Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Feuerbestattung. Zu den Krematorien, die Lüchow-Dannenberger Bestatter zum Einäschern anfahren, gehört auch die Anlage des Feuerbestattungs-Vereins Lüneburg. Wnet hatte dieser Tage Gelegenheit zur Information vor Ort.
Kein anderer Monat gemahnt so sehr an die Vergänglichkeit wie der November – mit Tagen wie Allerseelen oder dem Ewigkeitssonntag, auch als Totensonntag vertraut. Viele Menschen nutzen ihn, die Gräber ihrer Angehörigen zu besuchen. Und immer öfter sind es Urnengräber, auf die ein Wintergesteck gelegt, an denen ein Grablicht entzündet wird, denn: Die Entscheidung für eine Feuerbestattung hat steigende Tendenz. Durchschnittlich 50 Prozent der Deutschen wählen diesen allerletzten Weg, jedoch gibt es regionale Unterschiede. In Berlin beispielsweise entscheiden sich über 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für das Verbrennen, in katholisch geprägten Gegenden etwa 35 Prozent. Die Zurückhaltung dort mag daran liegen, dass die katholische Kirche die Feuerbestattung, die es in Deutschland seit 1878 gibt, ihren Gläubigen erst seit 1963 erlaubt.
Seit Mai 2000 über 16.000 Kremationen in Lüneburg
Hat ein Beerdigungs-Unternehmen den Auftrag zur Feuerbestattung erhalten, bringt der Leichenwagen den Sarg mit dem oder der Verstorbenen in eines der rund 150 Krematorien in Deutschland. Sie sind zum Teil in kommunaler Hand, zum Teil werden sie als privatrechtliches Unternehmen betrieben wie zum Beispiel die Anlage in Lüneburg am Wienebütteler Weg. Im Mai 2000 war sie in Betrieb gegangen, über 16.000 Verstorbene wurden seither dort kremiert.
Kein Rauch und kein Geruch
Wer sich dem Gebäude nähert und dessen Bestimmung nicht kennt, hält es womöglich für eine modern gestaltete Kapelle des unmittelbar angrenzenden Nord-West-Friedhofs. Ein Hinweis ist allenfalls der Schornstein in der Mitte des Daches, aber der könnte auch zu einem Kamin gehören, ist relativ kurz, kein monumentaler, vielleicht Furcht einflößend wirkender Schlot. Kein bisschen Rauch quillt aus ihm heraus, und auch in der unmittelbaren Nähe des Gebäudes ist kein Verbrennungs-Geruch wahrnehmbar.
Nummern-System schließt Verwechslungen aus
Irgendetwas Furchteinflößendes ist auch im Innern nicht zu entdecken, nicht wahrzunehmen. Auch nicht beim Luftholen. Die manchmal zu hörende Befürchtung: „Wer weiß wie’s da riecht – immerhin werden dort Menschen verbrannt“ wird bei einem Gang durchs Krematorium, das auch Führungen anbietet, völlig entkräftet. Nichts riecht. Weder in der Nähe des Ofens, noch in der ersten Station des Krematoriums, dem Kühlraum. Schon in ihm beginnt ein Verfahren, das eine weitere Befürchtung mancher Hinterbliebener ausräumt – den Gedanken: „Ist das auch wirklich Opas Asche in dieser Urne?“ Die Angehörigen dürfen beruhigt sein, bekräftigt Peter Damerow, einer der drei Mitarbeiter im Krematorium. Denn: Hat der Bestatter den Sarg gebracht, wird dieser geöffnet und der Identitätsnachweis, welcher dem Toten beigegeben wurde, wird mit den Begleitpapieren verglichen. Sodann wird am Äußeren des Sarges ein Computer-Ausdruck befestigt, auf dem unter anderem der Name, Geburts- und Sterbetag sowie eine Ordnungsnummer zu lesen sind. Diese Nummer begleitet den Toten bis in die Urne.
