Sie haben in Berlin, Köln, Hamburg oder Braunschweig studiert, sind heute Filmemacher, bildende Künstler oder Kulturwissenschaftler – und alle kommen sie aus dem Wendland oder sind Teil eines Freundes-Netzwerkes: 10 junge KünstlerInnen stellen derzeit Arbeiten im Zehntspeicher des Westwendischen Kunstvereins aus.
„Nach Hause kommen bedeutet auch, Menschen zu begegnen, die einen noch mit Milchzähnen kennen“ - Kuratorin und Ausstellungsorganisatorin Anna Lilly Götz weiß, wovon sie spricht. Auch sie kommt aus dem Wendland und stellt sich mit der Ausstellung erstmalig in der Heimat als Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin vor.
„Welcome Home“ präsentiert die zehn jungen KünstlerInnen in all ihrer Unterschiedlichkeit. Da ist zum Beispiel Elise von Bernstorff, die in Giessen Theaterwissenschaften studierte und sich in Gartow mit der Hörinstallation „Die Vögel“ präsentiert. Per MP3-Player werden die Besucher auf einen Audio-Rundgang durch die Seegeniederung geschickt. Orientiert an einem Vogelschwarm können die Besucher die Natur „als Text erleben, der vielfältige Lesarten zulässt.“
Rosa Hannah Ziegler, in Dickfeitzen aufgewachsen, zeigt ihren Kurzfilm „Cigaretta mon Amour“, mit dem sie 2007 bereits den Deutschen Kurzfilmpreis in Gold erhielt. Nach einem Regiepraktikum bei Andreas Dresen und ihrem Diplom an der Kunsthochschule Köln (Film und Regie), das sie mit „eins mit Auszeichnung“ bestand, ist sie aktuell Stipendiatin „Cast and Cut“ der Kulturregion Hannover sowie der nordmedia Fonds. Im Sommer drehte sie ihren ersten Spielfilm in Hannover. Auch Rosa Ziegler hat den Kontakt zu ihrer Heimat nie verloren – zumal ihre Eltern, Filmemacherin Roswitha Ziegler und der Theaterregisseur Jochen Fölster, immer noch in Dickfeitzen leben.
Gilta Jansen dagegen hat sich der bildenden Kunst verschrieben. Mit ihrer in Gartow ausgestellten Installation „The Walk“ hat sie eine raumgreifende Holz-Installation geschaffen, die einen Satz der Schriftstellerin Gertrude Stein aufgreifen. „Die räumliche Ordnung der Installation verhindert es, in objektivierter, distanzierter Haltung einen Zusammenhang der einzelnen Buchstaben zu entziffern. Wir werden aufgefordert, uns in den Raum hinein zu begeben, uns zu bewegen, zu orientierten“, skizzierte die Kunsthistorikern Britta Petersen den Ansatz des Werkes von Gilta Jansen in einer Rede.
Insgesamt präsentiert „Welcome Home“ mit seinen rund 70 Werken vielfältige Facetten des kreativen Schaffens der jungen KünstlerInnen. Für die Kuratorin Anna Lilly Götz war neben der Qualität der Arbeiten vor allem der innere Zusammenhang der KünstlerInnen und ihr Bezug zum Wendland wichtig. Wenn auch nicht alle Ausstellenden aus Lüchow-Dannenberg stammen, so haben doch über Freundschaftsbezüge und gemeinsames Studieren zueinander enge Verbindungen. Das dichte Netz der Beziehungen macht eine Grafik deutlich, die Anna Götz' Vater, der Maler und Bildhauer Werner Götz, für den Katalog zur Ausstellung erstellt hat.
Während der Vorbereitung der Ausstellung rückte die Bedeutung des Heimatbegriffs für Anna Lilly Götz immer mehr in den Vordergrund. Was bedeutet Heimat? Wo ist dieser Ort, nach dem man sich so sehnen und vor dem man manchmal weglaufen möchte? Ist Heimat Familie, ist es Landschaft, ist es ein Gefühl? Fragen, die Anna Lilly Götz voraussichtlich in ihrer Masterarbeit im Fach Kulturgeschichte aufgreifen wird, die sie demnächst beginnt.
Die Ausstellung im Zehntspeicher ist noch bis zum 3. Oktober 2010 geöffnet.
Öffnungszeiten: freitags von 16 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr
Foto: Angelika Blank / Fabian Fobbe: "Eisprung" - nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer studierte Fobbe bildende Kunst bei Prof. Baumgarten an der Universität der Künste in Berlin. Heute lebt und arbeitet er als Bildender Künstler in Berlin.