Immer mehr ältere Menschen, immer weniger Ärzte: ein Problem in Lüchow-Dannenberg. Wie es gelöst werden kann, wollten die Besucher einer CDU-Veranstaltung am Dienstag in Dannenberg von Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU)wissen. Auch Atomkraftgegner waren präsent: mit Fragen zum Thema "Castor und Krebs".
Grundsätzlich gebe es genug Ärzte im Niedersachsen, konstatierte die Ministerin, "aber die Verteilung ist nicht so, wie wir uns das wünschen". Die Bereitschaft junger Mediziner, in ländliche Regionen zu gehen, sei gering, besonders bei Frauen. Diese befürchteten, "auf dem Land" Familie und Beruf nicht in Einklang bringen zu können. Um dem zu begegnen, sollte in ländlich gelegenen Kliniken über mehr Flexibilität in puncto Arbeitszeit nachgedacht werden, regte Aygül Özkan an. Schichtwechsel müsse nicht um 6 Uhr früh sein, und auch Teilzeitarbeit könnte angeboten werden.
Nordkreis: Mediziner finden keine Nachfolger
In der Diskussion wurden spezielle Lüchow-Dannenberger Sorgen deutlich: Dirk Eylerts, Sprecher der Lüchow-Dannenberger Kassenärzte, erwähnte, dass im Nordkreis mehrere ältere Ärzte keine Nachfolger finden oder gefunden haben, und: Auch wegen der Gorleben-Problematik wollten sich junge Familien nicht unbedingt im Raum Gartow niederlassen. Gartows Bürgermeister Udo Maury vermisst gesetzliche Regelungen, die eine ausreichende ärztliche Versorgung des ländlichen Raumes sichern. "Da sollte die Politik was machen", rief er der Ministerin zu.
Auf Bundesebene, berichtete Aygül Özkan, würden Gespräche mit den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Frage geführt, wie sich ländliche Regionen für Ärzte attraktiver machen lassen - "vielleicht durch einen Bonus". Doch auch die Kommunen seien aufgerufen, Anreize für den Zuzug von Medizinern zu schaffen. Des Weiteren müssten bürokratische Hürden ausgeräumt werden, sollten im Ausland erworbene Qualifikationen von Ärzten mit Migrationshintergrund in Deutschland anerkannt werden.
Pflege bietet sichere Arbeitsplätze
"Pflege" war ein weiteres Thema des Diskussionsnachmittags. Es sei wichtig, so die Ministerin, die Attraktivität pflegerischer Berufe aufzuzeigen. Diese böten sichere Arbeitsplätze und jungen Menschen die Gewissheit, nach der Ausbildung übernommen zu werden.
Özkan will Meldepflicht für Krebs-Erkrankungen
Für die Atomkraftgegner wollte Kerstin Rudek, Vorsitzende der BI Umweltschutz, von Aygül Özkan wissen, warum es im Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen (EKN) keine Daten zur möglichen Häufung von Krebserkrankungen rund um die atomaren Anlagen in Gorleben gibt. Entsprechende Zahle, erwiderte die Ministerin, könne man nur ermitteln, wenn so gut wie alle Krebsfälle aus einer Region gemeldet würden. Das aber geschehe nicht in Lüchow-Dannenberg.
Das Kreisgebiet habe "die schlechteste Melderate in Niedersachsen". Das könne auch daran liegen, dass Patienten ihren Ärzten die für eine Meldung ans EKN notwendige Zustimmung versagen. Zudem seien Ärzte und Kliniken nicht verpflichtet, die Krebsfälle zu melden. Aber das solle sich ändern. Es sei ein Gesetz in Vorbereitung, dass eine Krebs-Meldepflicht beinhaltet. Künftig sollten auch "kleinräumige" Krebs-Erfassungen erfolgen, kündigte Özkan an, so zum Beispiel an Orten mit kerntechnischen Anlagen.
"Zusammenhang von Krebs und Atommüll nicht nachgewiesen"
Einen Tag vor dem Besuch von Aygül Özkan hatte die BI Umweltschutz einen Brief aus dem Sozialministerium bekommen, mit dem dieses auf schriftliche Fragen der Bürgerinitiative vom 6. Dezember 2010 (!) zum Thema Krebsregister antwortet. Die so späte Reaktion habe nichts mit ihrem Erscheinen in Dannenberg zu tun, bekräftigte die Ministerin.
Verspätet, aber dafür fünf Seiten lang ist das Schreiben aus Hannover, in dem das Ministerium feststellt: "Bisher gibt es keinen nachgewiesenen Kausalzusammenhang zwischen Krebsneuerkrankungen und der Nähe zu kerntechnischen Anlagen. Dies gilt für die Leukämiehäufigkeit in der Samtgemeinde Asse ebenso wie für die angesprochene Strahlenbelastung durch Atommülltransporte sowie durch die Lagerung von Atommüll".
"Eine Killerphrase", meint die BI Umweltschutz und gibt zu bedenken: Was nutzt es, wenn bei einer Krebs-Häufung am Ende wieder diese Phrase steht?
Foto: Hagen Jung/ Die Wendland-Sonne der Atomkraftgegner begleitete die Ministerin während der gesamten Veranstaltung