Am Dienstag und Mittwoch findet vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die mündliche Verhandlung zu drei Verfassungsbeschwerden von mehreren Atomkraftwerks-Betreibern gegen den Atomausstieg statt. Die Energiekonzerne sehen durch das Gesetz ihre grundgesetzlich verankerte Eigentumsgarantie außer Kraft gesetzt.
Mit der Änderung des Atomgesetzes beschloss der Gesetzgeber bekanntlich
eine Beschleunigung des Ausstiegs aus der friedlichen Nutzung der
Kernenergie. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes entschieden sich drei der vier großen in Deutschland tätigen
Energieversorgungsunternehmen sowie eine
Kernkraftwerksbetriebsgesellschaft für eine Verfassungsbeschwerde.
Bereits um die Jahrtausendwende hatte die Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehme eine Vereinbarung geschlossen, durch die eine Befristung der Nutzung der vorhandenen Kernkraftwerke festgelegt wurde. Den einzelnen Kernkraftwerken wurden Reststrommengen zugeteilt, bis zu deren Verbrauch sie betrieben werden durften.
Im Jahre 2009 verfolgte die neu gewählte Bundesregierung jedoch ein verändertes Energiekonzept. Zusätzliche Reststrommengen wurden gewährt, was zu einer Verlängerung der Laufzeiten der deutschen KernAtomkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre führte.
Infolge des Tsunamis vom 11. März 2011 und des dadurch ausgelösten Schmelzens von Reaktorkernen des Kernkraftwerks Fukushima in Japan erfolgte in Deutschland eine neuerliche Umorientierung. Zunächst kam es bereits Mitte März 2011 zu einer behördlich verfügten vorläufigen dreimonatigen Einstellung des Leistungsbetriebs von sieben Kernkraftwerken. Dieses sogenannte „Atommoratorium“ ist jedoch nicht Gegenstand vorliegender Verfassungsbeschwerden.
Diese 13.Novelle des Atomgesetzes ist nun Gegenstand der Verfassungsbeschwerden. Mit dem Gesetz hatte der Bundestag feste Abschaltdaten für die Atomkraftwerke
gesetzlich verankert, innerhalb derer sie die ihnen 2002
zugewiesenen Reststrommengen verbrauchen mussten. "Zugleich hat er die im
Herbst 2010 durch die 11. AtG-Novelle erfolgte Zuteilung der
zusätzlichen Strommengen rückgängig gemacht, so das Bundesverfassungsgericht in einer Mitteilung zum Verfahrensauftakt.
Die Energiekonzerne sehen in der Streichung der
durch die 11. AtG-Novelle gewährten Strommengen und der Festlegung
fester Abschalttermine durch die 13. AtG-Novelle eine Enteignung, die gegen mehrere Vorschriften es Grundgesetzes verstösst. Mangels gesetzlich vorgesehener Entschädigungsregelung
sei die 13. AtG-Novelle verfassungswidrig.
Selbst wenn in den
Regelungen der 13. AtG-Novelle keine Enteignung, sondern eine Inhalts-
und Schrankenbestimmung zu sehen sei, genügten diese nicht den formellen
verfassungsrechtlichen Anforderungen an Gesetzesbegründung und
Tatsachenermittlung, beschreibt das BVerfG den Beschwerdeinhalt. Außerdem sei das Gesetz nicht verhältnismäßig und führe wegen der Festlegung fester Abschalttermine zu einer erheblichen
Ungleichbehandlung. Außerdem führe der Atomausstieg zu einem "nicht
gerechtfertigten Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit der
Betreiber von Kernkraftwerken".
Nach Medienberichten gehen die Energiekonzerne von einem finanziellen Schaden von 15 Milliarden Euro aus, den sie vom Staat ausgeglichen sehen wollen.
Die Verfassungsbeschwerde ist nur eine von über 20 Klagen, die die Energiekonzerne derzeit zu verschiedenen Themen angestrengt haben - unter anderem gegen
Gebührenbescheide für Schacht Konrad oder die Stilllegung mehrerer Atomkraftwerke in Hessen, Bayern und Niedersachsen. Im sogenannten "Freshfields-Gutachten" kündigen sie für den Fall, dass die Bundesregierung auf einer Überführung von rund 38 Milliarden als Rückstellung für AKW-Abbau und Entsorgung in einen öffentlichen Fonds besteht. In dem Gutachten wird auch die Verfassungsmäßigkeit des Standortauswahlgesetzes angezweifelt.