Nach den Planungen des Bundesverkehrsministeriums sollen ab 2011 dreilagige Containerschiffe die Elbe auf ihrer gesamten Länge befahren können. So verkündete es letzte Woche Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann. Umweltschützer und Landespolitiker wehren sich gegen die Pläne des Ministeriums.
Vor einigen Tagen hatte Staatssekretär Ferlemann sein Engagement für eine Elbvertiefung damit begründet, dass die Flüsse als Transportwege immer wichtiger werden. Viele Güter könnten auf dem Wasserwege günstiger transportiert werden als auf der Straße. Außerdem würde eine bessere Nutzung der Flüsse auch die Straßen entlasten.
Der Witz dabei: auf seinem eigenen Vorstellungsvideo auf You Tube hatte Ferlemann das genaue Gegenteil verkündet: „Große Sorgen bereitet mir die Elbvertiefung, die ich in der vorgelegten Form strikt ablehne“, heißt es dort.
BUND: Ferlemann vertreitet Illusionen
Für den Leiter des BUND-Elbeprojektes, Ernst-Paul Dörfler spricht aus den Worten des Staatssekretärs dessen geballte Inkompetenz in Sachen Elbe: „Mit nebulösen Formulierungen und in irreführenden Aussagen rechtfertigt er umstrittene Baumaßnahmen und schürt Hoffnungen auf zunehmende Transporte auf dem Wasserweg“, erklärte Dörfler.
Der wissenschaftlich bestätigte Trend zu immer häufigerem Niedrigwasser der Elbe werde von Staatssekretär Ferlemann völlig ignoriert. Schon seit zwanzig Jahren sei die Elbe von der angestrebten Mindesttiefe von 1,60 m weit entfernt. An durchschnittlich vier Monaten im Jahr fehle das erforderliche Wasser. Daran würden auch die angeblichen Reparaturen nichts ändern. Zudem werde der Klimawandel das Niedrigwasserproblem weiter verschärfen. Zu behaupten, die Elbe werde ohne massiven Ausbau allein durch Buhnenreparatur und Baggerungen ganzjährig befahrbar, sei eine Irreführung der Öffentlichkeit, so der BUND.
Selbst das dem Bundesverkehrsministerium zugeordnete Bundesamt für Güterverkehr hat in einer Sonderstudie zum Hafenhinterlandverkehr festgestellt, dass die Güterschifffahrt der Elbe den Rücken kehrt. Zitat: „ Nur selten können Beförderungen mit Binnenschiffen an mehr als 200 Tagen im Jahr mit einer Abladetiefe von mindestens 1,40 m wirtschaftlich sinnvoll erfolgen“.
Völlig offen ist für den BUND die Frage, wie Ferlemann den Wasserstand der Elbe stabilisieren und Mindesttiefen „garantieren“ wolle, ohne den Fluss kanalartig auszubauen. Die Elbe habe von Natur aus schwankende Wasserstände. Mit dieser natürlichen Dynamik steht und fällt auch das UNESCO-Biosphärenreservat Mittelelbe ebenso wie das UNESCO-Welterbegebiet „Dessau-Wörlitzer Gartenreich“. „Es wäre absolut unverantwortlich, für insgesamt 0,2% des Güterverkehrs, der über die Elbe läuft, dieses internationale Natur- und Kulturerbe opfern zu wollen“, resümiert Dörfler.
Der BUND mahnt den Staatssekretär zu mehr Sorgfalt bei seinen Entscheidungen. Er sollte auch wissen, dass das Schienennetz im Elbekorridor über ausreichend freie Kapazitäten verfüge, um die anstehenden Transporte zu bewältigen, wie die DB-AG bestätigte.
Rebecca Harms: Elbe-Seitenkanal stärken
Die Europaabgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Europäische Grünen, Rebecca Harms, wendet sich ebenfalls gegen die Pläne des Verkehrsministeriums: "Auch unter Schwarz-Gelb wird es nicht richtiger, die Elbe den Schiffen anzupassen. Es ist aus finanzieller und ökologischer Sicht unverantwortbar, die Elbe ganzjährig für Schiffe mit größerem Tiefgang befahrbar zu machen. Eine ganzjährige Schiffbarkeit ist nie zu erreichen. Eine Alternative zur Schifffahrt auf der mittleren Elbe ist ganz klar der Elbe-Seitenkanal." Harms fordert deshalb, dort aktiv zu werden und den Engpass Schiffshebewerk Scharnebeck durch ein zweites und größeres Hebewerk zu beseitigen.
"Die mittlere Elbe ist einer der wenigen großen Ströme in Mitteleuropa, der weitestgehend unverbaut ist - einer der letzten frei fließenden Flüsse. Das müssen wir schützen und nicht zerstören."
Landeslinke: Elbnutzung unökologisch und unbezahlbar
"In Sonntagsreden geben Politiker von CDU und FDP vor, Klimaschutz zu betreiben und die Natur zu schützen. In der Praxis machen sie das Gegenteil" sagte der umweltpolitische Sprecher der Linken im niedersächsischen Landtag, Kurt Herzog. Das Bestreben der niedersächsischen CDU, die Elbe ganzjährig für den Schiffsverkehr zu nutzen, sei unökologisch und unbezahlbar.
Für Schwarz-Gelb gelte überall das gleiche Prinzip: Die Elbe soll nicht als schützenswerter Fluss erhalten bleiben, sondern schrittweise für den Schiffsverkehr kanalisiert werden. Dies zeigten die geplante Vertiefung der Unterelbe und der Ausbau der mittleren Elbe. "Dabei ist der Güterverkehr auf der Elbe auf einem historischen Tiefststand angekommen; es werden nur noch 0,7 Mio. Tonnen pro Jahr transportiert", so Herzog.
Eine Wassertiefe von 1,60 Meter, wie vom Verkehrsministerium gefordert, sei nicht umsetzbar. Niedrigwasser stoppe mittlerweile an etlichen Tagen im Jahr den verbliebenen Schiffsverkehr auf der Elbe. "Rund 95 Prozent der Tonnage wird inzwischen über den Elbeseitenkanal abgewickelt - und das ist gut so. Deshalb muss das Nadelöhr, das Schiffshebewerk in Scharnebeck, ausgebaut werden", sagte Herzog.
Die Linksfraktion appellierte an die Landesregierung, die Beschlüsse des Landtags zum Erhalt der mittleren Elbe als naturnahen Fluss umzusetzen und beim Bundesverkehrsministerium zu intervenieren. "Große Containerschiffe sollen ab 2011 auf der gesamten Elbe fahren, es wird durchgehend an der Fahrrinne gebaggert, Bauvorhaben werden Flora und Fauna massiv beeinträchtigen. Wer behauptet, dies sei kein Ausbau, spricht nicht die Wahrheit", sagte Herzog.
Foto: So könnte es aussehen, wenn die großen Containerschiffe die Elbe befahren dürfen ... / Angelika Blank
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