Rechtsmediziner untersucht die Verstorbenen
Doch noch ist er in der erste Station, im 4 Grad Celsius kalten Kühlraum. Noch steht die gesetzlich vorgeschriebene ärztliche Untersuchung bevor. Ein Rechtsmediziner versieht diesen Dienst in Lüneburg. Noch einmal wird der Sarg geöffnet, wird genau kontrolliert, ob es Widersprüche zu der Todesursache gibt, die derjenige Arzt dokumentiert e, welcher den Totenschein ausgestellt hat. Sollten Zweifel bestehen, die nur durch eine noch gründlichere Untersuchung auszuräumen sind, steht dem Mediziner dazu im Krematorium ein spezieller Raum nebst Instrumentarium zur Verfügung.
Abschied nehmen am Sarg
Erst, wenn der Arzt keine Einwände hat, darf der Verstorbene eingeäschert werden. Zumeist sieben Mal täglich geschieht dies im Lüneburger Krematorium, das auch über Räume verfügt, in denen Angehörige und Wegbegleiter des Toten vor dem Sarg Abschied nehmen können. Eine helle, freundlich gestaltete Abschiedshalle bietet der Trauergemeinde Platz. Neben einer Orgel ist eine Musikanlage installiert, denn immer mehr Menschen äußern schon zu Lebzeiten, dass sie einmal nicht mit „Trauermusik“ zur letzten Ruhe geleitet werden möchten, sondern mit ihrem Lieblings-Pop-Song oder anderen, mit guten Erinnerungen behafteten Klängen.
Einfahren in den Ofen: Angehörige dürfen dabei sein
Bei einer Erdbestattung ist das Versenken des Sarges im Grab für diejenigen, die das miterleben, wohl das stärkste Zeichen dafür, dass das Sterbliche eines Menschen an seinem Ende angekommen ist. Einen solchen Eindruck des endgültigen Abschieds möchten manchmal auch Angehörige im Krematorium erfahren, berichtet Peter Damerow. Diese Möglichkeit wird den Hinterbliebenen gewährt. Sie können mit dabei sein, wenn der Sarg in die Brennkammer geschoben wird. Angehörige, die dieses Einfahren in den Ofen miterleben möchten und immer noch von der Sorge um eine mögliche Verwechslung bedrückt werden, dürfen, wenn sie wollen, auch unmittelbar vor der Verbrennung noch einen Blick in den Sarg werfen.
Verbrennung bei bis zu 1050 Grad Celsius
Vor dem Verbrennen ist dem Toten ein kleiner runder feuerfester Stein mit der eingeprägten, schon erwähnten Ordnungsnummer beigegeben worden. Auch dem Einfahren des Sarges in den Verbrennungsraum wohnt nichts inne, wovor man sich fürchten müsste. Nach dem Öffnen des Ofens zeigt sich ein hellrot leuchtendes Inneres, keine lodernden Flammen. Hat sich die Tür wieder geschlossen, entzündet sich der Sarg selbst durch die immense Hitze im Ofen: bis zu 1050 Grad Celsius.
Erlös aus künstlichen Gelenken hilft Kinder-Hospiz
Nach gut einer Stunde ist der Sarg verbrannt, ist der Körper zu Asche zerfallen. Neben ihr ist nur eines zum Verfüllen in die Urne geblieben: der runde Stein mit der Ordnungsnummer. S o wird sichergestellt, dass auch tatsächlich die Asche des „richtigen“ Toten in die Urne kommt. Im hinteren Ofenbereich gelangt die Asche zusammen mit dem Nummern-Stein in einen kleinen sargähnlichen Metallbehälter. „Aussortiert“ werden aus der Asche eventuelle Metallteile, die einmal aus medizinischen Gründen in den Körper gelangt waren, künstliche Hüftgelenke etwa. Diese veräußert das Krematorium an ein Recycling-Unternehmen, und den Erlös erhält als Spende das Kinderhospiz „Sternenbrücke“ in Hamburg.
