Am Anfang war die Blödheit. Die Blödheit amerikanischer Programmierer ein Computersystem zu bauen, über welches ein militärischer Analyst namens Bradley Manning Zugriff auf alle diplomatischen Depeschen seit Menschengedenken, auf Armeeberichte und auf Videos, die Kriegsverbrechen dokumentieren, hatte. Nicht nur hatte Manning Zugriff auf all diese Daten, nein er konnte sie auch noch komplett herunter laden und sie in aller Ruhe auf eine CD oder DVD brennen.
Dann schrieb Mannigan "Lady Gaga" auf die CD und marschierte raus aus seiner "Forward Operating Base Hammer", irgendwo in einer verlassenen Ecke am Hindukusch.
Dann kamen all diese Daten zu Wikileaks.org. Damals chattete Manning:"Hillary Clinton und mehrere Tausend Diplomaten in der ganzen Welt kriegen einen Herzinfarkt, wenn sie eines morgens aufwachen und merken dass ein Riesenpaket mit vertraulicher diplomatischer Post der Öffentlichkeit zur Verfügung steht".
Beim Chatten geriet Manning an den Falschen - den Ex-Hacker Adrian Lamo, der nichts besseres zu tun hatte als Manning zu verpfeifen.
Seitdem sitzt Manning in Isolationshaft und wartet auf ein Urteil wegen Geheimnisverrats. Es drohen ihm bis zu 52 Jahre Haft. Hier gibt es eine Unterstützer Website für Bradley Manning.
Dann wurde im April das unfassbare Video des Hubschraubers und seiner Killerbesatzung veröffentlicht. Dann die Afghanistan-Prokolle, die Irak-Papiere und schliesslich die diplomatischen Depeschen.
Und seit Kurzem läuft der grösste Versuch Zensur im Internet auszuüben, den der Westen bislang gesehen hat.
Ziel 1 - Wikileaks.org lahmlegen
Kurz vor der Veröffentlichungen der diplomatischen Depeschen wurde Wikileaks von dDOS-Attacken heimgesucht. D.h. eine Armee von Zombie-Computern hat Anfragen an wikileaks geschickt und damit die Server an den Rand (oder darüber hinaus) des Untergangs gebracht. Wer ist schuld an diesen Attacken? Das lässt sich nicht beantworten. Es sei hier nur erwähnt, dass die USA seit etwas mehr als einem Jahr ein Cyberwar-Kommando unter Leitung eines 4-Sterne Generals haben.
Die Angriffe auf Wikileaks gehen unvermindert weiter.
Dann kündigte Amazon (als Hosting- und Service Provider) Wikileaks am Mittwoch den Vertrag. Wikileaks musste sich neue Server in Europa suchen und hat sie auch gefunden in Schweden und Frankreich. Bei dieser Entscheidung Amazons soll Senator Liebermann Druck ausgeübt haben.
Danach wurde von einer anderen amerikanischen Firma everydns der Domain Name gekillt. Wikileaks war unter wikileaks.org nicht mehr erreichbar. Das Gleiche passierte zwischenzeitlich mit der schweizerischen Domain: wikileaks.ch. Einen Überblick wo Wikileaks zu finden ist, gibt es derzeit noch unter der Adresse: wikileaks.info.
Als vorläufig letzte Aktion kündigte Paypal den Service für Wikileaks und beraubt Wikileaks damit seiner Finanzierungquellen. Weiter fror Paypal auch die Konten der von Wikileaks unabhängigen Wau-Holland-Stifung ein.
Das Internet ist nur so lange frei so lange nicht der Provider den Stecker zieht.
Seit Tagen wehrt sich die "Netzgemeinde". Überall werden Websites eingerichtet die die Daten von Wikileaks hosten. Jeder, der noch ein bisschen Platz auf seinem Server hat kann sich hier anmelden! Und hier gibt es eine Liste der Domains unter denen wikileaks zu erreichen ist! Interessant ist auch diese Website auf der es eine Freitextsuche in den Depeschen gibt: http://cablesearch.org/
Wichtig wäre wohl eine Software zu entwickeln, so daß ein Portal wie Wikileaks nicht bei einem Provider gehostet wird, sondern verteilt auf ganz viele Computer von ganz normalen User wie du und ich. Bittorrent geht schon in diese Richtung.
Und wichtig ist auch, dass jeder, der eine journalitische Website betreibt Alternativen hat und sich gut überlegt bei wem er seine Site unterbringt.
Ziel 2: Kill Assange!
Ein schwedischer Staatsanwalt Die schwedische Generalstaatsanwältin lässt Julian Assange über Interpol suchen. Mit einer sogenannten "Red Notice". Allerdings nur zur Befragung. Wie der australische Anwalt von Assange, James Catlin schrieb:
Das hilft natürlich Assanges Ruf auch nicht, weil ein grosser Teil der Presse verkündet: Assange werde wegen sexueller Straftaten, Vergewaltigung oder so ähnlich gesucht!
Dass es in den USA patriotische Schwachköpfe gibt die Kill Assange! schreien; dass Palin will, dass Assange wie ein Taliban gejagt wird ... wundert nicht.
Und ausserdem: US Aussenministerium warnt Studenten in Facebook oder Twitter auf wikileaks zu verweisen.
Noch hat Twitter.com nicht die Suche nach #wikileaks abgeschaltet. Was passiert wenn das geschieht? Wird auch Google sich den Forderungen unterwerfen so wie Amazon?
Was wäre eigentlich, wenn die geheimen Depeschen der CIA veröffentlicht würden - würden die USA dann das Internet komplett abschalten?
Links
Twitter-Rauschen zum Thema
Das Twitterrauschen bei Google (falls Twitter die suche nach wikileaks abschaltet)
Gute Informationen (en) zum Stand der Dinge: http://wlcentral.org/
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Foto: Der Bunker von wikileaks schwedischem Provider http://www.bahnhof.se/