Mehrgenerationenhaus: Demenzkranken-Beratung oder Geldhahn zu?

Geldsorgen gehen durchs Mehrgenerationenhaus (MGH) in Dannenberg. Ende des Jahres läuft die Förderung aus, die das MGH wesentlich trägt. Seit 2006 bekommt das Haus, wie viele seiner Art in Deutschland, jährlich 40 000 Euro Bundesmittel. Nun droht nach fünfjähriger Anschubfinanzierung das Aus für die finanzielle Unterstützung durch das Bundesfamilienministerium.

Lüchows MGH ist nicht darauf angewiesen, da tragen es Stadt und Samtgemeinde sowie Ein-Euro-Jobber. Fünf Jahre lang, so hatte die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zugesagt, wird für die unterstützungsbedürftigen MGHs Geld fließen. Dann ist Schluss. Hoffnung verheißt zwar ein Folgeprogramm, aber: In ihm werden den Mehrgenerationenhäusern teils andere Aufgaben als bisher abverlangt, Demenzkranen-Beratung beispielsweise. Wird das Dannenberger Haus „mithalten“? Wird es mangels Geldes schließen müssen? Die Mehrgenerationenhäuser waren jüngst auch Thema auf einer Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages.

Der Landtag solle die Landesregierung auffordern, im Gespräch mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), den Kommunen und den Trägern der Mehrgenerationenhäuser Wege zu deren weiterer Finanzierung zu erarbeiten. Das hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen beantragt. Doch die Mehrheit aus CDU und FDP lehnte ab. Das sei kein Nein zu den MGHs, hieß es aus den Reihen von Schwarz-Gelb. Im Gegenteil: Die Arbeit der Häuser sei unverzichtbar, sagte Gudrun Pieper von der Unionsfraktion. Doch der Grünen-Antrag sei unnötig, da bereits am 25. Januar die gewünschte Unterredung geführt werde.

Grüne wollen dauerhafte Institutionen

Lieber hätte es die Opposition gesehen, wenn aus dem Parlament heraus dennoch nachdrücklich eine Lösungssuche verlangt worden wäre. Die wichtige Arbeit der Häuser sei nach Auslaufen der Modellförderung existenziell bedroht, warnte die Grünenfraktion. Ihre Sozialexpertin Ursula Helmhold betonte am Donnerstag im Parlament, die Landesregierung müsse darauf hinwirken, dass die Mehrgenerationenhäuser „dauerhafte verlässliche Institutionen“ bleiben. Von Kommunen allerdings, die ohnehin unter wirtschaftlichen Problemen leiden, dürfe keine zusätzliche Hilfe erwartet werden.

SPD: Lebensbejahendes Engagement

Namens der SPD-Fraktion gab Ulla Groskurt zu bedenken, wie sehr durch ein Schließen der MGHs auch all diejenigen Aktiven frustriert würden, die sich bislang mit vielen Angeboten in die Arbeit der Häuser einbringen. Sowohl dieses Mitwirken als auch das Teilnehmen an den Angeboten der Mehrgenerationenhäuser bringe zum Beispiel viele alleinstehende ältere Menschen „zu lebensbejahendem Engagement“.

LINKE: Regierung lässt die Häuser im Unklaren

Der Erhalt der Mehrgenerationen sei eine ausgesprochen wichtige Aufgabe, deshalb müsse die Politik für ein dauerhaftes Fundament sorgen, forderte Patrick Humke, sozialpolitischer Sprecher der LINKEN-Fraktion. Das Nein der Regierungskoalition zum Antrag der Grünen kommentierte Hunke: Die Landesregierung lasse die Mehrgenerationenhäuser in Niedersachsen über ihre weitere Förderung im Unklaren. Landesweit seien in diesen Einrichtungen fast 500 Angebote im Programm. Niedersachsens Landesregierung verweise hinsichtlich der Finanzierung auf das „Werben um Drittmittel“. „Dieses Feld aber ist ausgereizt. Wir wollen nicht, dass die Einrichtungen in Konkurrenz zu lokalen Kultur- und Sportvereinen um die begrenzten Gelder kämpfen müssen“. Das führe zu einem Hauen und Stechen im Sozialsponsoring, befürchtet der LINKEN-Abgeordnete.

Bundesministerium will „Profil schärfen“

Nun hat Familienministerin Schröder zwar ein Folgeprogramm für die Häuser aufgelegt, doch der Blick darauf ist nicht ungetrübt, denn: Bisher war, um in Dannenberg zu bleiben, ein überaus weitgefächertes Angebot vorzufinden. Beispiele: Elternkurs und Handarbeiten, Englisch-Nachhilfe für Kinder, PC-Kurse für Senioren, Kleinkindbetreuung, Musizieren für Groß und Klein, Mittagstisch, Gymastik für Schlaganfall patienten, literarischen Kaffeeklatsch. Eben getreu dem Motto: für alle Generationen, für möglichst viele Menschen mit verschiedenen Interessen und Neigungen. Das neue Konzept aus Berlin jedoch setzt klare Schwerpunkte. Vor allem die Themen „Alter und Pflege“ sowie „Integration und Bildung“ sollen „das Profil der Mehrgenerationenhäuser schärfen“, schreibt Kristina Schröder. Zu den Schwerpunkten nennt ihr Papier einige Beispiele, darunter Beratung für Demenzkranke, Kooperation von Pflegestützpunkten, haushaltsnahe Dienstleistungen sowie eine „stärkere Vernetzung mit Seniorenbüros oder Jugendmigrationsdiensten“.

„Ausschreibungen“ vorgesehen

Diese und weitere Angebote, welche Mehrgenerationenhäuser leisten sollen, werden vom Bund im Zusammenhang mit künftigen Fördermitteln „ausgeschrieben“. So kündigte Niedersachsens Familienministerin Aygül Özkan (CDU) am Donnerstag im Landtag an, ohne detailliert auf die Ausschreibungen einzugehen. Also: Einfach einen „Folgeantrag“ ausfüllen, und weiter gibt’s alljährlich 40 000 Euro – das liegt nicht drin! Bevor sie Geld sehen, müssen sich die Häuser an den entsprechenden Ausschreibungen beteiligen. Erfolgreich, versteht sich. Nun sieht man im Dannenberger MGH weiteren Mitteilungen aus der Bundeshauptstadt und dem Gespräch mit Bund, Land und Kommunen am Dienstag in Berlin entgegen.

Foto: Hagen Jung / Bedenklich in die Zukunft des Mehrgenerationenhauses in Dannenberg schauen vom MGH-Team (von links): Leiterin Britta Fink, Oliver Eicke, Bärbel Lindnau und Elvira Rohde. Die Fördermittel von 40.000 Euro laufen Ende des Jahres aus. Neben diesem Geld bekommt das Haus pro Jahr 17.000 Euro von der kommunalen Ebene und weitere 10.000 Euro zum Beispiel aus Spenden und Beiträgen.




2011-01-21 ; von Hagen Jung (autor),

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