Thema:

Der Lebensvogel singt nicht mehr - Walter Mossmann ist gestorben

Am 29. Mai starb Walter Mossmann, der die Anti-AKW-Bewegung nicht nur mit seinem "Lied vom Lebensvogel" stark geprägt hat. Ob Wyhl oder Gorleben oder andere Schauplätze staatlicher Willkür - Walter Mossmann trat immer vehement für die Stärkung der Bürgerrechte ein.

1980 gehörte der Sänger und Autor Walter Mossmann zu den Ersten, die das sogenannte "Bohrloch 1004" im Gorlebener Wald besetzten und dort die "Freie Republik Wendland" gründeten. Einen Monat lang wurde dort ein Traum gelebt, der kurz darauf von Polizisten radikal zerstört wurde. In dieser "Klampfenzeit", wie er es selber nannte, wurde sein "Lied vom Lebensvogel" DAS Lied des wendländischen Widerstandes. Bis heute ist es immer noch auf diversen Widerstandsveranstaltungen zu hören.

Doch Walter Mossmann beschränkte seinen Widerstand nicht allein aufs Singen. Immer wieder löste er mit seinen Texten, mit Radiosendungen und Büchern Kontroversen aus. Er schrieb zahlreiche Aufsätze zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Wirklichkeit, unter anderem zu Nationalismus, Antisemitismus und brachte seine Fähigkeiten auch in den neuen sozialen Bewegungen ein.

2011, als der Reaktor-GAU in Tschernobyl sich zum 25. Mal jährte, hatte Walter Mossmann seine (Sing)Stimme durch eine Krankheit längst verloren. Was ihn aber nicht davon abhielt, sich intensiv weiter politisch zu betätigen. So kümmerte er sich um einen Veranstaltungszyklus im Gartower Zehntspeicher, der sich mit dem fortschrittsgläubigen Eifer der ehemaligen Sowjetmacht beschäftigte. 

Für alle Beteiligten im Westwendischen Kunstverein, die mit ihm zusammen diese Ausstellungsreihe - Tschernobyl 25 - organisierten, war die Zusammenarbeit mit Walter eine prägende Erfahrung. Sein unbedingter Wille, Andere aufzuwecken, sich gegen staatliche Willkür zur Wehr zu setzen, beeindruckte Jeden, der mit ihm zu tun hatte. "realistisch sein - das unmögliche verlangen" war eines seiner letzten Bücher, in denen er autobiographische Skizzen zusammengefasst hatte. "realistisch sein - das unmögliche verlangen" war vielleicht auch das lebensmotto von dem ewigen Querdenker. Wobei es symptomatisch für ihn war, dass das "unmögliche verlangen" bewusst klein geschrieben wir. Das Unmögliche verlangen oder das unmögliche Verlangen? Solche doppeldeutigen und gleichzeitig scharfsinnigen Wortspielereien waren typisch für ihn.

Walter Mossmann war auch ein Freund. Ein Freund, der nicht immer einfach war, dessen bissige Ironie auch vor den Ungereimtheiten der Freunde nicht halt machte. Doch das war genau das, was Walter so spannend machte: bei gutem Rotwein ließ es sich mit ihm herrlich spotten - über staatliche Willkür, die Rituale des Widerstands oder die eigenen kleinen Schlupflöcher, die der Einzelne, ob Widerständler oder nicht, sich in seinem Leben gebastelt hatte. 

Walter ist tot. Er starb am 29. Mai an den Folgen einer Krebserkrankung. Wir haben einen Freund verloren.



2015-06-01 ; von Angelika Blank (autor),

 

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können