Mit einem vierstündigen Auftakt-Workshop stellten sich die neuen Tourismusvermarkter der Compass GmbH aus Köln nicht nur vor, sondern begannen gleich einen intensiven Austausch mit über 140 Aktiven aus dem touristischen Bereich.
Schon die Einladungskultur für die Auftaktveranstaltung lässt auf frischen Wind in der Tourismus-Vermarktung des Landkreises hoffen: an den Tischen saßen nicht nur offizielle Funktionäre wie Bürgermeister, Regionalmanager oder Verbandsvertreter - ausdrücklich eingeladen waren all die vielen Anbieter, die im touristischen Bereich aktiv sind.
Und diese kamen zu Hauf. Letztendlich fanden sich über 140 Aktive - Übernachtungsbetriebe ebenso wie Kulturschaffende, Tourenanbieter, Naturschützer oder nachhaltig wirtschaftende Betriebe - im Lüchower Kraftwerk ein. Alle einte die Hoffnung, dass es nach der Übernahme durch die Compass GmbH mit der touristischen Vermarktung des Landkreises endlich aufwärts geht. Lediglich die Gastronomie glänzte durch weitestgehende Abwesenheit: nur acht der zahlreichen Gastronomiebetriebe im Landkreis nahmen an der Diskussion in Lüchow teil.
Was war und was ist ...
Mit einer Zusammenstellung von Bildern zeigte das Compass-Team zunächst, wie es die Region nach einer erster Recherche wahrnimmt: als eine naturnahe Region mit viel "sozialem Einfallsreichtum", die neben Idylle, Baukultur und Kreativität viel zu bieten hat. "Das Potenzial ist gigantisch groß," begeisterte sich Karsten Palme, Chef des Compass-Teams. "Daraus kann man im Marketing wesentlich mehr machen."
Konkrete Konzepte sollen zwar in den nächsten Monaten erst gemeinsam mit den Akteuren entwickelt werden, aber eines ist jetzt schon klar: die Möglichkeiten der Onlinemedien wird Compass wesentlich stärker einsetzen als dies bisher geschehen ist. Mit einem Mix aus Internetauftritt, konkreten Kampagnen bzw. Projekten sollen vor allen die sozialen Medien intensiv genutzt werden. So war bereits zum Auftaktworkshop ein Twitter-Account eingerichtet worden (#LD2020 ), auf dem schon während der Veranstaltung die ersten Posts und Fotos zu finden waren. Auch Kommentare von Teilnehmern waren nach der Veranstaltung dort zu finden. Für Profis im Marketinggewerbe eine Selbstverständlichkeit. Für Lüchow-Dannenberg jedoch ein Novum.... und was werden soll
Anders als bisher sollen diejenigen, die das Tourismusmarketing am meisten angeht, (die Übernachtungsbetriebe, die Betreiber von Sport- und Wellnessangeboten, die Kulturschaffenden und last but not least die gastronomischen Betriebe), in die Entwicklung konkreter Marketingmaßnahmen viel stärker als bisher eingebunden werden. "Die Umsetzung übernehmen dann wir,"aber wir brauchen Ihr Input, denn wir wollen keine von oben aufgesetzten Konzepte umsetzen," ermunterte Palme die Anwesenden, sich zu engagieren.
Konsequenterweise gab es dann nach einem kurzen Grußwort von Landrat Jürgen Schulz und der Vorstellung der Compass keine weiteren Vorträge. Die Anwesenden waren aufgerufen, sich in vierzehn Arbeitsgruppen Gedanken darüber zu machen, welche Ideen und Vorstellungen sie haben und wie diese umgesetzt werden könnten. Viel Raum für wendlandtypisches Meckern und Jammern gab es dabei nicht. Im Gegenteil: in einem straffen Zeitrahmen wurden zunächst Projektideen gesammelt, die erst in der zweiten und dritten Runde einem Realitätscheck unterzogen werden sollten.
Als Oberthemen der Arbeitsgruppen waren Konzepte für die Bündelung und Vermarktung regionaler Produkte ebenso gefragt wie Ideen für Familienurlaub, Outdooraktivitäten oder Kulturtourismus. Drei Stunden lang wurde dann an den Tischen intensiv überlegt, welche Ideen und Anregungen man Compass mit auf den Weg geben wollte.
So entstand ein bunter Strauß an Ideen, Anregungen, aber auch konkreten Projektvorschlägen, die die Compass GmbH in den nächsten Monaten auswerten und mit in die Konzeptentwicklung für das Marketing aufnehmen will. Immer wieder tauchte in den Ergebnisvorstellungen der dringende Wunsch auf, endlich das Kirchturmdenken zu begraben und zu einer gemeinsamen Vermarktungsplattform und einer einheitlichen Dachmarke zu finden.
