GroKo Niedersachsen: Wolfsfreie Zonen, Ausbau der Windkraft und eine Milliarde für Digitalisierung

Weitaus schneller als im Bund haben sich SPD und CDU in Niedersachsen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. (Mindestens) ein Versprechen aus dem Wahlkampf hat sich gehalten: bis 2022 will die Landesregierung den Kommunen eine Milliarde Euro für Infrastrukturprojekte zur Verfügung stellen. Ein Überblick über die Koalitionsvereinbarungen.

[…]   Wolfsfreie Zonen in bestimmten Gebieten, Stärkung der Windkraft oder das Bekenntnis zum Ausbau von A 20 und A 39 – es gibt im Koalitionsvertrag einige Themen, die im Lande für Kontroversen sorgen dürften. Auch die vagen Formulierungen in Sachen Landwirtschaft dürften vor allem Tierschützern nicht schmecken.

Andererseits: mit einem eine Milliarde Euro starken Investitionsprogramm wollen CDU und SPD die Kommunen bei der Verbesserung von Mobilität, Digitalisierung, Wohnungsbau, Bildung und Erziehung, Sport und Zusammenleben unterstützen. Kindergartenbesuch soll demnächst vollständig kostenfrei sein und das Land erhält mehr Lehrer und Polizisten.

Hier ein Überblick über die wichtigsten Punkte aus dem Koalitionsvertrag

Landwirtschaft

Grundsätzlich wollen SPD und CDU dass qualitative Verbesserungen beim Tierwohl „unabhängig von der Produktionsform“ erreicht werden müssen. „Der internationale Wettbewerb, Arbeitsbedingungen, Tierwohl und Umweltaspekte fordern ein neues gesellschaftliches Miteinander“, heißt es in der GroKo-Vereinbarung.

In Zusammenarbeit mit Landwirtschafts-, Verbraucher-, Tierschutz- und Naturschutzverbänden soll bis 2018 in Sachen Tierhaltung und Lebensmittelerzeugnis ein Maßnahmenkatalog entwickelt werden, der „eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz moderner bäuerlicher Landwirtschaft zur Folge“ haben soll.

Bildung

Unterrichtsausfall ist ein immenses Problem an den Schulen. Deshalb sollen kurzfristig 1000 Lehrerstellen geschaffen werden. Das Problem ist jedoch, dass nicht genügend Studensten sich für den Lehrerberuf entscheiden. Desweden werden Anreize geschaffen: u. a. die Entlastung von fachfremden Aufgaben, bessere Gehälter und eine neue Arbeitszeitverordnung sollen den Lehrerberuf attraktiver machen.

Eine Schullaufbahnempfehlung für die weiterführende Schule soll es künftig dann geben, wenn die Eltern eines Schülers dieses wünschen. Die Ganztagsschule wird weiter gefördert. Eltern von Kleinkindern können sich freuen: bis 2018/2019 soll für jedes Kind in Niedersachsen ein Kindergartenplatz zur Verfügung stehen und der Besuch wird vollständig beitragsfrei sein.

Inklusion

Förderschulen werden vorerst aufrecht erhalten. Dadurch haben die allgemeinbildenden Schulen mehr Zeit, sich auf die Aufnahme von Kindern mit zusätzlichem Förderbedarf einzustellen. An dem Konzept der Inklusion wird nicht gerüttelt – auch wenn die CDU vor der Wahl eine Pause gefordert hatte.

Digitalisierung

Auch diese Landesregierung erkennt die Notwendigkeit an, im Land flächendeckend schnelle Internetanbindungen anbieten zu können. Für die GroKo ist eine leistungsfähige Breitbandversorgung eine „Frage der Daseinsvorsorge“. Geplant ist – neben dem eine Milliarde Euro schweren Investitionsfonds - einen Sonderfonds aufzulegen, um den Breitbandausbau und die Digitalisierung von Verwaltung und Bildungseinrichtungen voranzutreiben.

