Monatelang war unklar, ob die Elbfähre Lenzen - Pevestorf zum Ende des Jahres stillgelegt werden muss. Doch nun hat die Elbquerung wieder eine Zukunft: ab 5. Januar übernimmt das Amt Lenzen.
Seit 26 Jahren, genauer gesagt, seit der Grenzöffnung fährt Erich Butchereit seine Fähre "Westprignitz" unermüdlich zwichen Pevestorf und Lenzen über die Elbe. Bei Wind und Sturm, Sonne und Regen. Selbst dichter Nebel kann den Fährmann nicht schrecken. Weil er das gegenüber liegende Ufer dann nicht sehen kann, steht auf den Informationstafeln hüben und drüben "Bei Nebel bitte hupen". Dann setzt sich die schwimmende Plattform in Bewegung, um an einer Überfahrt Interessierte hinüber zu holen. Lediglich Niedrig- und Hochwasser können die Fähre stoppen.
Über zwei Jahre hatte Erich Butchereit versucht, einen privaten Interessenten für die Fähre zu finden. War es ein zu hoher Kaufpreis? Oder die gewöhnungsbedürftigen Fahrzeiten? Jeden Tag muss die Fähre zwischen 6.00 morgens und 19.30 Uhr abends bereit stehen, um Menschen und Fahrzeuge auf die andere Seite zu bringen. Oder reichen die Überfahrten nicht aus, um eine solide Existenz zu gewährleisten? Laut Butchereit sind es durchschnittlich nicht einmal 300 Autos bzw. Menschen, die allmonatlich die Fähre nutzen. Es sei denn, die Dömitzer oder die Wittenberger Brücke sind gesperrt, dann hat die Fähre Hochkonjunktur. Und dennoch sind viele auf die Fähre angewiesen. Lieferfahrzeuge, Leichenwagen, einige Pendler - sie alle müssten einen bis zu 40 km langen Umweg fahren, wenn die Pevestorfer Fähre nicht mehr fährt. Der Weg über die Elbe ist eben ein ganz normaler Verkehrsweg, der Lüchow-Dannenberg auf kürzestem Wege mit der Prignitz verbindet.
Und der Tourismusort Gartow, der seit einiger Zeit die Attraktionen Lenzens mit bewirbt, müsste sich eine Strategie einfallen lassen, wie die Gäste auf kürzestem Wege Richtung Lenzen geschickt werden können.
Keiner will selbständiger Fährmann sein
Der einzige Interessent, der sich fand, wurde - laut Erich Butchereit - vom Amt Lenzen als Fährbetreiber nicht akzeptiert. Das Amt selber tat sich lange schwer, die Fähre in Eigenregie zu betreiben - zu bewusst sind Amtsleiter Harald Ziegeler die finanziellen Unwägbarkeiten. Langwierige Verhandlungen schlossen sich an, die über zwei Jahre hinweg zu keinem Ergebnis führten.
Also fuhr Butchereit immer weiter. Es ging ihm ein bißchen so wie dem Fährmann im Märchen "Vom Teufel mit den drei goldenen Haaren", der bis in alle Ewigkeit weiterfahren muss, bis ein Anderer seinen Platz einnimmt.
Im Frühjahr steht die nächste Fahrtauglichkeitsprüfung an, die ein Fährmann ab dem 65. Lebensjahr alle zwei Jahre zu absolvieren hat. Doch dieses Mal wollte Butchereit nicht mehr. "Irgendwann muss ja mal Schluss sein," so der Fährmann, der bald seinen 75. Geburtstag feiert. Er erklärte seinen definitiven Ausstieg aus dem Fährbetrieb zum 5. Januar. Dunkel bleibt, ob diese Erklärung nur den Druck auf das Amt Lenzen erhöhen sollte, endlich eine Entscheidung zu treffen - oder ob er ernsthaft den Fährbetrieb aufgibt, auch wenn die Fähre nicht verkauft werden kann.
Für Lenzens Amtsleiter Harald Ziegeler ist es ausgemachte Sache, dass das Amt Lenzen die Fähre zum 6. Januar übernehmen - und fortführen - wird. Butchereit bleibt skeptisch. Er hat zwar seine mündliche Zusage zu den ausgehandelten Konditionen gegeben - aber einen Vertrag hat er noch nicht in der Hand.
Bis der Vertrag unterschrieben und das Geld überwiesen ist, bleibt also noch eine gewisse Spannung in der Frage, ob die Elbfähre Lenzen tatsächlich nächstes Jahr weiterfahren wird.
Doch wie sagte Amtsleiter Ziegeler? "Definitiv" werde die Fähre nächstes Jahr vom Amt Lenzen weitergeführt. Das ist immerhin mehr Klarheit, als es für die Fähre Schnackenburg derzeit gibt. Auch dort wird ein Nachfolger für die Elbfähre gesucht. Der aber bisher noch nicht gefunden scheint. Auch wenn Gerüchte etwas anderes besagen.
Foto / Angelika Blank: 26 Jahre lang brachte Erich Butchereit unzählige Menschen zwischen Lenzen und Pevestorf über die Elbe. Am 5. Januar ist für ihn damit endgültig Schluss.