CDU-Grillabende gehören nicht unbedingt zu den spannendsten Events, die die Region zu bieten hat. Doch Gartows Ortsvereins-Vorsitzender Dr. Matthias Herbst sorgte beim CDU-Grillfest für einen handfesten Skandal: in seiner Rede verglich die gelben Gorleben-Kreuze mit Symbolen aus der Nazizeit.
Wie die Elbe-Jeetzel-Zeitung am Montag berichtete, hatte Herbst während des Gartower CDU-Grillfestes am Freitag Abend in Anwesenheit der CDU- Landtagsabgeordneten Karin Bertholdes-Sandrock und des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer, dem Nachfolger des Bundesumweltministers Altmaier in seiner Rede erklärt: "Meine Mutter hat immer gesagt, "solche Kreuze gab es schon mal, nur in anderer Farbe." Gemeint waren die gelben Kreuze, die seit Jahrzehnten als Symbol des Widerstands gegen die Gorlebener Atomanlagen gelten.
"Wir erwarten eine umgehende Distanzierung und Entschuldigung von der CDU-Kreisspitze und auch des Parlamentarischen Geschäftsführers Grosse-Brömer, der sich nicht zu dem Nazi-Vergleich äußern wollte", fordert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Es sei ungeheuerlich, dass sich Berholdes-Sandrock und Grosse-Brömer nicht unmittelbar und klar von der verbalen Entgleisung des Gartower CDU-Chefs distanziert hätten, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Die BI erinnert daran, dass gerade der CDU-Ortsverein Gartow verhindert hat, dass sich die Christdemokraten von der strikten Pro-Gorleben-Linie verabschiedeten:"Die Partei hat jetzt ein doppeltes Problem, sie isoliert sich in der Gorleben-Frage sogar von den Beschlüssen auf Landes- und Bundesebene, weil sie am weiteren Ausbau Gorlebens festhält, und sie isoliert sich in Fragen des politischen Miteinander", so die BI in einer Mitteilung.
UPDATE: Grüne fordern Rücktritt von CDU-Politiker Dr.Herbst
Die grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte und die beiden Mitglieder im Samtgemeinderat Gartow Asta von Oppen und Matthias Gallei zeigen sich angesichts des Nazi-Vergleichs des Vorsitzenden der Gartower CDU Dr.Matthias Herbst entrüstet. "Wir sind entsetzt. Diese Äußerung ist aufs Schärfte zu verurteilen. Eine solche Geschichtsvergessenheit ist erschreckend."
Insbesondere die Tatsache, dass Dr.Herbst sich auf Nachfrage von dem unstrittenen Zitat nicht distanziert habe, bestätige den Eindruck, dass es sich nicht nur um eine versehentliche verbale Entgleisung gehandelt habe. "Da dieser Vergleich von Castor-Xen und Hakenkreuzen keine spontane Eingebung von Dr.Herbst gewesen zu sein scheint, führt nichts an einem Rücktritt des CDU-Vorsitzenden vorbei," so die Grünen einhellig.
In einem Brief an die Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Karin Bertholdes-Sandrock und den Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer äußert Staudte ihr Missfallen darüber, dass beide die Äußerungen unkommentiert haben stehen lassen. "Von demokratischen Landes- und Bundestagsabgeordneten erwarte ich mehr Rückrat." Ein öffentliche Distanzierung sei überfällig.
Herbst: Nicht so gemeint gewesen
Doch auch Parteifreunde von Dr. Herbst sind nicht erfreut über den Ausrutscher des Ortsvereinsvorsitzenden. Viele aus dem Ortsverein, aber auch Kreisvorsitzende Karin Bertholdes-Sandrock waren entweder am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen oder mochten sich zu dem Thema nicht äußern.
Christian Carmienke, CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag hält den Vergleich für "unglücklich gewählt". "Dr. Herbst hat das mit Sicherheit so nicht gemeint," so Carmienke auf wnet-Nachfrage. "Die Union, so wie ich sie kenne, wird sich von derart verbal-radikalen Äußerungen mit Sicherheit distanzieren, sollten sie denn tatsächlich so gemeint gewesen sein."
Auf wnet-Nachfrage ruderte Ortsvereinsvorsitzender Dr. Herbst denn auch zurück: "Das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen worden. Ich habe mich eigentlich nur gefreut, dass der Kreistag sich fraktionsübergreifend für die Aufnahme von Zukunftsverhandlungen entschieden hat," so Herbst. "Denn wir haben hier mehr Probleme als nur das Thema Gorleben. Dabei habe ich an Zeiten erinnert, in denen die Fokussierung auf ein Symbol sich gefährlich ausgewirkt hat." Diese "Fokussierung auf ein Symbol" sieht Herbst in den Gorleben-Kreuzen. Durch das Hin und Her in Sachen Atompolitik sei lt. Herbst erneut "eine Radikalisierung in den Beziehungen zwischen Gorlebengegnern und -befürwortern" eingetreten, die er nicht für förderlich halte.
Der CDU-Vorsitzende im Samtgemeinde-Rat Ulrich Flöter war auf dem Grillfest selber nicht anwesend und kann deswegen die Äußerungen seines Ortsvereinsvorsitzenden nicht aus eigener Anschauung kommentieren. "Bisher hat sich zwar noch kein CDU-Ortsvereinsmitglied bei mir gemeldet," so Flöter. "Ich kann mir aber gut vorstellen, dass dieser Vorfall auf der nächsten CDU-Versammlung noch einmal Thema werden wird."
Foto: pols-cdu.de ... Dr. Matthias Herbst (li.) beim Seefest Gartow 2009 mit den CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols (re.) und Dr. Maria Flachsbarth sowie Karin Bertholdes-Sandrock (MdL).