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100 Jahre St. Agnes - Fest im oekumenischen Geist

Vom Geist der Oekumene, des guten Zusammenlebens von Menschen verschiedener Konfessionen, war die Feier zum 100-jährigen Bestehen der katholischen Kirche St. Agnes in Lüchow geprägt. Sowohl in der Heiligen Messe mit dem Bischof von Hildesheim, Norbert Trelle, als auch während des Jubiläums-Empfangs danach war das spürbar, was Papst Johannes Paul II. einst mit Blick auf nicht-katholische Christen betonte: „Das, was uns verbindet, ist viel stärker als das, was uns trennt.“

Sogar hörbar war Oekumene zu Jubiläum: Der Posaunenchor der evangelischen Kirche zu Plate ließ festliche Klänge ertönen, als die Zelebranten der Heiligen Messe ins Gotteshaus einzogen: Bischof Norbert Trelle, Dechant Carsten Menges aus Lüneburg, die hiesigen Pfarrer Petrus Dams und Hans Günter Sorge, sein jetzt in Salzgitter tätiger Amtsvorgänger Dirk Sachse sowie Pfarrer Andreas Müller aus Salzwedel.

Für Norbert Trelle hatte sich die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Margarete Boczianowski, ein nettes Willkommen ausgedacht: Passend zum Jubiläum sollten den Bischof 100 Lebensjahre begrüßen. Dies taten dann im Chorraum eines der ältesten und eins der jüngsten Gemeindemitglieder: die 96-jährige Selma Bikowski und der kleine Jönne Fröhlich, der mit seinen vier Jahren die Hundert komplettierte.

Gegen konfessionelle Enge

In seiner Predigt bezog sich der Bischof auf die biblische Erzählung vom Dialog Jesu mit einer Frau aus Samarien am Jakobsbrunnen. Zu jener Zeit war das Verhältnis zwischen Juden und Samaritern ähnlich konfliktbeladen wie einst zwischen Protestanten und Katholiken. Doch Jesus überwindet das Trennende. Der Bischof appellierte an die Menschen im der voll besetzten Gotteshaus, ebenfalls aufeinander zuzugehen und gemeinsam auch darüber zu reden, was Menschen in der Kirche bedrückt. Trelle wandte sich gegen „konfessionelle Enge“, und einen besonderen Akzent setzte er auf die Religionsfreiheit. Sie sei nicht allein im Katalog der Menschenrechte verankert, sondern gehöre auch zur Charta des christlichen Glaubens.

Empfang mit 200 Gästen

Zum Empfang im Lüchower Gildehaus begrüßte Ulla Nosko als Organisatorin des Jubiläumsjahres rund 200 Gäste, darunter auch Franziskanerbrüder aus Uelzen und Vertreter des öffentlichen Lebens wie Lüchows Samtgemeindebürgermeister Hubert Schwedland, Stadtbürgermeister Manfred Liebhaber und Polizeichef Ulrich Constabel. Als stellvertretende Landrätin gratulierte Elke Mundhenk der Jubiläumsgemeinde, für das Dekanat Lüneburg tat dies Dechant Menges, und das gute oekumenische Miteinander hob Propst Stephan Wichert-von Holten namens der evangelischen Kirche hervor.

Erinnerungen an die "Franzosenzeit"

Wie dies Miteinander langsam wuchs, schilderte Stephan von Welck aus der Sicht des Historikers. In seinem Vortrag erinnerte er an ein erstes oekumenisches Ereignis in Dannenberg: Zur „Franzosenzeit“ 1804 hatten katholische Eltern ihr Kind Frederic in der Jeetzelstadt von einem evangelischen Geistlichen taufen lassen. Ein katholische Pfarrer war nicht zu finden. Kein Wunder, denn das Wendland war lange Zeit nahezu hundertprozentig protestantisch. Zeitweise wurden 24 000 Lutheraner gezählt gegenüber 40 Katholiken.

Arbeitskräfte aus katholischen Regionen kamen

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, bedingt durch den Bedarf an Saisonkräften für die Ernte und den Kaliabbau, fanden Arbeitskräfte aus überwiegend katholischen Regionen den Weg nach Lüchow-Dannenberg. Berufliche Perspektiven bewogen auch den katholischen Schornsteinfeger August Düker, 1864 ins hiesige Kreisgebiet zu ziehen. Der gläubige Mann scharte eine kleine katholische Gemeinde um sich, die den weiten Weg nach Salzwedel – zu Fuß - auf sich nahm, um dort in der Kirche die Heilige Messe zu feiern. Doch ab und zu kam von dort der katholische Pfarrer – zu Pferd - zur Messfeier in privaten Räumen nach Lüchow.

Querelen um den Religionsunterricht

Das Verhältnis der Konfessionen zueinander war seinerzeit noch nicht „vom oekumenischen Geist durchdrungen“, erinnerte Stephan von Welck; Katholiken seien von der Bevölkerung eher als Fremdkörper betrachtet worden. Querelen um den Religionsunterricht belasteten das Verhältnis ebenso wie die Auswirkungen des „Kulturkampf“ genannten Konflikts zwischen dem deutschen Kaiserreich und der katholischen Kirche zur Zeit Bismarcks.

Evangelischer Großgrundbesitzer stiftete für St. Agnes

Sichtbar wurde oekumenischer Geist dann aber, als der Bau der Kirche St. Agnes anstand. Zu dem 30 000 Goldmark teuren Projekt gab ein evangelisch-lutherischer Großgrundbesitzer 3000 Mark hinzu: der Leipziger Arnold von Frege-Weltzien. Er hatte 1900 in Grabow die katholisch erzogene Agnes von Plato geheiratet. Seine Spende verband er mit dem Wunsch, die Kirche möge nach der Patronin seiner Frau benannt werden. So geschah es bei der Weihe des Gotteshauses im März 1914 – vor 100 Jahren. Hagen Jung

Foto oben: 100 Lebensjahre begrüßen den Bischof: Jönne Fröhlich (4) und Selma Bikowski (96). Foto: Hagen Jung




Fotos

2014-03-24 ; von Hagen Jung (autor), auf lokales
in Lüchow (Wendland), Deutschland

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