin Monsigny) die perfekte Symbiose zwischen Alt und Neu, wobei das Hauptthema des Sanierungsauftrags darin lag. "Die Bausubstanz ist jetzt gesichert und das Gebäude ist dicht", konnte Pohlmann den rund 100 Anwesenden berichten. Allerdings wird es wohl 10 Jahre dauern, bis die über Jahrzehnte eingedrungene Feuchtigkeit aus dem Gebäude wieder abgezogen ist, so vollgesogen ist das rund ein Meter dicke Gemäuer.
Doch der Umbau des Amtsturms ist wesentlich mehr als schlichte "Sicherung der Bausubstanz." Gemeinsam mit einer Licht- und einer Gartenarchitektin (Katrin Söncksen/Berlin) schuf Pohlmann ein elegantes Gesamtensemble, welches nun für verschiedenste Zwecke nutzbar ist. Nicht nur durch die Bühne, die präzise auf dem ehemaligen Platz des schlosseigenen Treppenturms errichtet wurde, bieten sich Möglichkeiten für diverse Veranstaltungen. Irmhild Schwarz gestaltete den Hintergrund so genial, dass die Rückwand der Bühne gleichzeitig etwas über die Geschichte des Schlosses erzählt: auf einer Tafelähnlichen Wand ist wie mit Kreide skizziert der Grundriss des abgebrannten Schlosses zu sehen sowie handschriftliche Aufzeichnungen dazu.
Auch im Innern gelang es dem Kiefener Architekturbüro, geschickt Licht hinein zu bringen und mehr Weiträumigkeit zu suggerieren, als die runden Räume hergeben. Ganz im Sinne der Bauhaus-Idee machte der Architekt Bauelemente wieder sichtbar wie eine im zweiten Stock diagonal durch den Raum führende Treppe. Gleichzeitig wurde diese Treppe auch etwas gängiger, sprich: weniger steil, gestaltet.
"Fundstücke" - eine Ausstellung von Irmhild Schwarz
Zur Einweihung öffnete die Kröter Künstlerin Irmhild Schwarz im dritten Stock des Turms ihre Ausstellung "Fundstücke". Altes Besteck, Geschirr, beschriebene Papierfetzen oder zerschlissene Stoffe sind die Versatzstücke, mit denen die Künstlerin ihre Schaukästen und Vitrinen gestaltet, die - jede für sich - eigene Geschichten erzählen. Während hier hochhackige Pumps aus Pappmachée, teilweise umwickelt mit Draht, von früheren glanz- oder leidvollen Zeiten erzählen, warten in einem anderen Schaukasten ein alter Teller, verrostetes Besteck und zerschlissenen Stoffrosetten auf die Entschlüsselung ihres Rätsels. Immer wieder finden sich in den Werken Bezüge zu Grimmschen Märchen.
Öffnungszeiten:
Ab Sonntag, den 28. Juni 2015 steht der Turm BesucherInnen wieder regelmäßig offen: Freitag 13-18 Uhr. Samstag 13-18 Uhr, Sonntag 10-15 Uhr und Montag 10-15 Uhr.
Die Ausstellung "Fundstücke" von Irmhild Schwarz ist noch bis zum 30. August zu sehen.
Foto / Angelika Blank: Mit Freude nahm Undine Stiwich am Sonntag den Schlüssel vom Amtsturm von Lüchows Bürgermeister Manfred Liebhaber entgegen.