Thema: widerstand

Yes, we camp! Gegen G20: Protestnacht in Lüchow

Nicht nur ein "Testlauf" war die Campnacht von G20-Gegnern auf dem Lüchower Marktplatz am Montag. Sie wollten damit auch gegen das befürchtete endgültige Verbot eines Camps in Hamburg protestieren.

Die Vorbereitungsgruppe Altmark/Wendlandtreck will mit einem Camp am Protest gegen den G20-Gipfel im Juli in Hamburg teilnehmen. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat ein solches Camp verboten. Gegen diese Entscheidung protestierten Altmärker und Wendländer gemeinsam - mit einem Camp: Sie schliefen am Montag kurzerhand auf dem Lüchower Marktplatz.

Jetzt hängt alles von dem Urteil aus Karlsruhe ab, das für Mittwochmorgen erwartet wird. Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden: Sind Protestcamps Versammlungen und somit Ausdruck politischer Meinungskundgabe – oder sind sie das nicht?

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) hat vor kurzem ein G20-Protestcamp in Hamburg mit geplanten 15.000 Teilnehmern verboten. Gegen diese Entscheidung protestierten Altmärker und Wendländer am Dienstagabend gemeinsam mit einem bunten Camp und viel Musik auf dem Marktplatz der Kreisstadt Lüchow. „Ja, auch schlafen kann politisch sein“, meint augenzwinkernd Camp-Sprecherin Alma Wunder.

Doch der Hintergrund ist ernst: Um gegen das aus ihrer Sicht ungerechte Urteil zu protestieren und ihren Willen auszudrücken, dass sie sehr wohl trotzdem in Hamburg campen werden, errichteten rund 40 Teilnehmer der „Vorbereitungsgruppe Altmark/Wendlandtreck gegen den G20-Gipfel“  kurzerhand auf dem Lüchower Marktplatz ihre kleine Wagenburg, unter dem Motto: „Yes, we camp!“

Damit erinnern sie an den Wahlkampf des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, der mit diesem Slogan in die Geschichte einging („Yes, we can“ = sinngemäß: „Doch, das können wir“).

Hintergrund: der rot-grüne Senat Hamburgs hat ein weitläufiges Versammlungsverbot für den Zeitraum des G20-Gipfels erlassen. „In diesen repressiven Kontext fällt auch die Entscheidung des OVG, das antikapitalistische Camp für 10.000 bis 15.000 Campteilnehmer zu verbieten“, meint die Gruppe Altmark/Wendlandtreck. Kurz gesagt, sieht das Gericht das Camp nicht als „Versammlung“ an, dafür müsse es mehr Veranstaltungen mit Meinungskundgabe geben. Das Aufstellen von Zelten sei kein „funktioneller oder symbolischer Teil der Meinungskundgabe“.

Doch, so Alma Wunder, „wir sind uns einig: antikapitalistisches Protestcamp ist eine Meinungskundgabe! Camps waren und sind ein integraler Bestandteil politischer Praxis.
Sie sind Orte der Debatte und des Austauschs, des Zusammenkommens, der Selbstorganisation, hier erleben wir Solidarirät und Freundschaft, und ja, auch Regeneration. Mit unseren Camps halten wir dem Hochsicherheitstrakt der Konferenzteilnehmer entgegen: So wollen wir leben! das ist unser 'Big Deal', das Camp ist unser Symbol des Widerstandes.“

Immerhin acht Altmärker übernachteten mit ähnlich vielen Wendländern auf dem Lüchower Marktplatz in kleinen Igluzelten und Bauwagen. Im großen Zelt wurde zuvor ein gemeinsames Abendessen mit Gästen veranstaltet. Gruppensprecherin Alma Wunder am nächsten Morgen: „Die Nacht war schön, aber in Lüchow ist es trotz Umgehungsstraße doch ziemlich laut“.

Schon am morgigen Donnerstag ziehen die Protestler los in Richtung Hamburg, sie wollen einen Zwischenstopp in Lüneburg einlegen. „Am Wochenende wollen wir in Hamburg sein und dort unser Altmark-Wendland-Camp errichten.

Wo, das hängt vom Urteil ab, das am Mittwoch erwartet wird, so Alma Wunder: „Ich persönlich rechne mit einem negativen Urteil, andere unserer Gruppe hoffen, das Camps als politische Meinungsäußerung anerkannt werden. Unser Camp wird trotzdem entstehen. Wir hoffen, dass die Stadt eine Ausgleichsfläche zur Verfügung stellt, um zu vermeiden, dass die bis zu 15.000 Protestler wild in Hamburg campen.“  

Fotos / Björn Vogt: Rund fünfzehn G20-Gegner campierten Montag Nacht auf dem Lüchower Marktplatz




Fotos

2017-06-27 ; von Björn Vogt (autor),
in 29439 Lüchow, Deutschland

widerstand   g20  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können