Ein Kompetenzzentrum für Digitalisierung soll eingerichtet sowie geprüft werden, ob ein Sonderstaatssekretär alle mit dem Breitbandausbau und der Digitalisierung verbundenen Aufgaben zusammenführen und bis Mitte 2018 dem Kabinett einen Masterplan für die Digitalisierung vorlegen soll.

Verkehr

Der Bau der A 20 und der A 39 werden "zügig" vorangetrieben. Gleichzeitig sollen im öffentlichen Nahverkehr Angebote ausgebaut und die Qualität verbessert werden. So soll zum Beispiel bis 2022 der gesamte ÖPNV barrierefrei sein. Außerdem soll das Hamburger ÖPNV-Netz auf niedersächsischer Seite ausgeweitet werden.

Gefördert wird auch die Anschaffung von Bussen mit Elektro- bzw. alternativen Antriebssystemen. Soweit rechtlich möglich, sollen auch private Anbieter bei der Beschaffung emissionsarmer Busse gefördert werden. Auch das Problem der unzureichenden Ladestationen für E-Fahrzeuge und - Fahrräder will die Landesregierung angehen.

Energie

Den Status von Niedersachsen als „Windenergieland Nr. 1“ will die Landesregierung erhalten und weiter ausbauen. Insbesondere dezentrale Betreiber- und Investitions- bzw. Genossenschaftsmodelle sollen unterstützt werden. Über den Bestand des umstrittenen "Windenergieerlasses", der vorschreibt, dass alle niedersächsischen Regionen "substanziell" Raum für Windkraft-Vorranggebiete schaffen sollen, macht der Koalitionsvertrag keine Aussagen.

Atomkraft und Endlagerung

Die Landesregierung bekennt sich zum „unumkehrbaren“ Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022. Außerdem erteilt sie „Versuchen aus anderen Bundesländern, mit Verweis auf die am Standort Gorleben bereits vorgenommenen Investitionen eine Vorfestlegung auf den niedersächsischen Standort zu formulieren“ eine „klare Absage“. „Hierzu gehört auch der Verzicht auf jegliche Castortransporte nach Gorleben," heißt es in dem GroKo-Vertrag weiter.

Wolf

Das Wolfsmanagement soll weiterentwickelt werden. Entschädigungsleistungen sollen schneller und unbürokratischer ausgezahlt werden.

Zur „Entnahme“ von verhaltensauffälligen Wölfen, die sich vermehrt menschlichen Siedlungen nähern oder durch wiederholte Nutztierrisse auffallen, macht der Koalitionsvertrag keine eindeutigen Aussagen. Aber: es soll eine „transparente und rechtssichere Handlungsvorgabe für die letale Entnahme verhaltensauffälliger Wölfe entwickelt werden“.

In begrenzten Gebieten - vor allem dort, wo viele Schafe für die Deichpflege sorgen - sollen wolfsfreie Zonen eingerichtet werden. Des Weiteren soll ein „günstiger Erhaltungszustand“ der Wolfpopulation festgelegt werden. Ist dies geschehen, soll der Wolf vom Naturschutzrecht ins Jagdrecht überführt werden.

Förderprogramm „Gute Nachbarschaft“

Mit diesem Programm soll Aufbau von Quartiersmanagement und Gemeinwesenarbeit in Städten und Dörfern unterstützt werden. Hier sind vor allem Modellprojekte gefragt. Hierunter könnte man Projekt zur Umnutzung leerstehender Gebäude zu Wohnraum oder die Einrichtung von Nachbarschaftshäusern verstehen. Wie die Landesregierung den Begriff „Gemeinwesenarbeit“ allerdings interpretieren wird, ist noch unklar. In der Standarddefinition meint Gemeinwesenarbeit unter anderem, Bürger zu mobilisieren, sich selbst für die Verbesserung ihrer Lebensqualität einzusetzen.

Hier! steht der vollständige Koalitionsvertrag zum Download bereit.

Foto | pixabay : Nicht nur wildernde Wölfe sollen nach der Feststellung eines "günstigen Erhaltungszustands" gejagt werden dürfen. So hat es die GroKo in Hannover vereinbart.


 




2017-11-19 ; von Angelika Blank (text),
in Hannover, Deutschland

landtagswahlen2017  

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