"Senioren-Landpartie?“

Viel „ich“ und noch mehr Gefühltes in Herrn Farnis Antwort auf Michael Seeligs Text in der vorangegangenen Zero-Nummer. Dazu etliche Unterstellungen, was der – und andere „Umkrempler“! – eigentlich im Sinn hätten: Ihre Visionen „jetzt, bitteschön, durchzuziehen; möglichst reißbrettartig“.

Zum Artikel Landpartie oder Landpartei? schrieb Wolf-Rüdiger Marunde den folgenden Leserbrief.

Viel „ich“ und noch mehr Gefühltes in Herrn Farnis Antwort auf Michael Seeligs Text in der vorangegangenen Zero-Nummer. Dazu etliche Unterstellungen, was der – und andere „Umkrempler“! – eigentlich im Sinn hätten: Ihre Visionen „jetzt, bitteschön, durchzuziehen; möglichst reiß-brettartig“. Farni geht so weit, Seeligs Vorschlägen den Geist einer „Ökodiktatur“ zu unterstellen. Mit Seeligs Text in „zero“ kann er das allerdings nicht belegen, da muss er dann schon auf öffentlich nicht zugängliche Diskussionsbeiträge Seeligs aus dem KLP-Forum verweisen.

Diese unseriöse und diffamierende Art der Auseinandersetzung kann sich nur ein Autor erlauben, der gleichzeitig sein eigener Chefredakteur ist.

Wenn man ernsthaft über die Zukunft der Landpartie diskutieren will, sollte man zuerst auf die Entwicklung der letzten Jahre schauen, auf die Fakten. Zum Beispiel auf die Gründe, mit denen die Aufnahmeanträge kleiner Punkte abgelehnt wurden, und die Bitte der Landpartie, sie mögen sich grösseren Punkten anschließen. Man wird feststellen, daß die von Farni an Seeligs Vorschlägen kritisierte Clusterbildung schon seit Ende der 90er Jahre ein Entwicklungsziel der Landpartie-Organisatoren war. In diesem Zusammenhang steht auch die Dominanz der Märkte, die sich zu Mega-Clustern und erfolgreichen Geschäftsmodellen für die Organisatoren entwickelt haben.

Wer die Entwicklung genauer unter die Lupe nimmt (und Zahlen dazu wurden im Verlaufe der Diskussion im KLP-Forum auch veröffentlicht, sind Herrn Farni also bekannt), der sieht, dass das von Herrn Farni beschworene Motto „Jetzt zeigen wir den Leuten mal, was wir an Schönem zu bieten haben“ sich immer mehr auf eine Explosion der Abendunterhaltung, auf das Schwergewicht Gastronomie und auf die Zunahme der HobbykünstlerInnen bezieht, und immer weniger auf die Produkte einheimischer Ateliers und Werkstätten.

Der Geist der alten Wunde.r.punkte schwebt zwar noch über den Kleinstbiotopen an den Rändern der KLP, möglicherweise auch noch in Luckau (wo es früher landpartiemäßig auch mal anders zuging). Die weitaus größte Mehrheit des Landpartie-Publikums aber bekommt davon nicht viel mit, weil es sich vorrangig auf den Rummelpunkten aufhält und natürlich auf den Trampelpfaden dazwischen. Worüber bei weitem nicht alle anliegenden kleinen Wunderpunkte glücklich sind. Nicht zuletzt auch deshalb, weil grade die grossen Märkte mit ihren vielen angereisten AusstellerInnen das einheimische Kunsthandwerk unter Konkurrenzdruck setzen.

Michael Seelig greift in seinen Vorschlägen also nur die ohnehin schon ablaufenden kommerziellen Entwicklungen der KLP auf. Er will sie nur weiter optimieren und professionalisieren. Für ihn ist die KLP Wirtschaftsfaktor, er möchte sie zu einem Motor einer alternativen Modellregion Wend-land weiterentwickeln. Darüber kann und muß man sachlich streiten dürfen.

Es gab auch andere Vorstellungen in der Debatte, etwa die Kultur in der Kulturellen Landpartie wieder mehr zu stärken. Das zukünftige Gewicht der Kultur in der Landpartie hängt entscheidend davon ab, wie weit es gelingt, die wend-ländische Kreativszene zu verjüngen und mit der außerhalb des Wendlandes zu vernetzen. Denn die KLP ist zwanzig Jahre nach ihrem Entstehen ein touristisches Unternehmen von Golden Agern für Golden Ager geworden: Junge Kunst, junge Künst-lerInnen, neue Medien, fehlen komplett. Die Landpartie spiegelt kaum etwas von dem aktuellen kulturellen Geschehen wider. (Außer dem auf den Kunsthandwerkermärkten und in Worpswede vielleicht.) Wenn die Entwicklung weiter so verläuft, passt die KLP 2020 perfekt in eine Zukunftsvision vom Landkreis Lüchow-Dannenberg als Altersruhesitz: Eine Landpartie von Senioren für Senioren. Mich würde davor genauso gruseln wie Herrn Farni vor einer ökodiktatorischen Parteiveranstaltung.

Von Parteistrukturen ist die Landpartie übrigens auch nicht so weit entfernt, wie Herr Farni glauben macht, aber die Streitkultur in der KLP ist ein anderes Thema. Wie es scheint, ist nun immerhin ein Diskussionsprozeß innerhalb der KLP in Gang gekommen, auch wenn der langwierig sein wird. Michael Seelig hat mit seinen Beiträgen dazu bislang deutlich mehr an Substanz geliefert als Herr Farni mit drei Zero-Seiten selbstbeschaulicher Gefühlsduselei.

Wolf-Rüdiger Marunde, Gedelitz




2010-03-25 ; von marunde (autor),

kulturelle landpartie  

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