Kleemann: Gorleben erfüllt nicht die Mindestanforderungen

Am Dienstag abend stellte Dr. Ulrich Kleemann in Lüchow seine Studie vor, die bereits seit Tagen für Unruhe sorgt. Schon vor der offiziellen Vorstellung verwahrte sich die BGR gegen den Vorwurf, Fakten nicht berücksichtigt zu haben.

"Wenn man radioaktive Abfälle für eine Million Jahre sicher verwahren will, dann kann man eine Lösung nicht 'auf dem Bunsenbrenner' entwickeln", so Kleemann am Dienstag Abend gegenüber dem NDR.

In der 28-seitigen "Bewertung des Endlager-Standortes Gorleben" weist Kleemann nicht nur existenzielle Ausschlusskriterien für ein Endlager für hoch radioaktiven Abfall im Salzstock Gorleben nach, sondern auch diverse Versäumnisse der an der Erstellung der Vorläufigen Sicherheitsanalyse beteiligten Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Der BGR kommt nach dem Arbeitsprogramm "die zentrale Rolle zu, die eigenen Erkundungsergebnisse in ein geologisches Standortmodell und eine Langzeitprognose zu überführen".

Schwerpunkt von Kleemanns Studie ist aber die Überprüfung, ob der Standort sich "in einem ergebnisoffenen Standortauswahlverfahren nach fachlichwissenschaftlichen Kriterien aufdrängen würde oder schon auf dieser Basis ausscheiden müsste.

Gorleben ist als ungeeignet einzustufen

Kleemann kommt zu dem Ergebnis: Der Standort Gorleben erfüllt nicht die Miindestanforderungen an einen Endlagerstandort und ist als ungeeignet einzustufen.

- mit großer Wahrscheinlichkeit existiert eine aktive Störungszone, womit nach den Kriterien des AKEnd der Salzstock Gorleben-Rambow als Endlagerstandort ausgeschlossen wäre.

- Auf Grund der unabwägbaren Risiken der Gasvorkommen muss allein schon die Existenz potentiell gasführender Schichten zum Ausschluss des Standortes führen.

- Das Deckgebirge des Salzstockes kann keine zusätzliche Barrierefunktion übernehmen, da durch die Gorlebener Rinne grundwasserführende durchlässige Schichten in direktem Kontakt zum Stalzstock stehen. Auch dies für Kleemann ein eindeutiger Standortnachteil von Gorleben im Rahmen einer Abwägung geologischer Kriterien.

In seiner Tätigkeit als Fachbereichsleiter Sicherheit nuklearer Entsorgung beim Bundesamt für Strahlenschutz ( 2004 - 2010 ) hatte Kleemann bereits mit der BGR zu tun. Nach seiner Literaturrecherche für die neue Studie gewann der Geologe jedoch die trübe Erkenntnis, dass "auch nach den langjährigen Erkundungsarbeiten der BGR das Verständnis über den geologischen Bau des Salzstocks Gorleben-Rambow mangelhaft ist."

Bereits während des Fachgesprächs im Rahmen des sogenannten "Gorleben-Dialogs" in Hitzacker hatte BGR-Fachmann Dr. Jan Richard Weber einräumen müssen, dass sie wenig bis gar keine Kenntnis über Entstehung und Auswirkungen der Gaseinschlüsse besitzen. Es sei nicht einmal klar, ob es notwendig sei, minutiös das Vorkommen der Gaseinschlüsse im Salzstock zu erkunden, so Weber damals.

Doch alle wissenschaftlichen Fachfragen zur präzisen Geologie des Salzstocks habe die BGR entweder nicht gestellt oder umgangen, so Kleemanns Kritik. "Schon früh hatten sich führende Mitarbeiter der BGR, ...., dahingehend festgelegt, dass der Salzstock eignungshöffig sei. Es gäbe keine Erkenntnisse, die gegen eine Eignung sprechen, so die BGR. Wissenschaftlern, die das bezweifelten, wurde durch die BGR schnell Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen, oft ohne dies hinreichend zu begründen."

Die Publikationen der BGR zu den Erkundungsergebnissen zeigten nun, so Kleemann weiter, dass systematisch alle wissenschaftlichen Ergebnisse ausgeblendet werden, die den Stalzstock Gorleen in Frage stellen könnten. So wurde trotz langjähriger Kenntnis des Gasvorkommens unter dem Salzstock keine Untersuchung zum Ausschluss eines solchen durchgeführt.

Und nicht nur das: Kleemann stellt in seiner Studie fest, dass die Arbeiten der BGR ein "erschreckendes Nichtbeachten jüngerer Fachliteratur" zeigen. "sie entsprechen nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik".

BGR widerspricht: geologische Verhältnisse detailliert festgehalten

Kein Wunder, dass die BGR sich am Dienstag beeilte, Kleemanns Vorwürfen entgegen zu treten. Die geologischen Verhältnisse in der Region seien detailliert dargestellt worden, so die BGR am Dienstag gegenüber der BILD-Zeitung. Ausserdem widersprach die Bundesanstalt der Aussage Kleemanns, es eine frühzeitige Festlegung auf Gorleben gegeben.  Die geologischen Verhältnisse in der Region seien detailliert dargestellt worden, stellte die BGR am Dienstag klar. Die Anstalt reagierte auf eine vorab bekanntgewordene Studie des Geologen Ulrich Kleemann, der die Ansicht vertritt, dass der Salzstock in Gorleben ungeeignet sei und die BGR wichtige Fakten missachtet habe. Die Bundesanstalt widersprach, es habe keine frühzeitige Festlegung auf Gorleben gegeben. Bis zum Ende der Erkundung könne weder von Eignung noch von Nicht-Eignung des Standortes gesprochen werden.

"Die BGR wurde erwischt und verteidigt sich nach vorne", stellte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) dazu fest. "Auf diese Art und Weise diskreditiert sich die BGR selbst", kommentiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke die Replik der Bundesbehörde, die bekannt dafür sei, sich auf Salz und Gorleben festgelegt zu haben.

Die vollständige Studie gibt es hier!

Grafik: BfS 2005 - Glazialrinnen in Norddeutschland - mit Lage der Salzstöcke - nach Kleemann existieren zahlreiche Salzstöcke, die nicht von der Rinnenbildung betroffen waren und die vermutlich auch in Zukunft ein intaktes Deckgebirge behalten werden. (Die Anlage zur Studie mit zahlreichen Grafiken zur geologischen Struktur finden sich hier! - 5.4 MB- )




2011-12-13 ; von Angelika Blank (autor),

endlager_gorleben  

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