Eine weitere Schlappe musste Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander heute hinnehmen: das Verwaltungsgericht in Hannover "kassierte" seine Anweisung, die Umweltzone in Hannover zu entschärfen. Für Umweltgruppen und Oppositionsparteien im Landtag eine Genugtuung.
Wie die Deutsche Umwelthilfe am Dienstag Nachmittag mitteilte, hat das Verwaltungsgericht Hannover der Landeshauptstadt untersagt, die Regelungen für die Umweltzone in der Landeshauptstadt ohne Öffentlichkeitsbeteiligung zu verwässern. Der Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren trifft den niedersächsischen Umweltministers Hans-Heinrich Sander (FDP), der die Stadt Hannover entsprechend angewiesen hatte. Das Verwaltungsgericht gab mit dem Beschluss zwei von der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) unterstützten Antragstellern Recht, die im Bereich der Umweltzone wohnen.
DUH: Sander hat wenig Ahnung von Umweltrecht und Gesundheitsschutz
"Kettensägenminister Sander hat erneut bewiesen, dass er zwar etwas von Machtausübung versteht, aber wenig von Umweltrecht und dem Gesundheitsschutz der Bürger. Das längst höchstrichterlich bestätigte Recht der Bürger auf saubere Luft ist ihm offensichtlich gleichgültig. Als überführter Rechtsbeugeminister ist Sander nicht länger tragbar", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er forderte die Stadt Hannover, die sich der rechtswidrigen fachaufsichtlichen Weisung des Umweltministeriums gebeugt hatte, auf, die Umweltzone nun umgehend in der ursprünglichen Form um- und durchzusetzen. Dazu gehöre auch die Durchführung von Kontrollen gegen Plakettenmuffel.
Das Gericht wies sämtliche vom Umweltministerium genannten Gründe für eine Änderung des Luftreinhalteplans ohne Öffentlichkeitsbeteiligung zurück und bezweifelt auch inhaltlich die Behauptung des Sander-Ministeriums, die in der Umweltzone geforderte Nachrüstung von Diesel-Pkw mit Partikelfiltern wirke sich insgesamt kontraproduktiv auf die Luftqualität aus. Vielmehr spreche einiges dafür, dass das Gegenteil richtig sei. Insgesamt sei die Umweltzonenregelung in der von der Stadt Hannover ausgestalteten Form "ein geeignetes Mittel zur Verbesserung der Luftqualität und langfristig zur Einhaltung der Grenzwerte", heißt es in dem Beschluss.
DUH-Anwalt Remo Klinger, der die Antragsteller in dem Verfahren vertrat, wies darauf hin, dass das Gericht selbst Anwohnern einer Umweltzone ein Abwehrrecht gegen hohe Schadstoffgehalte der Luft zuspricht, die vermutlich in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld nicht selbst von Grenzwertüberschreitungen betroffen seien. Damit habe das Verwaltungsgericht den hohen Stellenwert des Schutzes vor Luftschadstoffen erneut bestätigt.Klinger: "Die Entscheidung ist klar, klug und weise. Allesamt Attribute, an denen es dem Umweltminister Niedersachsens erkennbar mangelt. Das Gericht stärkt die Bürgerrechte und rügt das Ministerium für eine Anordnung, die man nur als vor-demokratisch bezeichnen kann."
Grüne: ermutigender Etappensieg
Mit Genugtuung haben die Landtagsgrünen zur Kenntnis genommen, dass Umweltminister Sanders Versuch, die Umweltzonenregelung in Hannover im Handstreich zu kippen vor dem Verwaltungsgericht gescheitert ist. Der verkehrspolitische Sprecher Enno Hagenah nannte das Urteil einen "ermutigenden Etappensieg" für die um ihre Gesundheit besorgten hannoverschen Bürger. "Minister Sander hat diese Rote Karte vom Verwaltungsgericht wirklich verdient. Nach etlichen vorangegangenen Rügen durch Gerichte bleibt die Frage, ob er jetzt endlich daraus lernt und sich zukünftig rechtskonform verhält?!"
Von der Landeshauptstadt erwarten die Grünen, dass sie nun auch die durch Sanders Intervention veranlasste aufschiebende Wirkung zur Gültigkeit der Umweltzone beenden. Den Bürgerinnen und Bürgern im inneren Stadtring müsse jetzt der Nutzen der neuen gesetzlichen Vorgaben seit 1.01.2010 zu verminderten Stickstoffdioxidemissionen zu Gute kommen.
Für die LINKE im niedersächsischen Landtag ist die Angelegenheit nur noch peinlich: "Das Urteil ist eine weitere Peinlichkeit in der an Peinlichkeit reichen Karriere des Umweltministers. Sander hat versucht, die Öffentlichkeit auszuschließen, und hat dafür vom Gericht eine Ohrfeige erhalten. Mit dem Urteil besteht für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Stadt endlich wieder rechtliche Klarheit," so die hannoversche Landtagsabgeordnete der LINKE-Fraktion, Christa Reichwaldt.
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