Und auch ansonsten sprudelten die Ideen aus den verschiedenen Themengruppen. Während z. B. Barbara Kenner (Kenners Landlust) unzählige Ideen für Themenorientierte Touren mit (u.a.) kulinarischen Erlebnissen vorstellte, plädierte Lüchows Regionalmanagerin Susanne Kamien dafür, das Thema "Gorleben" in die Tourismusvermarktung aufzunehmen. Der Wiederaufbau des Hüttendorfs 1004 oder die Touristen an dem Erlebnis einer Sitzblockade teilhaben zu lassen, waren nur einige ihrer Ideen rund um "Gorleben."
ZERO-Macher Helmut Koch brachte aus der Kultur-Arbeitsgruppe die drängende Bitte mit, die Aktivitäten der Kulturellen Landpartie intensiver in die touristische Vermarktung zu integrieren, sie "nicht am Rande liegen zu lassen", sondern das starke kreative Pfund der Region stärker zu nutzen.
UPDATE/Ergänzung: Helmut Koch legt Wert auf d ie Feststellung, dass er nicht die „Förderung der KLP“ verlangt hatte. Er habe vielmehr die Wichtigkeit der Wahrnehmung von Kunst und Kultur außerhalb der KLP, durch Politik, Verwaltung und Marketing hervorgehoben.
Sowohl den Gorleben-Widerstand als auch die Aktivitäten der Kulturellen Landpartie hatte die Compass GmbH übrigens schon in ihrer "Wahrnehmung der Region" als Attraktionen mit aufgenommen.
Was ändert sich mit Compass?Schon im vergangenen Jahr hatte der Landkreis damit begonnen, die bisherigen Tourismus-Strukturen zu verändern: die Touristinformationen wurden an die Samtgemeinden übertragen und die Elbtalaue-Wendland Touristik GmbH zum Ende des Jahres aufgelöst.
Die Informationsstellen in Gartow, Lüchow und Hitzacker sollen nun die "touristische Basisarbeit" gewährleisten, eigene Projekte entwickeln und gegebenenfalls umsetzen sowie Angebote für Touristen aus ihrem eigenen Bereich zusammenstellen.
Die übergreifenden Strategien und die Umsetzung von Marketingmaßnahmen für die ganze Region wird die Compass GmbH übernehmen. Zwar werden die konkrete Konzepte erst in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Akteuren weiter entwickelt, aber Compass kündigte jetzt schon an, dass Betriebsberatung, Fördermittelakquise und Marketing in sozialen Medien auf jeden Fall zu ihren Aufgaben gehören werden. Darüber hinaus will das Marketingunternehmen die "Destination" und die Erkennungsmarke (weiter) entwickeln und - bisher so gut wie gar nicht erfolgt - Marktforschung betreiben.
Dabei wollen sie das Rad nicht neu erfinden, sondern auf bisherigen Erfahrungen aufbauen, Erfolgsprojekte weiterführen und andere fallen lassen. Dabei steht unter anderem das bisher genutzte Buchungssystem zur Überprüfung an. "Wir werden evaluieren, ob es Alternativen gibt, mit denen sich das Ziel, möglichst viele Buchungen zu organisieren, womöglich optimaler erreichen lässt," kündigte Palme an. Bis auf Weiteres können die MitarbeiterInnen der Informationsstellen aber mit dem gewohnten System weiterarbeiten.
Des weiteren sollen neue Partner wie Reisebüros oder Busunternehmen gefunden und Internet und Onlinemarketing ausgebaut werden. Erste konkrete Kampagnen sind für Juni geplant.
Um die interne Kommunikation zu befördern, sollen in den nächsten drei Jahren mehrere Workshops stattfinden, zu denen ausdrücklich die touristischen Anbieter eingeladen sind. Die Orientierung auf die Anbieter soll sich auch in der Besetzung des Fachbeirats spiegeln, der zu 50% aus Akteuren bestehen soll und nicht mehr wie bisher aus Verwaltungsvertretern.
In der Praxis sollen/können sich die Anbieter an Werbemaßnahmen direkt beteiligen oder Ideen für die Vermarktung oder gemeinsame Maßnahmen einbringen - ganz nach dem Motto "mit einem großen Topf kann man mehr erreichen als mit einem kleinen".
Reaktionen
In ersten Reaktionen äußerten sich verschiedene Teilnehmer sehr positiv über den Auftritt der Compass GmbH. In der abschließenden offenen Runde wurden denn auch hauptsächlich Probleme aus der Vergangenheit angesprochen - wie zum Beispiel nicht weitergeleitete Buchungsanfragen oder die wenig erfolgreiche überregionale Darstellung der Region.
Die Frage nach dem zur Verfügung stehenden Budget ließ allerdings ahnen, dass es noch zusätzliche Gelder braucht, um "bahnbrechende Projekte" tatsächlich umzusetzen: für drei Jahre stehen der Compass GmbH magere 450 000 Euro zur Verfügung - wobei für die Teilnehmer des Workshops unklar blieb, wieviel davon allein für Personalmittel gebraucht werden und wieviel für die Umsetzung von Marketingmaßnahmen eingesetzt werden kann.
Foto / Compass AG: Über 140 touristische Akteure beschäftigten sich am Donnerstag Nachmittag intensiv mit der Vermarktung der Region.