Nach monatelangem Zögern, Zaudern und großen Zweifeln hat der Kreistag am Montag einem Kauf von Gebäuden und Gelände der ehemaligen Kaserne in Neu Tramm zugestimmt - aber mit schwierig zu erfüllenden Vorgaben.
Der Kreistag hat am Montag beschlossen, dass der Landkreis Gebäude und Gelände auf dem ehemaligen Kasernengelände in Neu Tramm kaufen soll. Die Vorgaben sind aber so komplex, dass fraglich ist, ob der Kauf wirklich stattfinden wird. Mindestens wird es langwierige Verhandlungen geben.
Nach derzeitigem Stand beträgt der Kaufpreis 17 Millionen Euro. Dafür muss der Landkreis einen Kredit aufnehmen, der - bei einer 25-jährigen Laufzeit - mit jährlich rund 1,3 Millionen Euro zurückzuzahlen ist.
Während einige Abgeordnete wegen der Unterbringungsnot vehement für einen Ankauf von "Neu Tramm" plädierten - und immer wieder die Nutzung von weiteren Turnhallen als Drohkulisse aufbauten, ging es anderen Abgeordneten hauptsächlich um eine ungeklärte Finanzierung des Projektes. Kritisiert wurde außerdem, dass der Zustand der "ÜFest" (in der 2015 bereits Geflüchtete untergebracht waren), von der Verwaltung als so marode abgetan wurde, dass man sich gar nicht erst mit dieser Option beschäftigt hatte.
In der Sitzung ruderte die Landrätin zurück. Nachdem sie den Abgeordneten kurz vor dem Kreistag noch einmal eine Mail mit Argumenten gegen die ÜFest geschickt hatte, teilte sie nun mit, dass sie am Montag der Verwaltung den Auftrag gegeben habe, mit den Eigentümern der ÜFest über einen Mietvertrag zu verhandeln.
Letztendlich wurde der zur Sitzung eingebrachte Antrag zwischen den Fraktionsvorsitzenden und der Landrätin noch einmal diskutiert und eine abgeänderte Version vorgelegt. Doch auch diese überstand eine Stunde nicht. Dann wurde sie noch einmal abgeändert. Letztendlich wurde der insgesamt dritten Version einer Beschlussvorlage nach mittlerweile fünf Stunden Kreistagssitzung - und mehreren Unterbrechungen - mit knapper Mehrheit zugestimmt. Allerdings mit schwierigen Vorgaben.
- Der Landkreis soll den Kaufpreis nachverhandeln. Außerdem soll der Verkäufer die Gebäude in funktionstüchtigem Zustand übergeben. Wasser, Abwasser und Heizungssystem müssen funktionstüchtig und betriebsbereit sein.
- Der Mietvertrag mit dem Land muss so ausgestaltet sein, dass der Landkreis in den nächsten 10 Jahren nicht mit einem Fehlbetrag belastet wird.
Beides Vorgaben, die geschicktes Verhandeln erfordern. Von dem Verkäufer ist bekannt, dass er gnadenlos pokert, wenn es um Kaufpreis und -bedingungen geht. Auch die Vorgabe des Kreistags: "Der Mietvertrag mit dem Land muss so ausgestaltet sein, dass der Landkreis in den nächsten 10 Jahren nicht mit einem Fehlbetrag belastet wird," muss wohl intensiv verhandelt werden. Das zuständige Ministerium hatte letzten Freitag in einer Mail deutlich gemacht, dass es weder eine Einigung über den Mietpreis gibt (dieser muss vom Landesliegenschaftsfonds genehmigt werden), noch darüber, wer die Kosten für die Ertüchtigung der Gebäude übernimmt. Nach Ansicht des Ministeriums sind solche Kosten "klassischerweise vom Vermieter einer Liegenschaft zu tragen". Wenn das Land Herrichtungskosten übernehme, dann würde das den Mietpreis deutlich mindern.
Angesichts der Auflage des Kreistags, dass ein Mobilitätskonzept zu erstellen sei, ist es außerdem von Bedeutung, dass das Land in der gleichen Mail eindeutig ablehnt, Kosten für die Anbindung des Geländes an den ÖPNV zu übernehmen.
Ein nachhaltiges Modellvorhaben für Wohnen und Arbeiten
In dem Gebäudekomplex soll nach den Vorstellungen der Kreistagsabgeordneten vorrangig ein "zukunftsweisendes Konzept zu einem nachhaltigen Modellvorhaben für Wohnen und Arbeiten nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten" umgesetzt werden.
Die Finanzierung hierfür - und für den Erwerb - soll aus Landesmitteln erfolgen, die in einem früheren Gutachten als "Kompensationszahlungen für die Auswirkungen des Ausstiegs aus der Entsorgungswirtschaft" festgeschrieben sind. Dabei soll es sich um 10 Millionen DM jährlich handeln. Um diese Gelder soll der Landkreis sich bemühen.
Wichtig war nicht nur der SOLI, dass das Gelände nur im Notfall und nur für einen begrenzten Zeitraum für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt wird. Dafür ist ein Schutz-, Mobilitäts- und Gesundheitskonzept vorzuhalten. Geflüchtete sollen möglichst dezentral untergebracht werden. Außerdem soll die Verwaltung ein Konstrukt für eine kreiseigene kommunale Wohnungsbaugesellshaft ausgestalten.
Die Verhandlungen mit den Eigentümern der ÜFest wurden der Verwaltung ebenfalls als Voraussetzung für den Kauf aufgegeben.
PS: Die Kreisverwaltung erwartet bis März 2023 aus der aktuellen Zuweisungsquote 456 geflüchtete Menschen, die untergebracht werden müssen. Außerdem sei aktuell davon auszugehen, dass ab April bis September 2023 weitere 456 Menschen dem Landkreis zugewiesen werden. Ob beide oder auch nur eine der beiden Immobilien vor März zur Verfügung stehen, bleibt fraglich.
Quelle: wendland-archiv.de: Eines der zahlreichen Gebäude auf dem weitläufigen Gelände