Thema: zwischenlager

100 Jahre Atommüll in Gorleben - Was ist mit der Sicherheit?

In 113 Castorbehältern lagert im Gorlebener Zwischenlager hochradioaktiver Atommüll, der dort noch für über 100 Jahre bleiben wird. Da sind sich Experten einig. Doch bleiben Behälter und Inhalt so lange sicher? Konzepte für die Langzeit-Sicherheit fehlen noch immer.

Bereits im September vergangenen Jahres veröffentlichte der Bund für Naturschutz in Deutschland (BUND) eine Studie über die aktuelle Situation in deutschen Zwischenlagern für hochradioaktivem Müll. Oda Becker stellte vergangene Woche vor dem Atomausschuss des Landkreises in einem Kurzreferat einige Punkte aus der Studie vor.  

Auf 83 Seiten hat die Physikerin Probleme und Risiken der Langzeitlagerung von hochradioaktivem Müll beschrieben. Das Thema ist  nicht neu. Mit dem Neustart der Endlagersuche war klar, dass die vorgesehene Lagerzeit in Zwischenlagern weit überschritten wird. Bei der Betriebserlaubnis war die Behörde davon ausgegangen, dass die Sicherheit für Inhalt und Behälter für einen Zeitraum von 40 Jahren gewährleistet sei, weswegen die Betriebserlaubnis bis zum Jahre 2034 begrenzt wurde. Experten gehen jedoch derzeit davon aus, dass es über 100 Jahre dauern wird, bis hochradioaktiver Abfall tatsächlich endgelagert wird. Fazit des BUND: Es müssen völlig neue Handlungs- und Sicherheitskonzepte für die Zwischenlagerung entwickelt werden.

Auch diese Forderung ist nicht neu. Seit Jahren wird in Fachkreisen auf Probleme und Risiken hingewiesen. Diskutiert wurde viel, konkrete Konzepte gibt es bis heute nicht - jedenfalls keine, die der Öffentlichkeit bekannt wären.

Der Chef des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), Wolfram König, thematisierte bereits im Jahre 2018 im Vorwort einer Broschüre zu Sicherheitsaspekten in Zwischenlagern die Notwendigkeit, neue Konzepte zu entwickeln. Er sah sein Amt dabei in einer "Wächterfunktion".

Umweltgruppen reichte diese Haltung schon damals nicht, sie warfen dem Bundesamt Ignoranz gegenüber den Problemen der Langzeit-Zwischenlagerung vor und forderten Handlungskonzepte. 

Was passiert mit den Brennstoffen bei langer (Zwischen)Lagerung?

Eine unbekannte Größe ist unter anderem, wie groß das Risiko ist, dass sich das hochradioaktive Material in den Behältern bei Langzeitlagerung verändert bzw. geschädigt wird. Derzeit wird der Zustand lediglich von außen per Messwert kontrolliert. So bleiben die Castorbehälter bisher eine Black Box. Eine Öffnung der Behälter zur Kontrolle ist in Deutschland nicht vorgesehen.

In einem Gutachten, welches 2015 im Auftrag der Endlagerkommission von Oekoinstitut und TÜV Nord erstellt worden war, wurde unter anderem auf dieses Problem hingewiesen: "Zurzeit ist nicht nachgewiesen, ob die Kriterien für die jetzt praktizierte Zwischenlagerung auch für eine Langzeitzwischenlagerung den Ausschluss eines systematischen Hüllrohrversagens sicherstellen können." Maßnahmen zur Minderung dieser Auswirkungen würden derzeit (2015) international diskutiert. "Die Entwicklungen auf diesem Sektor sollten weiter verfolgt und die Ergebnisse sollten in die Bewertung der Inventare für eine längere Zwischenlagerung einfließen ," heißt es in dem Gutachten weiter.

Wie gesagt, dieses Gutachten wurde 2015 veröffentlicht. Bei einer Sitzung des Nationalen Begleitgremiums im Januar 2018 wies die Gutachterin des Öko-Instituts Darmstadt darauf hin, dass es nicht einmal ein Regelwerk zur Überprüfung des Behälterinventars gebe. Bis heute scheint sich daran nichts geändert zu haben.  

Das Institut für nukleare Entsorgung in Karlsruhe wies inzwischen nach, dass sich Brennelemente im Laufe der Zeit verändern. Die Forscher sind sicher, dass Brennelemente im Laufe der Zeit altern und "zerbröseln" - was Auswirkungen auf die Stabilität der Hüllrohre habe. Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen gibt es bisher nicht.

Foto | Andreas Conradt: 113 Transportbehälter mit hochradioaktivem Müll wurden bisher nach Gorleben gebracht. Sie werden wohl dort noch über 100 Jahre stehen.







2021-10-22 ; von Angelika Blank (autor),
in 29475 Gorleben, Deutschland

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