Gorleben-Party: Es gibt sie noch - die kreativen Widerständler

Die IniatorInnen wollen auf der Kulturellen Widerstandspartie vorrangig ihren Protest gegen die Atommüll-Pläne für den Gorlebener Salzstock ausdrücken. Die tausende BesucherInnen nahmen die Infos gerne mit - und vergnügten sich bei zahlreichen Vorführungen kreativer Geister.

Kreativität zeichnete den wendländischen Widerstand gegen die Atomanlagen in Gorleben schon immer aus. Auf der Kulturellen Widerstandspartie am Freitag zeigte sich auf beeindruckende Weise, dass diese kreative Kraft längst nicht gestorben ist.

Vor allem die Schau von „Widerstandsmode aus vier Jahrzehnten“ begeisterte rund 400 ZuschauerInnen. Hier zeigte sich, was den wendländischen Widerstand so besonders macht: Jemand hat eine Aktionsidee und rund 50 Andere lassen sich begeistert motivieren, mitzumachen. Heraus kam in diesem Fall eine originelle Modenschau, bei der auf unterhaltsame Weise auch viel über die Geschichte des "Gorleben-Konflikts" zu hören war.

Vom Kittel mit X-Applikationen über die kunstvoll ausgearbeitete Robe bis zum mit markigen Sprüchen versehenen Parka war alles dabei, was in 40 Jahren die Demos optisch dominierte. Wendländische Kunsthandwerkerinnen hatten die Designstücke gefertigt – von Elke Kuhagen (Salderatzen) mit Recycling-Kleidung über Sigrid Nasarski (Corvin) mit gestrickten X-Kleidern bis hin zu den ausgeklügelten Lederkombinationen von Sabine von Oettingen (Bülitz).

Selbstironisch und mit vielen Informationen über die Gorlebengeschichte moderierte Kerstin Wittstamm als „Betreiberin“ die außergewöhnliche Modenschau.

Vielleicht lag es am umfangreichen Programm aber vor der BI-Bühne herrschte dagegen gähnende Leere. Nur wenige Interessierte hörten den Worten von BI-Vorderen und anderen Anti-Atom-AktivistInnen zu.

Zwischen politischer Andacht und Jahrmarkt

Den Nachmittag eröffnet hatte das Gorleben-Gebet mit dem Gastredner Franz Alt. Der ehemalige „report“-Moderator tritt schon lange als Umweltaktivist auf. Auch in Lüchow-Dannenberg hatte er schon auf mehreren – gut besuchten – Veranstaltungen vehemente Plädoyers für die Nutzung regenerativer Energien (vor allem Sonnenenergie) gehalten. Bei der Widerstandspartie sprach Alt über den „Appell von Jesus an die heutige Welt“, gegen die Atomenergie und gegen Atomwaffen zu kämpfen. Rund 100 interessierte Zuhörer fand diese rund einstündige Rede.

Die Aussteller-Riege war dieses Jahr fast genauso groß wie in den vergangenen Jahren. Was allerdings eingekaufte asiatische Batiktücher oder Indianerschmuck mit der Kulturellen Landpartie zu tun haben, blieb das Geheimnis der Organisatoren. Und auch Widerstands-Kitsch fehlte nicht. Selbst gebastelte Xe, Buttons, T-Shirts, Broschüren, Flugblätter etc. … die Palette der Produkte, die (Spenden)-Geld einbringen, war groß.

Ausgezeichnetes Straßentheater, Akrobatik, diverse Imbissbuden sowie eine Musikbühne verstärkten den Eindruck eines bunten Jahrmarkts für die ganze Familie.

Gorleben ist weiter im Spiel

Gut besucht auch die Trecker-Rundfahrten, auf denen langjährige GorlebengegnerInnen über das Erkundungsbergwerk und die Geschichte der Auseinandersetzungen um das (bisher nicht realisierte) Endlager im Salzstock erzählten. Denn die BI ist davon überzeugt, dass auch nach über 40 Jahren Auseinandersetzung um den Atommüll-Entsorgungsstandort Gorleben viele BürgerInnen über den aktuellen Stand der Dinge nur ungenügend informiert sind. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass das Endlagerprojekt in Gorleben nicht aufgegeben wurde“, betont BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Und: „Wir erklären, dass die Endlagersuche viele Mängel hat, das Festhalten an Gorleben ist allerdings ein gewichtiger. Und wir wollen einmal glauben, was uns Politiker*innen sagen: Würde es mit rechten Dingen zugehen, wird Gorleben bei der Endlagersuche wegen seiner geologischen Mängel rausfallen.“ An dem Demonstrations-Rundgang am späten Nachmittag beteiligten sich tausende Menschen.

Gegen Abend strömten immer noch Menschen auf den Festplatz, um an der abendlichen Party teilzunehmen. Wie aus BI-Kreisen zu hören war, ließen sich einige Unentwegte auch vom nächtlich einsetzenden Gewitter nicht verdrießen und feierten bis drei Uhr morgens weiter.

Foto | Andreas Conradt: Parkas mit markigen Sprüchen lösten bei zahlreichen ZuschauerInnen Erinnerungen aus - weswegen dieser Auftritt mit Gekicher und zustimmendem Applaus quittiert wurde.




2019-06-08 ; von Angelika Blank (text),
in 29475 Gorleben, Deutschland

kulturelle landpartie   widerstand  

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