Mit einem vorbildlichen Integrationsprojekt hatte sich der Lüchower Sportclub unlängst einen Namen gemacht: Durch Schwimmen, Reiten, Bogenschießen und Boxen sollte Verständigung zwischen Migranten und Einheimischen verbessert werden. Dafür gibt es öffentliche Zuschüsse von 50 000 Euro. Doch hinter den Kulissen des SC rumort es: gestern trat der Abteilungsleiter für Integration, Bernd Bruno Meyer von seinem Posten zurück. Er sieht die Integrationsarbeit im Verein als nicht gesichert an.
Bereits seit Anfang des Jahres haben MigrantInnen die Möglichkeit, im Rahmen der Aktivitäten des SC Lüchow hauptsächlich Schwimmen so zu gestalten, dass es ihren religiösen und gesellschaftlichen Kulturvorstellungen nicht widerspricht (siehe auch unser Video "Schwimmen, Reiten Bogenschiessen ...). Doch mit dem Rücktritt von B.B. Meyer ist das Projekt gefährdet. Hauptkritikpunkt des bisherigen Abteilungsleiters für Integration: „Mir ist ist es nicht gelungen, mit dem 1. Vorsitzenden des Bäder-Fördervereins in Lüchow, Stefan Groneberg, eine Vereinbarung über eine Hallenbadnutzung unserer MigrantInnen zu treffen. Da nach Aussagen von Herrn Groneberg keine/r vom Badpersonal mit mir zusammenarbeiten möchte, gebe ich meinen Posten frei – in der Hoffnung, dadurch Voraussetzungen für die weitere, sichere Durchführung des Migrationsprojektes zu schaffen.“
Stefan Groneberg, neben seiner Funktion als Vorsitzender des Bäder-Fördervereins auch Geschäftsführer der Hallenbad-Betreiber GmbH, versteht die Kritik von B.B. Meyer nicht: „Herr Meyer ist erst am 15. Oktober - also kurz vor Saisonbeginn auf mich zugekommen und hat nach Terminen gefragt. Obwohl diese Anfrage sehr spät kam, da wir unsere Jahresplanung eigentlich schon abgeschlossen hatten, habe ich mich sehr bemüht, noch Termine zu finden. Das hat auch geklappt: Samstage können ab 11 Uhr für das Schwimmen von Migrantinnen reserviert werden.“ Laut Groneberg ist es ihm sogar gelungen, eine ehemalige Schwimmmeisterin zu finden, die bereit ist, die Aufsicht bei diesen Terminen zu übernehmen.
„Doch Herr Meyer hat gar nicht abgewartet, ob es mit Terminen doch noch klappen könnte“, so Stefan Groneberg weiter. „Inhaltlich habe ich keine Bedenken gegen das Migrationsprojekt. Allerdings ist es für mich keine Integrative Arbeit, wenn für das Schwimmen der Frauen das ganze Schwimmbad mit Vorhängen dicht abgehängt werden soll. Darüber hatten wir schon Differenzen. Gegen einen Frauentag wäre aber aus meiner Sicht nichts einzuwenden, das könnten wir einrichten.“
Bernd Bruno Meyer dagegen war die Information, dass nun doch Termine möglich seien, neu. Dennoch will er seinen Rücktritt aufrecht erhalten. "Eine Aufsicht ist zu wenig. Da muss mehr passieren", seine Reaktion auf Gronebergs Hinweise. Meyer ist der Meinung, dass der Frauen-Schwimm-Anteil als erstes von wenigen Migranten-Projekten der Bundes-DLRG (in Zusammenarbeit mit dem DOSB Deutscher Olympischer Sportbund) aktiv gefährdet ist und damit auch geplante Zuschüsse zu den Personalkosten. Da es auch Probleme mit dem MTV-Bogensport-Abteilungsleiter Helmut Ganswind aus Dannenberg, gibt, sieht Meyer nun „gute Chancen, dass der SCL-Vorsitzende und der MTV-Vorstand nach meinem Rücktritt mit ihm überein kommen können.“
Wie steht es denn nun mit der weiteren Integrationsarbeit im SC Lüchow nach dem Rücktritt von Bernd Bruno Meyer? Dazu der Vereinsvorsitzende Hellmut Kubitz: „Nun ja, wir werden sehen müssen, wer die Arbeit weiterführt. Wir werden das Thema auf der nächsten Vorstandssitzung ansprechen. Auch der Vorsitzende der islamischen Gemeinde will noch einmal nachdenken, ob und wer die Nachfolge von Bernd Bruno Meyer antreten könnte." Für die Integrationsprojekte hatte der SC Lüchow eine Förderung in Höhe von 50 000,- Euro aus Mitteln von "Aktion Mensch" und dem Landessportbund zugesprochen bekommen. "Sollte es uns nicht gelingen, das Integrationsprojekt fortzusetzen, dann müssen diese Gelder wohl zurückgezahlt werden", so die düstere Prognose von Hellmut Kubitz - ganz abgesehen davon, dass den MigrantInnen in der Region ein wichtiges Sportangebot verloren geht.
Die nächsten Wochen und Monate müssen also zeigen, ob es Ehrenamtliche gibt, die sich um das sportliche Wohl von MigrantInnen in Lüchow-Dannenberg kümmern möchten. Weitere Informationen gibt es beim SC Lüchow.
Foto: (Björn Vogt) Bernd Bruno Meyer (li.), der Vorsitzender islamischen Gemeinde Salzwedel-Lüchow-Dannenberg, Dr. Maher Mouhandes (mi.) und der Vorsitzende des SC Lüchow, Hellmut Kubitz nach einem Pressegespräch in Lüchow.
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