Urnenkapsel wird versiegelt
Aus dem Metallbehälter wird die Asche mit einer speziellen Anlage umgefüllt in eine schwarze Urnenkapsel aus verrottbarem Kunststoff. Diese wiederum verschließt ein Mitarbeiter des Krematoriums mit einem Deckel nebst Aufdruck, der unter anderem über die persönlichen Daten des Toten – natürlich wieder mit Ordnungsnummer - Aufschluss gibt. Der Aufdruck ist „dokumentenecht“, ähnlich wie eine Amtsplakette auf Kfz-Kennzeichen. Zum Schluss wird der Urnendeckel mit einer Spezialzange versiegelt.
Strenge Umweltbestimmungen
Während des gesamten Verbrennungsprozesses hat eine Computer-Anlage den Vorgang genauestens erfasst, hat unter anderem diverse Werte dokumentiert, die für den Nachweis der Umwelt-Verträglichkeit wichtig sind. Der technische Aufwand hinter dem Ofen ist für einen Laien beeindruckend: Steuerungsanlagen, Rohre, Filter und vieles mehr, das zur Abgasreinigung beiträgt, sind hier zu sehen. Die Immissionsschutz-Bestimmungen für ein Krematorium sind streng, und ihre Beachtung wird von den zuständigen Behörden genau überwacht. Dem Laien ist der umwelttechnische Aufwand vor allem durch zwei Fakten erfahrbar: kein Rauch aus dem Schornstein – und auch nicht die Spur eines Geruchs.
Beisetzung in der Erde, auf See oder im Kolumbarium
Der weitere Weg der Urnenkapsel, die oft noch in eine so genannte Schmuck-Urne getan wird, liegt in den Händen des Bestatters. Er kümmert sich um die Beisetzung. Diese ist nach deutschem Recht fast ausschließlich auf einem Friedhof möglich – oder in einem Kolumbarium: einem Gebäude, das mit Nischen für Urnen ausgestattet ist. Auf manchen großen Friedhöfen gibt es solche Urnen-Häuser, und mittlerweile wurden auch Kirchen, die nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden, zu Kolumbarien umgestaltet. Wer eine Seebestattung wünscht, dessen Asche kommt in eine Salzurne, die sich im Wasser auflöst. Und wenn die Bitte geäußert wird: „Wir möchten Opas Urne zwischen seinen geliebten Büchern ins Regal stellen“? Das ist hierzulande nicht gestattet, wenngleich es „Umwege“ über das Ausland gibt, um die entsprechenden Wünsche dennoch zu erfüllen.
Wunschgemäß: Bestattung im Rum-Topf
Befürworter der Friedhofspflicht geben zu bedenken: Vielleicht werden die Ururenkel des Toten kein Interesse mehr an dem „fernen“ Vorfahren haben – und dann die im Bücherregal stehende Urne nebst Inhalt auf eine gar nicht würdige Art und Weise „entsorgen“! Aber wenn Opa auch nicht „ auf der Kommode stehen“ darf, so konnte doch ein Bestatter im Einzugsbereich des Lüneburger Krematoriums einen anderen ungewöhnlichen Wunsch durchaus erfüllen: Der Verstorbene hatte zu Lebzeiten verfügt, er wolle eingeäschert werden – und die Urnenkapsel möge in seinen Rum-Topf gesteckt und dann auf dem Friedhof begraben werden. Und so geschah es.
Foto: Das Lüneburger Krematorium am Wienebütteler Weg
Foto: Ein Stein mit eingeprägter Ordnungsnummer wird dem Verstorbenen vor der Verbrennung beigegeben, um Verwechslungen auszuschließen. Der Stein kommt mit der Asche in die Urnenkapsel,die Krematoriums-Mitarbeiter Peter Damerow hier zeigt.
Foto: Im Trauerraum können Angehörige und Wegbegleiter vom Verstorbenen Abschied nehmen.
Fotos: Hagen Jung