Trotz Dauerregens ließen sich rund 80 Menschen am Sonntag die Picknick-Laune nicht verderben. Am Nordufer des Gartower Sees hatten Einheimische und Flüchtlinge zum gemeinsamen Feiern eingeladen.
Wie symbolträchtig das Spiel der 4-jährigen Basima (Name geändert) mit einer Weltkugel war, die beinahe so groß war wie sie selbst, werden wohl nur die Erwachsenen verstehen, die wissen, wie schwer eine Flucht aus der Heimat in Syrien, Somalia, Elfenbeinküste oder Irak fällt. Teilweise Jahre dauernde Odysseen lagen hinter den Flüchtlingen, bevor sie in und um Gartow endlich zur Ruhe kommen konnten. Die gewaltigen Drachen Krieg, Verfolgung oder Hunger hatten sie aus ihrer Heimat vertrieben.
Über ein Jahr leben 43 Flüchtlinge nun schon in der Samtgemeinde Gartow - begleitet und betreut von über 40 Ehrenamtlichen, die sich um Alltagsprobleme, Sprachunterricht und ganz schlicht menschliche Kontakte kümmern. Manche, die damals angekommen waren, sind heute schon nicht mehr da - teils mussten sie in die sogenannten "sicheren Drittländer" zurückkehren, über die sie eingereist waren, teils wurden sie gar in ihre Heimatländer zurückgeschickt.
Die die bis jetzt hierbleiben durften, feierten nun gemeinsam mit Einheimischen am Sonntag die gut funktionierende Zusammenarbeit mit einem multikulturellen Picknick am Gartower See. Nicht zuletzt war es auch das Ende des Ramadan, den die muslimischen MitbürgerInnen feierten. Die zur Verfügung stehenden Tische waren prall gefüllt mit Köstlichkeiten aus vielen Ländern. Arabische Linsengerichte waren da ebenso zu genießen wie urdeutscher Kartoffel- oder Nudelsalat. Zubereitet und mitgebracht von Flüchtlingen ebenso wie zahlreichen Gartowern.
Zwei mit Holzkohle befeuerte Samoware lieferten außerdem fachgerecht zubereiteten Chai, der für Aufwärmung von Innen sorgte, denn das Wetter war den Feiernden nicht gerade hold. Erst am späteren Nachmittag ließ der Dauerregen nach, so dass auch der angrenzende Spielplatz von den Kindern erobert werden konnte. Doch dank der großzügigen überdachten Grillanlage am Seeufer konnte im Trockenen gefeiert werden.
Entspannt war die Atmosphäre und geprägt von einem familiären Miteinander. Organisiert hatte die Netzwerkgruppe Asyl, zu der neben über 40 Privatleuten auch Vertreter der Samtgemeinde Gartow gehören.
Während das Miteinander in und um Gartow offensichtlich hervorragend funktioniert, löste der Plan, womöglich in der ehemaligen Kaserne von Neu Tramm eine weitere zentrale Aufnahmestelle einzurichten, für Skepsis unter den aktiven HelferInnen. "Es muss sichergestellt sein, dass dort nicht eine Kasernierung stattfindet, die den Flüchtlingen nicht die Möglichkeit, ihre neue Umgebung wahrzunehmen," so Theda Kruse, Diakonin in der Evangelischen Kirchengemeinde Gartows. "Vor allem muss die medizinische Versorgung, soziale Betreuung und rechtliche Unterstützung gewährleistet sein."
Für die SPD-Bundestagsabgeordnete Hiltrud Lotze, die ebenfalls an dem Fest teilnahm, ist die Einrichtung einer zentralen Aufnahmestelle bei Neu Tramm in Ordnung, wenn die Strukturen "vernünftig" umgesetzt werden. Dazu gehört für sie medizinische Versorgung ebenso wie eine Bewachung des Geländes, um mögliche Übergriffe zu verhindern. Diese Gefahr sah im Wendland allerdings niemand als besonders groß an. Im Gegenteil, nicht nur Hiltrud Lotze zeigte sich beeindruckt, von der großen Hilfsbereitschaft im Landkreis - nicht nur in Gartow.
Aber Alltagsprobleme oder die große Politik spielten am Sonntag Nachmittag kaum eine Rolle. Es galt, den verregneten Sonntag mit einem kulinarischen Fest gemeinsam zu feiern. Und das gelang. Hervorragend. Unschwer zu erkennen an unbeschwert spielenden Kindern und munter miteinander plaudernden Erwachsenen vieler Länder.
Fotos / Angelika Blank: Groß und Klein, Einheimische und Zugewanderte, genossen den Picknicksonntag am Gartower See.