Wenige Stunden nach der Einfahrt der Castorbehälter in das Zwischenlager Gorleben verkündete das niedersächsische Umweltministerium die Genehmigung des Sofortvollzugs für das Erkundungsbergwerk Gorleben. Eine Mitteilung, durch die die wendländischen Atomkraftgegner sich verhöhnt fühlen. Am Sonntag trafen sich rund 500 von ihnen zu einer Kundgebung.
„Diese Genehmigung ist eine Verhöhnung unseres Widerstands und ein Nachtreten. Wir haben den Eindruck, das Bergamt hätte mit dieser Entscheidung auf der Lauer gelegen, um uns gleich nach dem längsten Castortransport aller Zeiten einen 'einzuschenken'“, empörte sich BI-Sprecher Wolfgang Ehmke unter lauten Buh-Rufen der rund 500 Anwesenden.
„Natürlich wird juristisch auch gegen den Sofortvollzug vorgegangen. Aber bis dahin müssen wir damit leben, dass im Gorlebener Salzstock weiter gearbeitet werden kann“, so Ehmke weiter.
Die Äußerungen von verschiedenen Politikern der letzten Tage, die auf den ersten Blick versöhnlich klangen, fanden keine Gnade vor Ehmkes Ohren. Das Angebot von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, auch in seinem Land mögliche Endlagerstandorte untersuchen zu lassen, ist für Ehmke „hohles Gerede“, da es in Hessen keinerlei möglicherweise geeignete Gesteinsformationen gibt. Und David McAllisters Vorstoß, womöglich nächstes Jahr den Castortransport nicht nach Gorleben rollen zu lassen, stößt ebenfalls auf tiefe Skepsis bei den Atomkraftgegnern.
„Und vor allem soll nicht vergessen werden, warum wir überhaupt gegen die Castortransporte demonstrieren. Wir stehen zur nationalen Verantwortung, in Deutschland produzierten Müll auch wieder zurücknehmen zu müssen“, so Ehmke. „Doch wer Gorleben als einzig möglichen Standort hält, wer Laufzeitverlängerungen beschließt, der darf sich nicht wundern, wenn hier weiter demonstriert wird.“
Ein Vertreter des Ermittlungsausschusses berichtete von rund 1000 Verletzten, die sich ihre Blessuren – zum größten Teil Reizungen wegen Gas- und Pfeffersprayeinsatz - hauptsächlich am Sonntag Morgen bei der umstrittenen Polizeieinsatz in Leitstade geholt hatten. „Teilweise fanden die Auseinandersetzungen mehr als 1000 m vom Sperrbereich entfernt statt“, kritisierte der EA-Vertreter den Polizeieinsatz.
Mit lautem Jubel wurde Hansi Zachow von der Bäuerlichen Notgemeinschaft begrüßt. Seine Worte „Ihr habt uns wahrscheinlich nicht gesehen, aber dafür gespürt“, lösten lautes Gelächter aus. ... Dass die Landwirte mit ihrem Protest nicht alleine waren und kaum, dass eine Aktion bekannt geworden war, massenhaft mit Essen, Trinken und warmen Decken versorgt worden sind, war für Zachow ein klares Zeichen, dass der Bauernprotest starken Rückhalt in der Bevölkerung hat.
Propst Stefan Wichert von Holten verlas eine bisher ungehaltene Rede des Landesbischofs Hans-Hermann Jantzen, in der jener feststellte, dass erneut „viel Vertrauen verspielt wurde“. „Weder von der rot-grünen Regierung noch von der aktuellen Koalition wurden entscheidende Schritte in Richtung vergleichende Standortsuche geschafft. Die einzigen, die sich bewegt haben, waren die Initiativen. Zum Beispiel hat der Umgang mit der Asse das Vertrauen der Bürger in Politik stark erschüttert“, zitierte der Probst aus der bischöflichen Rede. Außerdem hätten Absprachen zwischen Politik und Wirtschaft sowie die Einbeziehung von hochrangigen Vertretern der Energiewirtschaft in Regierungsentscheidungen den Eindruck genährt, Politik sei käuflich. „Taten müssen jetzt folgen“, so der Bischof weiter. „Gorleben muss als Endlagerstandort aufgegeben werden, die Laufzeitverlängerungen müssen zurückgenommen und es muss endlich in eine alternative Standortsuche eingestiegen werden.“
Mit einem „Spaziergang“ um den sogenannten „Schwarzbau“ beendeten die wendländischen Atomkraftgegner dann am Nachmittag ihre Kundgebung.
Foto: Gerhard Ziegler