Wir wünschen unseren Lesern ein entspanntes Weihnachtsfest - ohne Stress und Konsumwahn, ohne Streit und Katastrophen. Und wer sich nun seufzend in die Kissen hängt und leise brummelt "Früher war doch alles schöner", dem sei zur Therapie dieses Gedicht von Peter Panter empfohlen, dass er kurz vor Weihnachten 1918 schrieb:
Weihnachten
So steh ich nun vor deutschen Trümmern,
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
O Tannebaum!
Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– bei Deutschen fruchtet keine Lehre –
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse grölt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
o Tannebaum!
Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
Uns Deutsche mit der Lammsgeduld?
Die leiden nicht. Die warten bieder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen nie, nie wieder.
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!
In diesem Sinne - Entspannte Weihnachten!
Das Team von wendland-net
UPDATE 27.12.2009: Peter Panter alias Ignaz Wrobel alias Teobald Tiger alias Kurt Tucholsky zählte zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Als politisch engagierter Journalist und zeitweiliger Mitherausgeber der Wochenzeitschrift "Die Weltbühne" erwies er sich als Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Zugleich war er Satiriker, Kabarettautor, Liedtexter, Romanautor, Lyriker und Kritiker. Er verstand sich selbst als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor rechten Tendenzen – vor allem in Politik, Militär und Justiz – und vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus.
Aus dem ersten Weltkrieg kehrte Tucholsky als überzeugter Anti-Militarist und Pazifist zurück. Zeit seines Lebens schrieb er - nahezu verzweifelt - an gegen Obrigkeitsgläubigkeit, Duckmäusertum und Behördenwillkür. Erich Kästner beschrieb ihn 1946 einmal als „kleinen dicken Berliner“, der „mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten“ wollte.
Doch Anfang der 30er Jahre hatte Tucholsky erkennen müssen, dass alle seine Warnungen vor einer aufkommenden Diktatur nicht gefruchtet hatten. Hilflos musste er dem Erstarken des Nationalsozialismus zuschauen. Obwohl er sich immer gegen ein Exil-Leben ausgesprochen hatte, verlegte Tucholsky 1930 seinen Wohnsitz nach Schweden. Schriftstellerisch war er seitdem weitgehend verstummt.
Am 21. Dezember 1935 starb Kurt Tucholsky im schwedischen Göteborg nach der Einnahme einer Überdosis Tabletten.
Mehr über Kurt Tucholsky: click!