Nach einem Treffen mit Vertretern aller Bundesländer verkündete Bundesumweltminister Norbert Röttgen, dass er ein "Entscheidungsmoratorium, gerade auch für Gorleben" möchte. Nur nach einer vergleichenden Standortsuche solle entschieden. Atomkraftgegner nehmen diese Absichtserklärung mit Skepsis auf.
"Es muss klar sein, und ich bin dafür, dass das gesetzlich abgesichert und auch festgelegt wird, dass über keinen Standort, auch nicht über Gorleben, entschieden wird, bevor nicht ein Vergleich mit anderen Standorten vorgenommen worden ist", so Röttgen am Freitag in einer Pressekonferenz nach seinem Treffen mit Vertretern der Bundesländer.
"Wenn es nach mir geht", so Röttgen weiter, gebe es keine vollendeten Tatsachen, keine Vorfestlegung auf Gorleben, sondern "immer nur eine Vergleichsentscheidung unter Beteiligung von Gorleben", soweit sich Gorleben überhaupt als geeignet herausstelle.
Für Röttgen ist das Erkunden und Ermitteln das Wesen des Prozesses, mit dem eine faire Balance bei der Endlagersuche hergestellt werden könne.
Tatsächlich jedoch dürfte ein Endlagergesetz frühestens Mitte 2012 zustande kommen, denn Röttgen erklärte heute gleichzeitig, dass nun eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe an der Entwicklung eines Endlagersuchgesetzes arbeiten würde. "Dabei soll es kein Tabu geben, was den Standort angeht", so Röttgen. Alle 16 Bundesländer sollen in die Standortsuche einbezogen werden.
Grüne: Neubeginn Endlagersuche nicht mit Gorleben
Die grüne Landtagsabgeordnete aus der Region Lüchow-Dannenberg Miriam Staudte kommentiert: "Einen wirklichen Neubeginn in der Endlagersuche kann es nur geben, wenn die Weitererkundung und der Ausbau zum Endlager in Gorleben endgültig beendet werden."
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Grünen betont, dass bereits jetzt entscheidende geologische Mängel des wendländischen Salzstocks bekannt sind: "Das fehlende Deckgebirge, die Laugennester, die Erdöl- und Erdgasvorkommen sind k.o.-Kriterien aufgrund derer Gorleben nicht geeignet ist, geschweige denn jemals der am besten geeignete Standort sein kann."
Die Grünen-Abgeordnete betont: "Das Ergebnis des heutigen Treffens ist zwar eine Verbesserung des Status Quo, von Ergebnisoffenheit bei der Standortsuche kann man aber noch lange nicht sprechen."
"Als erstes müssen die Castor-Transporte beendet werden, um die Vorfestlegung auf Gorleben nicht weiter zu zementieren." Staudte kritisiert Umweltminister Sander, der heute zum wiederholten Male im Landtag behauptet hatte, das Bundesamt für Strahlenschutz allein habe die Verantwortung für die Genehmigung des anstehenden Castor-Transports. "Das Land als Atomaufsicht über das Zwischenlager Gorleben hätte die Annahmebereitschaft wegen der Grenzwertüberschreitungen aufheben können und müssen- damit wäre der Transport verhindert.
BI Umweltschutz: "Unverbindlichkeitserklärung"
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) reagiert sarkastisch auf die nach ihrer Ansicht "Unverbindlichkeitserklärung" von Minister Röttgen. Ihr Sprecher Wolfgang Ehmke sagte: "Pünktlich zum Karnevalsbeginn verkündet der Bundesumweltminister Norbert Röttgen, dass er bis heute untätig geblieben ist, um die Endlagerfrage neu zu anzugehen".
Solange in Gorleben kein Baustopp – so die Mindestforderung der Widerstandsgruppen im Wendland und der Kreistagsmehrheit – verfügt werde, glaube man Röttgen kein Wort, er recht nicht, wenn er sagt: «Es gibt eine weiße Landkarte – kein Tabu.» Es gehe darum, den sichersten Standort für ein Endlager zu finden. Logisch sei nur, so die BI, einen nicht geeigneten Standort aufzugeben und die Atommülldebatte von Grund auf neu zu führen.
Ministerpräsident David McAllister zeigte sich nach dem Treffen optimistisch, dass nun tatsächlich eine ergebnisoffene Endlagersuche in Gang gesetzt werde. Gleichzeitig zeigte er sich dankbar für die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe.
Hans-Henning Adler, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Landtag, bleibt skeptisch:
„Dieser Weg ist nicht glaubwürdig, solange nicht ein Zeichen gesetzt wird, die weiteren Erkundungen in Gorleben einzustellen und den Castor-Transport abzusagen. Es besteht die Gefahr, dass die Arbeitsgruppe nur unverbindliche Debatten führt, während in Gorleben gleichzeitig Fakten geschaffen werden. Das wird die Bevölkerung in Niedersachsen nicht hinnehmen, insbesondere nicht im Wendland!“
Foto: Karin Behr / Publixviewing.de - Schachtturm des Erkundungsbergwerks in Gorleben