Thema: zivilcourage

Zivilcourage heißt auch an den eigenen Schutz zu denken

Jugendliche schlagen einen Passanten, treten ihn, verlangen seine Brieftasche … Wer möchte dem Opfer nicht helfen? Doch die meisten haben Angst, sich einzumischen, Angst, selber zum Gewaltopfer zu werden. Kommissarin Gela Kulaczewski erklärte letzte Woche, wie man helfen kann, ohne sich selbst zu gefährden

Auf Einladung der Dannenberger Landfrauen war die Kriminalhauptkommissarin (KHKin), Mitglied des Präventionsteams der Polizei, am letzten Donnerstag in die Alte Post gekommen.

Gela Kulaczewski hat in ihrer Ausbildung gelernt, wie mit Gewalt- und Schocksituationen umzugehen ist. Doch bei den „normalen“ Menschen herrscht die Angst oft vor. „Auch hier ist man ja hin und wieder schon in Situationen geraten, wo man gerne geholfen hätte, aber die Angst hat dann doch gesiegt“, war von einigen Frauen im Saal zu hören. Gela Kulaczewski kennt das Problem und sie weiß Rat: „Helfen heißt nicht unbedingt, sich direkt einzumischen. In vielen Situationen, können Beobachtung und Präsenz zeigen schon viel bewirken. Gehen Sie nur soweit, wie Sie es sich selbst zutrauen“, riet die Kommissarin den Anwesenden.

Zivilcourage heißt, die eigene Scheu zu überwinden, aber auch, an den eigenen Schutz zu denken, so Kulaczewski. Hilfreich sei es auch, sich aus der Distanz einen Überblick zu verschaffen, sich die Personenbeschreibung des Täters genau einzuprägen und gegebenenfalls Hilfe zu holen. „Wichtig ist, dass Sie nicht einfach weg schauen, sondern bereit zur Hilfe sind.“

Doch was tun, wenn der eigene Schreck so groß ist, dass keine Reaktion mehr möglich ist? „Mut und Zivilcourage lassen sich im Alltag sehr gut üben, denken Sie nur an die Hackenschubser im Supermarkt. Oder die Spezialisten, die sich an der Kasse vordrängeln. In diesen kleinen Alltagssituationen können Sie gut Ihren Mut trainieren. Dabei entwickeln Sie Stärke und Sicherheit, um auch in gefährlichen Situationen die Nerven zu bewahren und sich und andere zu schützen“, riet die Kommissarin den Landfrauen. 

Um die Brisanz einer Situation besser einschätzen zu können, ist es notwendig, mehr über Gewalttäter und ihre „Drehbücher der Gewalt“ zu wissen. „Meist sind es Männer unter 30, die mit Gewalttaten auffallen“, so die Kommissarin. „Dabei spielt Macht immer eine große Rolle. Der  Täter sucht sich sowohl Situationen als auch Opfer so aus, dass er sicher sein kann, die Oberhand zu behalten. Durch gezielte Provokationen wird dann getestet, wie weit er bei dem ausgewählten Opfer gehen kann. Erst wenn das Opfer die ersten Attacken widerspruchslos über sich ergehen lässt, geht der Täter einen Schritt weiter. Sobald die potenziellen Opfer sich durch  selbstbewusstes Verhalten gegen Übergriffe wehren, funktioniert der beabsichtigte Plan der Täter nicht mehr. Meist lassen sie dann von ihrem Vorhaben ab.“

Die Landfrauen hörten es mit Skepsis. Wie kann ich sicher sein, dass das funktioniert? Was ist, wenn gerade dieser Schläger sich durch vehementes Auftreten nicht beeindrucken lässt, ja womöglich noch aggressiver wird? Diese und ähnliche Fragen raunten durch den Saal. Gela Kulaczewski bemühte sich, die Frauen zu ermutigen, sich selbstbewusst zu zeigen. „Viele Studien und Statistiken haben gezeigt, dass selbstbewusste, dominant auftretende Menschen seltener Opfer von Gewalttaten werden als schüchterne.“

Neben den kleinen Mutaktionen im Alltag können auch Kurse dabei helfen, die eigenen Grenzen und Stärken kennen zu lernen und Verteidigungs-Strategien einzuüben. Für Frauen bietet zum Beispiel der Verein Violetta in Dannenberg Kurse in Selbstverteidigung an. Aber auch die Polizei bietet Seminare für mehr Zivilcourage an – zum Beispiel bei der Evangelischen Familien-Bildungsstätte in Lüneburg.

Das Präventionsteam für die Region ist über das Internetportal der Polizei Niedersachsen zu erreichen. Dort finden sich auch ausführliche Broschüren und Informationsblätter zum Thema. Eine weitere informative Seite ist „www.aktion-tu-was.de“, ebenfalls eine Initiative für mehr Zivilcourage von der Polizei.

Foto: Angelika Blank

 

 




2009-11-10 ; von Angelika Blank (autor),

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