Noch prangt das Wort „Künstlerhaus“ über dem Eingang des Backsteingebäudes am Dannenberger Mühlentor, links neben der Sparkasse. Doch in wenigen Monaten werden Pinsel und Farbstifte von Zangen und Bohrern abgelöst sein: Eine Zahnarztpraxis hat das Haus gekauft.
Dass es im einst der Kunst geweihten Hause künftig um Kronen, Füllungen und Lückenschluss geht, wurde jüngst auf der Sitzung des Dannenberger Ausschusses für Stadtentwicklung (wnet berichtete) seitens der Verwaltung kundgetan. Schon früher waren in den Räumen, in dem bald Zahnpatienten betreut werden, Zangen und Bohrer zu finden – allerdings in ganz anderen Größen, als sie der Zahnmediziner braucht, nämlich im Hausrat- und Eisenwarengeschäft von Bruno Bussenius.
Klönschnack und Mausefallen „damals bei Bruno“
Bohrmaschinen und weitere Werkzeuge zählten zum umfangreichen Sortiment, welches die Familie Bussenius in ihrem Laden am Mühlentor feilbot. Ob Gartenliege, Milchkanne, Mausefalle oder Besenstiel – die Auswahl war gar groß in dem beliebten, noch ganz nach „guter alter Art und Weise“ geführten Geschäft. Und Heimwerker wussten: Auch wenn man nur zwei Schrauben und Muttern brauchte - „bei Bruno“ gabs das Gewünschte und einen netten Klönschnack noch dazu.
Beliebter Laden musste schließen
Was schon lange vor der Jahrtausendwende unzählige kleinere Einzelhandelsgeschäfte getroffen hatte, war eines Tages auch für „Bussenius Dannenberg“ nicht mehr aufzuhalten: die Notwendigkeit, den Laden aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen. Viele Dannenberger bedauerten diesen Schritt.
Künstlerhaus: Idee auf der Zukunftskonferenz 2002
Die Idee, wie das nun leer stehende Haus wieder mit Leben erfüllt werden könnte, wurde im Oktober 2002 geboren, und zwar auf der Dannenberger Zukunftskonferenz, zu der sich rund 200 Bürgerinnen und Bürger getroffen hatten. Das vielen Bewohnern und Besuchern der Jeetzelstadt verhasste Kopfsteinpflaster in der Langen Straße war mal wieder Thema, irgend jemand machte den Vorschlag, die Marschtorstraße zu überdachen, und unter den realistischeren Anregungen war auch der Gedanke an ein Künstlerhaus. Ein Raum solle geschaffen werden, hieß es aus der Bevölkerung, der sowohl Galerie sein könne als auch Ort der Begegnung mit kunstschaffenden Menschen.
Sparkasse stellte die Räume zur Verfügung
Wenige Tage nach jener Konferenz war das Projekt „Künstlerhaus“ bereits Thema im Stadtrat. Ein solches, so war auf der Zusammenkunft des Kommunalparlaments zu hören, könnte doch im ehemaligen Geschäft Bussenius eingerichtet werden. Die entsprechenden Weichen wurden gestellt, die Kreissparkasse als Eigentümerin des Gebäudes machte mit, und Anfang Juni 2003 wurde das Künstlerhaus Dannenberg mit einer Ausstellung von Holzdrucken des Künstlers Johannes Vennekamp, mit Ansprachen des Dannenberger Bürgermeisters Peter Selber und des Malers Uwe Bremer aus Gümse eröffnet.
Neuer Gedanke: Ein Kunsthaus bauen
Etwa zwei Jahre später hieß es in Dannenberg: Am Standort des Künstlerhaus könnte ein Kunsthaus entstehen. Die Sparkasse wollte sich hier engagieren und das neue Projekt bauen. Nun wurde geplant, entworfen – schließlich stand ein Konzept, das nicht nur Freunde fand. Die GLW-Stadtratsfraktion verurteilte den Kunsthaus-Entwurf im August 2006 als „disharmonische Würfelarchitektur“, und die Kunst, die darin gezeigt werden solle, werde wohl kaum die breite Bevölkerung ansprechen. Das bestehende Künstlerhaus und sein Angebot – Werke betrachten und Kontakt mit Künstlern haben – sei wesentlich „basisnäher“. Außerdem sei es verfehlt, in ein Kunsthaus-Großprojekt zu investieren, wo andere, der größeren Allgemeinheit nutzende Einrichtungen wirtschaftlich in ihrem Bestand bedroht seien.
Stadt: Keine finanzielle Beteiligung
Wenige Wochen drauf konterte die CDU-Stadtratsfraktion: Das Projekt Kunsthaus sei zu begrüßen, werde es doch nicht nur die Belebung Dannenbergs fördern, sondern sich auch auf die gesamte Region positiv auswirken. Was eine mögliche finanzielle Belastung angehe, die von Kritikern ins Spiel gebracht worden sei, müsse festgestellt werden: Die Stadt Dannenberg werde sich weder an der Investition noch an der Unterhaltung des Hauses beteiligen. Die Stadt habe der Sparkasse nur zugesagt, das Vorhaben bei Bau und Betrieb „positiv zu begleiten“. Positiv bewertet im Sinne der Stadtentwicklung wurde das Kunsthaus dann unter anderem von der Stadtverwaltung im Rahmen einer Sitzung des Dannenberger Rates im Herbst 2007.
Juni 2008: Eventuell neuer Standort nötig
Doch das Vorhaben sollte nie verwirklicht werden. Noch im Juni 2008 hieß es seitens der Sparkasse: Sie habe eine Expertise in Sachen Kunsthaus erstellen lassen, und die Gutachter hätten darin sinngemäß empfohlen, namhafte Künstler von außerhalb ihre Werke im Kunsthaus ausstellen zu lassen. Das Ganze aber müsste von fachkundigem Personal betreut werden. Inwieweit dadurch höhere Kosten entstehen, das müsse zunächst geklärt werden, so die Sparkasse. Im Gespräch war auch, dass in Dannenberg womöglich ein anderer Standort für das Haus gesucht werden müsse, weil die Stadt das „Künstlerhaus-Areal“ am Mühlentor eventuell für gewerbliche Zwecke vorsehen werde.
Juli 2008: endgültiges Aus fürs Kunsthaus
Doch eine neuer Bauplatz musste nicht gefunden werden. Im Juli 2008 kam das Aus fürs Kunsthaus. Grund, so die Sparkasse, seien die zu erwartenden hohen Folgekosten, die das Objekt mit sich bringen würde.
Malschule zog ins Künstlerhaus
So blieb es denn beim „alten“ Künstlerhaus, in dem allerdings immer weniger Ausstellungen zu sehen waren, Schließlich zog in die Räumlichkeiten eine Malschule ein. Auch dieses Element aktiver Kunst hat das Gebäude mittlerweile verlassen und anderswo eine Wirkungsstätte gefunden.
Handwerker verwandeln das Künstler- nun in ein Zahnarzthaus. Die Umbau-Arbeiten haben bereits begonnen, und mit Info-Schreiben am Schaufenster kündigt die Gemeinschaftspraxis Jäger und Philippi an, dass sie in absehbarer Zeit in ihrem neuen Domizil die PatientInnen versorgen wird.
Foto: Hagen Jung
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