Braunschweig bei Nacht und Mumbai im täglichen Trubel. Mit der Ausstellung "Stadt-Klänge" porträtieren die Künstler Clemens von Reusner und Hans Wesker die beiden Städte durch Klang.
Eine ungewöhnliche Ausstellung präsentiert der Westwendische Kunstverein derzeit im Zehntspeicher Gartow. Den Mittelpunkt der Ausstellung bilden zwei Klangkompositionen von Clemens von Reusner und Hans Wesker. Ergänzt werden sie durch Fotos und Collagen der beiden Städte Braunschweig und Mumbai.
Die Klangskulpturen sind sicherlich keine leichte Kost für Alle, die sich noch nie mit Klangkunst beschäftigt haben. Doch wer sich auf die Collagen aus Geräuschen, Klängen und elektronischen Akustikelementen einlässt, wird neue Hörwelten entdecken.
Nachtraum: Eine Großstadt. Regen tropft auf die Straße, während ein Auto vorbeirast. Von ferne nähert sich eine Gruppe junger Nachtschwärmer, Absätze klacken über den Asphalt. Die Gespräche bleiben Fragmente, verflüchtigen sich in der Nacht. Übrig bleibt ein leerer Platz - bzw. eine Stille, die den weiten Raum der Großstadt ahnen lässt.
Mit seiner 8-Kanal-Klanginstallation macht Clemens von Reusner das Geschehen einer nächtlichen Großstadt hörbar. Den Zuhörern gibt der Klangkünstler aus Brünkendorf einen Einblick in die Strukturen des urbanen Klangraums "Braunschweig". Verdichtet auf rund 52 Minuten schuf von Reusner eine dynamische Collage aus den Klängen der Stadt und so einen Eindruck in die spezifische Dramaturgie der nächtlichen Stadt.
Bewusst legte von Reusner die Klangskulptur auf acht Kanälen an, die über ebenso viele - im Rund aufgestellte - Lautsprecher abgespielt wird. So haben die Zuhörer die Gelegenheit, sich auf Liegen oder Stühlen mitten in das Geschehen hineinzudenken. In beinahe meditativer Ruhe entfaltet sich der urbane Kosmos vor dem inneren Auge. Eine poetische Reise durch das nächtliche Braunschweig zwischen 0 und 6 Uhr.
Mumbai ... only sounds?
Ganz anders bei der Klangkomposition Hans Wesker. Er begab sich in den alltäglichen Trubel von Mumbai, mit rund 20 Millionen die größte Stadt Indiens und fing die Klänge dieser überbordenden Millionenstadt ein. Tagsüber brodelt diese Stadt - rhythmisch durchdringen sich Quietschen, Rattern und menschliche Unterhaltungen in diesem Durcheinander aus Menschen, Tieren und Maschinen.
Auch Wesker entschied sich für eine 8-Kanal-Installation, um die verschiedenen Wahrnehmungsräume so real wie möglich darstellen zu können. Ergänzt durch elektronisches Klangmaterial schuf Wesker aus den Klängen der Stadt eine dichte Komposition, die das emotionale Erleben des bunten Treibens in Mumbai ermöglicht.
Hier! ist ein Ausschnitt aus de rund 40 Minuten langen Werk zu hören.
"Stadt-Klänge" - ein Bild-Klang-Erlebnis
Ergänzt werden die beiden Klangskulpturen durch Fotos und Collagen. Während Clemens von Reusner strenge Schwarz-Weiß-Aufnahmen des nächtlichen Braunschweig schuf, entschied sich Hans Wesker für lichte Collagen, die die vielfältigen Farben der Stadt aufgreifen.
Präsentiert werden die Fotos getrennt von den Klangskulpturen. Diese nimmt der Zuhörer im abgedunkelten Raum auf Liegen oder Stühlen mitten zwischen den Lautsprechern war. Die Klangwahrnehmung soll nicht gestört werden von optischen Eindrücken. Die Bilder wiederum sind so weit von den Klängen entfernt, dass sie als eigenständige Werke wahrgenommen werden können.
Wer eine meditative (Klang)-Reise in die beiden Städte unternehmen möchte, sei geraten, die Ausstellung am Samstag oder Sonntag zu besuchen, da die beiden Klangskulpturen zusammen rund 90 Minuten Laufzeit haben. Da bleibt am Freitag (geöffnet von 16 bis 18 Uhr) wenig Zeit, auch noch die Bilder wahrzunehmen.
Die Ausstellung "Stadt-Klänge" ist noch bis zum 24. Juni im Zehntspeicher Gartow zu sehen. Öffnungszeiten: Freitag 16 bis 18 Uhr | Samstag 12 bis 16 Uhr | Sonntag 12 bis 16 Uhr
Foto | Clemens von Reusner: Regennasse Treppe im nächtlichen Braunschweig