Thema: stromwechsel

Stromwechsel nicht einfach!

In den vergangenen fünf Monaten sind im gesamten Landkreis Lüchow-Dannenberg 278 Haushalte zu den drei Ökostromanbietern Elektrizitätswerke Schönau (EWS), Lichtblick und Greenpeace energy gewechselt. Gemessen an der Gesamtzahl der 22 000 Haushalte in Lüchow-Dannenberg kann also eine Steigerung von 4,01 Prozent auf 5,28 Prozent Ökostrom-Bezieher verzeichnet werden (übriges EON-avacon-Gebiet rund 3 Prozent).

Schmeichelhafter wird das Ergebnis, drückt man die Steigerung der März-Zahlen gegenüber der letzten Erhebung im Oktober 2006 aus: ein sattes Plus von 31,5 Prozent Ökowechslern im Landkreis. Bei den Samtgemeinden hat die SG Elbtalaue mit einem Plus von 52 Prozent die Nase vorn. Dies hat sie insbesondere der Gemeinde Hitzacker zu verdanken, in der sich die Zahl der Ökowechsler im genannten Zeitraum mehr als verdoppelt hat (115 Prozent). Auch in den Gemeinden Damnatz, Karwitz, Zernien, Gorleben, Lübbow und Trebel konnten über 50 Prozent mehr Ökowechsler gewonnen werden, alles gemessen an den Zahlen von Oktober 2006.

Daß Zahlen lügen können oder zumindest die Welt nur so darstellen, wie diejenigen es gerne hätten, die sie benutzen, beweist am eindrucksvollsten die „Atommüllgemeinde“ Gorleben. In dem Elbdorf hat sich die Zahl der Ökowechsler glatt verdoppelt! Allerdings auf niedrigstem Niveau: von 2 auf 4 Haushalte. Man kann also am Stammtisch immer noch frei nach Robert Lembke das heitere Rätselraten spielen, welches „Schweinderl“ – außer Fischer Köthke – wohl noch zu einem Ökostromversorger gewechselt sein könnte. Im Gegensatz zu Neu Darchau: Dort hat die Übersichtlichkeit ein Ende gefunden, denn die Steigerung gegenüber der Erhebung im Oktober 2006 läßt sich in Prozentzahlen schon gar nicht mehr mathematisch korrekt ausdrücken: Von 0 auf 21!

Bleibt für viele Leser noch die entscheidende Frage: Warum sind hier nur die Wechsler zu den drei Öko-Strom-Anbietern Elektrizitätswerke Schönau (EWS), Lichtblick und Greenpeace energy erfaßt? Sie mögen einwenden, daß es doch auch noch andere Öko-Stromer und die Öko-Tarife der großen Energieversorger gibt!

Doch: Wo „Öko“ draufsteht, ist nicht immer auch „Öko“ drin! Wer die Energieversorgung weg von Atom- und Kohlekraftwerken hin zu regenerativen Energiequellen durch sein Verbraucherverhalten beeinflussen möchte, darf denjenigen kein Geld geben, die zentrale Großkraftwerke, eben auch Atomkraftwerke, betreiben oder direkt mit Atomkraftwerksbetreibern verbunden sind. Beispiel: E.ON verkauft unter dem Label „Öko“ Strom aus Wasserkraftwerken, die zum Teil schon in den 1920er Jahren gebaut wurden. Wer diesen Strom kauft, ändert nichts am Status Quo der zentralen, dreckigen Energieversorgung, sondern gibt gleichzeitig noch dem größten deutschen Atomkraftwerksbetreiber sein Geld, der Gorleben zur Atommüllkippe der Nation machen möchte.

Die empfohlenen drei Ökostromversorger haben sich verpflichtet, einen Teil des Kundenentgeltes in neue, regenerative Anlagen zu investieren: in Windräder, Sonnnenkollektoren etc. Die von diesen Anlagen neu produzierte Energie braucht dann automatisch nicht mehr von den großen, dreckigen Atom- oder Kohlekraftwerken bereitgestellt zu werden. Schmutzige Energie wird auf diese Weise vom Markt gedrängt.

Die Kriterien für einen vertrauenswürdigen Stromanbieter lauten also:

1. Keine wirtschaftliche Verflechtung oder Abhängigkeit mit/von den großen Energiemonopolisten E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW, denn wir finanzieren den Super-GAU nicht auch noch mit unserem Geld als Stromkunden.

2. Neubauverpflichtung von Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energie, weil wir wollen, daß sich auf dem Energiemarkt etwas bewegt und große Atom- und Kohlekraftwerke sukzessive durch regenerative Energie ersetzt werden können.

Was dieses Engagement auf dem Energiemarkt bewegt, läßt sich am besten wieder mit Zahlen veranschaulichen. Wenn wir das durchschnittliche Stromgeld eines Haushaltes der Einfachheit halber mit 1000 Euro pro Jahr (also rund 80 Euro im Monat) beziffern, bedeutet dies, daß allein im Landkreis Lüchow-Dannenberg nun pro Jahr 1 161 000,- Euro nicht mehr in die Kasse eines Atomkraftwerksbetreibers fließen, sondern dorthin, wo unser Geld dazu benutzt wird, mit regenerativen Anlagen dreckige Energie vom Markt zu drängen.

Selbst mit der immer noch geringen 5-Prozent-Wechselquote bewegen wir also schon einen Millionenbetrag. Und das sollte sich doch noch steigern lassen, oder? So weit, daß auf der nächsten Castordemo wieder erhobenen Hauptes Ortsschilder der eigenen Gemeinde hochgehalten werden können, ohne daß das gesamte Kaff seinen Strom direkt beim AKW-Betreiber kauft. Die hundertprozentige Versorgung aller Haushalte mit Öko-Strom ist für Lüchow oder Dannenberg und für beide zusammen wohl nicht machbar! Aber was ist mit Redemoißel? Oder Wedderien? Oder Plumbohm? Oder...? Wer gute Nachrichten aus seiner Gemeinde oder seinem Dorf vermelden kann, wird bei der nächsten „Volksstromzählung“ im Oktober 2007 gesondert erwähnt.




2007-05-01 ; von Mathias Edler (autor),

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