Seit dem letzten Besuch vor einigen Wochen hat sich in den Notunterkünften im Landkreis Einiges getan. Davon konnte sich die EU-Abgeordnete Rebecca Harms am Montag bei einem neuerlichen Besuch überzeugen.
Beim ersten Besuch vor einigen Wochen war die Stimmung in den Notunterkünften noch sehr geprägt von den langen Wartezeiten auf Registrierung und Antragsannahme. Unruhe herrschte in den Camps und immer wieder die dringende Bitte, die Verfahren zu beschleunigen.
Inzwischen, so erfuhr die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, sind alle Bewohner der Unterkünfte registriert, viele der damaligen Bewohner sind inzwischen in andere Kommunen zugewiesen worden. Die Tatsache, dass seit rund zwei Wochen Mitarbeiter der Landesaufnahmebehörde (LAB) Registrierungen im Dannenberger Camp vornehmen, entspannt auch die Campleiter der Region. "Wir sind jetzt in der glücklichen Lage, dass Neuankommende innerhalb weniger Tage registriert werden," so Susanne Rust, Leiterin der Notunterkunft in Woltersdorf.
Bisher mussten die Flüchtlinge mit der ganzen Familie per Bus bis nach Soltau-Fallingbostel gebracht werden, um dort registriert zu werden und ihr Taschengeld in Empfang zu nehmen. "Bei der Rückkehr waren vor allem die Kinder oft so erschöpft, dass sie auf dem Boden des Busses eingeschlafen waren," berichtete Rust.
Untergebracht sind die rund zwei Dutzend Mitarbeiter der LAB im Camp Dannenberg. Über diesen "Zuzug" sind die Campleiter in Dannenberg naturgemäß besonders froh. Hier können die Flüchtlinge sogar beinahe taggenau registriert werden.
Bei den Gesprächen in den Camps Woltersdorf und Dannenberg war denn auch spürbar, dass sich die Stimmung seit dem letzten Besuch deutlich entspannt hatte. In Woltersdorf gibt es nach dem Bericht von Campleiterin Susanne Rust inzwischen eine gut funktionierende Selbstverwaltung der Flüchtlinge. Reinigung, Verwaltung der Waschküche und andere alltägliche Tätigkeiten sind unter den Flüchtlingen aufgeteilt. Ärzte unter den Flüchtlingen helfen bei der Gesundheitsversorgung und Sprecher der verschiedenen Nationalitäten sorgen für Informationsaustausch zwischen Campleitung und Bewohnern. Eine Nähwerkstatt ergänzt seit kurzem die Beschäftigungsmöglichkeiten.
Spielgeräte und Sportangebote sorgen in beiden Camps für Bewegung und Beschäftigung, wobei sich besonders in Woltersdorf Fußballbegeisterung unter den männlichen Bewohnern ausgebreitet hat. "Ein Kleinbus für den Transport zum Woltersdorfer Sportplatz reichte ganz schnell nicht mehr aus," so Susanne Rust. Dank des Sponsorings eines Lüchower Busunternehmens werden die Fußballfans nun im 50er-Bus zum Sportplatz gefahren. Zum Fußballglück fehlen jetzt in Woltersdorf noch Fußballtore ...
Tägliches Brot der Sozialarbeiter ist aber in beiden Camps, immer wieder Gerüchten entgegenzutreten, dass die Flüchtlinge nach ihrem Aufenthalt in den Notunterkünften in eigene Wohnungen oder gar Häuser umziehen können. Die Realität in anderen Kommunen sieht oft anders aus: Gerade in den Ballungszentren stehen für die Unterbringung oft nur Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung, die kaum mehr Komfort bieten als die Notunterkünfte.
Auch in Dannenberg ist Entspannung spürbar
Auch in Dannenberg hat sich die Stimmung deutlich entspannt, seit die Registrierungen - und auch die Zuweisungen - in Gang gekommen sind. Für Unruhe sorgt jetzt allerdings die Intransparenz des Verfahrens. "Für die Flüchtlinge ist es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Reihenfolge der Registrierungen und vor allem die Zuweisung in andere Kommunen festgelegt werden," kritisierte Dannenbergs Campleiter Nikolai Panke das Verfahren des LAB.
Die Tatsache, dass in Dannenberg derzeit nur noch 610 Bewohner leben (statt vorher knapp 800) trägt laut Campleiter Panke auch zur Entspannung bei. Panke dementierte bei der Gelegenheit Meldungen lokaler Medien, dass das Camp Dannenberg demnächst deutlich erweitert würde. "Das ist Quatsch!," so Panke am Montag. Im Moment sei es sogar so, dass die LAB wesentlich weniger Flüchtlinge schicke als ursprünglich angekündigt.
Die Ermöglichung von Schulbesuchen auch für Bewohner der Notunterkünfte war ein weiteres großes Thema bei dem Informationsgespräch in Dannenberg, an dem auch Stadt-Bürgermeisterin Elke Mundhenk und Samtgemeinde-Bürgermeister Jürgen Meyer teilnahmen.
Die geplante Beschränkung des Familiennachzugs macht die Flüchtlinge allerdings immer noch sehr unruhig. So mancher habe ein schlechtes Gewissen, weil seine Familie immer noch in Gefahr leben müsse, während es ihm hier vergleichsweise gut gehe, berichteten die Campleiter.
Und: es stellte sich heraus, dass nicht wenige Flüchtlinge ihre Flucht mit Krediten finanziert haben, deren Rückzahlung von den Kreditgebern auch über die weite Distanz teilweise recht massiv eingefordert werden. Gerade bei denen, deren Familien noch in den Herkunftsländern leben, löst das immensen Druck aus, da sie davon ausgegangen waren, wesentlich schneller Geld verdienen zu können. "Teilweise sorgt das bei den Flüchtlingen für so große Verzweiflung, dass manche sich sogar umbringen wollten," berichtete Susanne Rust. Außerdem machten sich inzwischen bei verschiedenen Flüchtlingen Folgen von Traumatisierungen bemerkbar. Mehrfach musste schon die Unterstützung der Psychiatrie in Uelzen in Anspruch genommen werden.
Persönliche Probleme kann auch eine EU-Politikerin nicht lösen. Aber die politischen Fragen will Harms mitnehmen, um sie bei nächster Gelegenheit bei ihren Gesprächen mit der Landesregierung anzusprechen.
Trotz aller Sorgen und Probleme bereiten sich die Flüchtlinge in Woltersdorf seit Tagen auf Weihnachten vor, proben ein Theaterstück und verschiedene Tänze, um dann Heiligabend in der "ÜFEst" ein großes Fest feiern zu können.
Foto / Angelika Blank: die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, Rebecca Harms (re), informierte sich am Montag in den Notunterkünften in Woltersdorf und Dannenberg über die aktuellen Sorgen und Probleme.